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Die Lichtfaenger

Die Lichtfaenger

Titel: Die Lichtfaenger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elmar Bereuter
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schützte. Es gab nicht mehr allzu viele Leute, die auf diesen Schutz verzichteten.
    Beinahe ungläubig starrte Ellentz den Professor an, der mit verneinendem Kopfschütteln vor ihm stand. »Also gut«, meinte er etwas gequält, »ich hole die Buben. Aber vorher legt Ihr ein Agnus Dei um!« Seine Stimme duldete keinen Widerspruch.
    Kurz nachdem Pater Lukas den Raum verlassen hatte, brachte ein Novize ein Amulett und wenig später kam der Pater in Begleitung eines Ordensbruders und zweier Jungen zurück.
    Die beiden Buben waren sauber gekleidet und schienen ausreichend verköstigt zu sein. Sie machten keinen verschüchterten Eindruck, im Gegenteil. Loos beschlich augenblicklich das Gefühl, dass sie es durchaus genossen, im Mittelpunkt zu stehen, und sich der Aura des Schreckens, die sie umgab, sehr wohl bewusst waren. Für einen Moment fühlten sie sich unbeobachtet und er sah aus dem
    Augenwinkel, wie sie sich zuzwinkerten. Als er aber eine Frage an sie richtete, blieben sie stumm und wichen seinem Blick aus.
    »Also, erzähl mal, wie das war. Du brauchst keine Angst zu haben!«, ermunterte Ellentz den Älteren, der an die zehn Jahre alt sein mochte.
    Der Bub druckste anfangs verlegen herum, fing sich aber, als ihm die Patres aufmunternd zunickten. »Also, das war so… ich war… also ich war bei einem Hexensabbat auf dem Franzens Knüppchen als Pfeifer gedungen und der Teufel selbst hat mir dafür Geld gegeben. Aber als alles vorbei war, hat es sich in Dreck aufgelöst. Es waren viele vornehm gekleidete Leute gekommen. Die Kutschen waren wie aus purem Gold und funkelten und glänzten fast heller als das Feuer. Gezogen wurden sie von feurigen Rappen…«
    »Ein- oder zweispännig?«, wollte Loos wissen.
    »Zweispännig natürlich!«, erwiderte der Junge ohne Zögern.
    »Und eine Kutsche war sogar vierspännig!«, setzte er dann nach.
    »Das hattest du bis jetzt gar nicht erwähnt!«, sagte der begleitende Pater.
    »Es ist mir auch gerade erst wieder eingefallen!«, maulte der Bub. »Es war ja so viel, das konnte ich nicht alles auf einmal erzählen, es fällt mir halt nach und nach wieder ein!«
    »Es muss schauerlich gewesen sein. Die armen Kinder! Es kommen immer neue Sachen ans Licht, obwohl er die Geschichte sicher schon ein Dutzend Mal erzählt hat!«, warf Ellentz dazwischen.
    »Und weiter?«
    »Es waren sicher Trierer Bürger, und zwar reiche. Arme habe ich dort keine gesehen. Einer war sogar aus dem Gefolge des Kurfürsten. Ich habe mit eigenen Ohren gehört, wie er gesagt hat, dass er dem Fürsten Gift ins Essen oder Trinken mischen will. Aber wer genau es war, weiß ich nicht, ich bin ja nicht aus Trier und kenne die Leute nicht. Und es war dunkel und alle hatten Masken vor dem Gesicht!«
    Der zweite Junge berichtete, an einem Sabbat auf der Hetzerather Heide teilgenommen zu haben, zu dem ihn eine Frau mitgenommen hätte. Der Teufel habe auf der
    Versammlung gesagt, er habe eine Mordswut auf die Jesuiten, weil sie ihm mit dem Agnus Dei und ihren Predigten viele Seelen abspenstig machen würden.
    Was die beiden da erzählten, klang glaubwürdig. Sie machten einen ernsten Eindruck und schienen immer noch unter dem Einfluss des Erlebten zu stehen. Loos fiel auf, dass sie weder ihm noch den beiden Patres in die Augen sehen konnten.
    Trotzdem wäre er nach der Eindringlichkeit ihrer
    Schilderungen versucht gewesen, ihnen Glauben zu schenken, hätte er nicht zufällig ihre verräterischen Blicke bemerkt.
    »Seine Beobachtungen«, Ellentz deutete auf den Älteren,
    »haben geholfen, bereits einige Frauen festzunehmen!«
    Loos hätte den beiden Buben gern noch einige Fragen gestellt, befürchtete aber, sie damit zu weiteren Phantastereien anzustiften, die womöglich neue Verdächtigungen nach sich gezogen hätten.

    Loos hatte es nicht eilig, nach Hause zu kommen, und machte einen kleinen Umweg. Was mochte die Knaben dazu getrieben haben, von sich aus solch schwer wiegende Anschuldigungen zu erheben?, fragte er sich immer und immer wieder.
    Dünne, hohlwangige Kinder sahen ihn teilnahmslos aus den Hauseingängen an. Sie lärmten nicht, sie spielten nicht, sie lachten nicht, saßen einfach nur da, als ob sie auf etwas warteten, aber nicht wüssten, worauf. Lediglich ein etwa sieben- oder achtjähriges Mädchen redete leise auf einen schreienden Säugling ein, den sie beinahe verzweifelt in ihren kleinen Armen schaukelte.
    »Wieso bist du bei diesem Wetter mit dem Kind auf der Straße und nicht im Haus?«
    Das

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