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Die Lichtfaenger

Die Lichtfaenger

Titel: Die Lichtfaenger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elmar Bereuter
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wissen.
    »Nur das Manuskript für den Drucker in Köln!«
    »Das wurde bereits zusammen mit allen Druckbogen
    vernichtet!«
    Loos spürte, wie es ihm einen Stich ins Herz gab. Was sie mit dem Original anfangen würden, war klar.
    »Gut! Ihr gebt es wenigstens ohne Umschweife zu!«, meinte Binsfeld, dem der Unmut anzusehen war. Lieber wäre ihm ein Leugnen gewesen, je vehementer, desto besser. Darauf hatte er sich vorbereitet und Loos mit Fragen bombardieren wollen.
    Wieso dieser das Manuskript nicht hier in Trier zum Druck hatte geben wollen, sondern es wie ein Dieb in der Nacht nach Köln hatte schmuggeln lassen und sich selbst dort nicht getraut hatte, seinen wahren Namen preiszugeben. Das hätte im Protokoll einen nachhaltigen Eindruck gemacht und verdeutlicht, was für ein hinterhältiger, durchtriebener und verschlagener Geselle dieser Professor Loos war.
    »Wir haben ein Schriftstück vorbereitet, das Ihr heute noch unterzeichnen werdet. Es beinhaltet sechzehn Punkte, die Ihr widerruft, oder aber…«, Collmann machte eine
    bedeutungsschwangere Pause, »Ihr werdet vor ein Gericht gestellt. Ihr bezeichnet die Obrigkeit und die Richter als Tyrannen, die unschuldiges Blut vergießen, um daraus Gold und Silber zu machen. Allein das ist schon eine
    Ungeheuerlichkeit und Ihr wisst, was darauf steht. Wir geben Euch eine Stunde Zeit, um die einzelnen Punkte
    durchzulesen.«
    Er drückte Loos ein paar Blätter in die Hand und der Abt ließ nach den vor der Tür wartenden beiden Mönchen rufen, die den Gefangenen in seine Zelle zurückgeleiteten.
    »Sieht nicht gut aus für Euch!«, meinte der Kleinere.
    »Ihr habt gelauscht?«
    »Sicher!«, antwortete der andere ein wenig verlegen.
    Loos atmete tief durch, als sich die Zellentür hinter ihm schloss. Bedächtig breitete er das Papier auf seinem Tisch aus und begann zu lesen.
    »Erstens«, stand da, »widerrufe, verdamme, verwerfe und missbillige ich, dass es bloß Einbildung, lügenhafter Aberglaube und reines Hirngespinst sei, was man von den Flügen der Hexen schreibt«, seine Augen flogen weiter, »und darum nach dem Verbrechen der Beleidigung der Obrigkeit schmeckt.«
    Dann folgten die soeben im Zimmer des Abtes vorgetragenen Punkte, dazu noch, dass er den Trierer Kurfürst unterschwellig der Tyrannei bezichtigt habe, da dieser die Prozessordnung und die Gerichtskosten bestimmt habe. Im Weiteren sollte er zurücknehmen, dass es keine Zauberer gebe, die Gott absagten und sich mit dem Teufel verbündeten, um Unwetter und ähnliche Taten zu verüben. Ebenso forderten sie die Zurücknahme der Behauptungen, der Teufel könne keine menschliche Gestalt annehmen, es gebe keinen
    Geschlechtsverkehr zwischen Satan und Menschen, das Wort aus dem Alten Testament »Zauberer sollst du nicht leben lassen« gelte nur für diejenigen, die mit natürlichem Gift auf natürliche Weise töteten, und dass der Teufel dem heiligen Hilarion nicht in Knabengestalt erschienen sei.
    Es war genau so, wie er es geahnt hatte. Im Wesentlichen ging es um die Widerrufung seiner Thesen, die sich gegen den
    »Hexenhammer« und Binsfelds »Bekenntnisse der Zauberer und Hexen« richteten. Kein Wort zu seinen Ausführungen über die wahre und die fiktive Magie, keine Stellungnahme zu seinen Ansichten über Astrologie, Bilderverehrung, abergläubische Medizin und Prophezeiungen, nichts zur Magia naturalis als perfekte, höchste Macht der Wissenschaft. Wo war ihre großmäulige Ankündigung, ihn Wort für Wort zu widerlegen? Diese elenden Feiglinge! Mit Hohn und Spott hätte er sie überschüttet, sie Satz für Satz auseinander genommen –, aber ihr einziges Argument war nackte Gewalt.
    »Herr, was soll ich tun?« Cornelius Loos ließ sich auf die Knie nieder und bestürmte den Gekreuzigten an der Wand.
    »Herr, ich weiß, Du würdest Dir die Ohren zuhalten, wenn sie Dir Deine Hände nicht festgenagelt hätten. Diese Schreie, dieses Wimmern, dieses ohnmächtige Entsetzen, wie sie Deine Ebenbilder zerschlagen und zerfleischen. Du bist den Gang gegangen, Herr, bis zum bitteren Ende, Du bist gestorben für eine Welt der Liebe und des Verzeihens. Sie aber verkehren Deine Lehre in das Gegenteil. Eigentlich behaupten sie sogar, Satan hätte mehr Macht als Du, und überbieten sich darin, ihren gelehrt verbrämten Irrsinn in immer noch irreren und eitleren Büchern zu beweisen und sich gegenseitig zu übertrumpfen. Ich habe versucht, ihnen eine Antwort zu geben, ihnen einen Spiegel vorzuhalten, aber sie wollen

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