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Die Lichtfaenger

Die Lichtfaenger

Titel: Die Lichtfaenger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elmar Bereuter
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ihn nicht sehen. Den Spiegel haben sie bereits zertrümmert, nun bin ich an der Reihe. Sie werden mich vernichten, falls ich nicht widerrufe. Still und möglichst ohne großes Getöse werden sie mir einen Prozess machen, dessen Urteil jetzt schon feststeht.
    Herr, ich bin nicht so stark wie Du!«
    Den letzten Satz schrie er fast und im gleichen Augenblick spürte er, wie es in ihm heller wurde und eine beinahe leichte Heiterkeit in ihm aufstieg. Nein, er hatte gekämpft, hatte nicht wortlos dagestanden und verängstigt seinen Mund gehalten.
    Sicher, er hatte den Kampf vorläufig verloren. Vorläufig, ja!
    Sein Entschluss stand fest, denn was nützte den Geschundenen sein Tod? Wer würde sich groß um ihn aufregen? Seit einem Jahr hielten sie ihn hier fest, wer dachte überhaupt noch an ihn? Cornelius Loos? Ach ja, da war einmal ein Professor der Theologie, der so hieß, ein großer hagerer. Wo ist der jetzt?
    Schulterzucken. Hingerichtet haben sie ihn, glaube ich, weil er sein Maul zu voll genommen und sich gegen die Obrigkeit aufgelehnt hat.
    Wieder drehte sich quietschend der Schlüssel. Loos erhob sich entschlossen und warf nochmals einen Blick hinüber zum Gekreuzigten, während er die Papiere an sich nahm.
    Binsfeld gelang es nicht, seine Aufregung zu verbergen.
    Seine Hände verrieten ihn, wie er dastand und seine Finger fahrig aneinander rieb. Niemand sprach ein Wort, bis Bodeghemius die Stille schließlich mit einem Hüsteln unterbrach.
    »Na, Loos, seid Ihr zu einem Entschluss gekommen?«
    Ihre Blicke kreuzten sich, blieben aber nicht aneinander hängen. Cornelius Loos schwieg und sah ruhig einen nach dem anderen an. Dr. Helffenstein sowie die beiden Zeugen und Schreiber Dolert und Major sahen zu Boden, Collmann und der Notar versuchten auszuweichen, nur Binsfelds und Biewers Augen blieben starr auf ihn gerichtet.
    »Euer Leben – es liegt nun in Eurer Hand!«, sagte Binsfeld fürsorglich, aber es klang, als ob er Angst hätte, Loos’ Antwort könnte nicht wie erwartet ausfallen.
    »Ich weiß«, kam es zurück, »da hilft mir selbst mein Priesteramt nichts. Bis jetzt neun Priester auf dem Scheiterhaufen oder kurz davor, da kommt es auf einen mehr oder weniger nicht mehr an. Auch den Flade…«
    »Schweigt!«, bellte nun Binsfeld. »Ihr habt hier keine langen Erklärungen abzugeben. Widerruft Ihr oder widerruft Ihr nicht?«
    Loos sah ihn lange an. Dann nickte er kaum merklich. »Ich widerrufe!«
    Binsfeld war die Erleichterung anzusehen. Er nickte den beiden Schreibern zu.
    »Wir bringen es jetzt in die endgültige Form«, sagte er knapp und begann zu diktieren: »Ich, Cornelius Loos Callidus, geboren in Gouda, Holland, zurzeit auf Befehl des Apostolischen Nuntius Octavius Frangipani… inhaftiert und festgehalten in der Kaiserlichen Abtei Sankt Maximin bei Trier wegen der Schrift ›De vera et falsa magia‹…«
    »Ficta, eingebildet«, warf Loos ein, aber Binsfeld schenkte ihm keine Beachtung und fuhr fort.
    »… die ich ohne Wissen und Erlaubnis der hiesigen Obrigkeit vermessen und dünkelhaft nach Köln geschickt habe, damit sie dort gedruckt werde. Nachdem eine Untersuchung eingeleitet worden war, weil in diesem Buch, in einigen meiner Briefe an den Klerus und den Stadtrat und in anderen geheimen Schreiben, die die Gerichtsverfahren gegen Zauberer und Hexen verhindern sollten, viele Sätze und Abschnitte enthalten sind, die nicht allein irrig und anstößig, sondern auch häresieverdächtig sind und einem Verbrechen gegen die Obrigkeit nahe kommen, insofern sie aufrührerisch und unbesonnen sind und im Gegensatz zu den Theologiegelehrten, den Entscheidungen zu den Bullen der Päpste…«
    »Es gab nur eine Bulle, Summis desiderantis…«
    Binsfeld ließ sich nicht beirren. »… wie auch der Erzdiözese Trier und anderer Kirchenprovinzen und Fürstentümer stehen, widerrufe, verdamme und verwerfe ich die genannten Sätze und Abschnitte in der Reihenfolge, wie sie unten angegeben sind; auch will ich, dass sie so aufgenommen werden, als ob ich sie nie gesagt hätte noch von mir bejaht worden seien.« Er warf einen kurzen Blick hinüber zu den Schreibern und wartete, bis sie nachgekommen waren. »Die einzelnen Punkte nummerieren«, wies er sie dann an. »Erstens widerrufe, verdamme, verwerfe und missbillige ich, dass es bloß Einbildung, lügenhafter Aberglaube und reines Hirngespinst sei, was man von den Flügen der Hexen schreibt…«
    Hie und da traten die Ankläger kurz zusammen und
    tuschelten

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