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Die Lichtfaenger

Die Lichtfaenger

Titel: Die Lichtfaenger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elmar Bereuter
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schlägt, und hat ihm damit unwillentlich ein Denkmal gesetzt!«
    Der Minorit schilderte nun in knappen Sätzen, was er dank Del Rios Ausführungen über Cornelius Loos wusste.
    »Nachdem Loos aus Trier vertrieben worden war, bekam er anscheinend eine Kaplansstelle in Belgien, wo er trotz seines Widerrufs keine Ruhe gab. Del Rio regt sich jedenfalls ziemlich darüber auf, dass er das Gift des Weyer besonders in Brüssel verbreitet habe. Loos wurde eingekerkert, starb aber, bevor Anklage erhoben wurde.«
    »Wann war das denn?«
    »1595. Drei Jahre später wurde Binsfeld von der Pest hinweggerafft und Del Rio segnete 1608, also vor neunzehn Jahren, das Zeitliche.«
    Es klopfte zaghaft an der Tür, dann ging sie einen Spalt auf.
    Der Haushälterin war es sichtlich unangenehm, das Gespräch zu unterbrechen. »Die Herren möchten bitte die Störung entschuldigen, aber es ist wichtig! Ein Bote vom Gericht steht draußen!«
    »Er soll hereinkommen!«
    Auch der Büttel schien ziemlich verlegen zu sein, wie er vor den beiden Geistlichen stand und seine wollene
    Kopfbedeckung in den Händen drehte.
    »Der Bernhard Rham lässt nach Euch schicken. Der
    Kommissar glaubt, er möchte ein Geständnis ablegen und seine Untaten beichten!«
    Pater Fredericus warf Stappert einen fragenden Blick zu.
    »Der Rham ist ein hiesiger Bürger, ein frommer Mann, wenn du es hören willst. Er ist ins Gerede gekommen und schon ein paarmal verhört worden, aber er beteuert immer noch seine Unschuld. Würdest du mich begleiten?«
    Fredericus nickte und erhob sich.
    Schon auf dem Gang des Rathauses war trotz der schweren eichenen Tür zum Vernehmungsraum ein gedämpftes
    Wimmern zu hören, dazwischen die schneidend hohe Stimme von Kommissar Höxer.
    Noch während der Büttel die Tür aufstieß, ging das Wimmern in ein heiseres Krächzen über. Dann aber wurde die Stimme fester und fester.
    Stapperts Gehirn weigerte sich aufzunehmen, was seine Augen sahen. Auf dem Boden lag ein Körper, halb nackt, blutig verstriemt, das Fleisch aufgerissen, mit blau, grün und violett schimmernden Blutergüssen übersät, die linke Hand auf der Brust, die rechte sonderlich abgestreckt. Es war der Rham oder vielmehr das, was von ihm übrig war. Die verquollenen Augen im zerschlagenen Gesicht starrten entrückt zur Decke, nur seine Lippen bewegten sich noch.
    Und der Rham sang. Er sang! Tatsächlich, er sang! Inmitten des Grauens stieg seine Stimme empor, hell und klar, hinauf zu seinen Peinigern und höher, hindurch durch alle Mauern und vorbei an all den kalten Herzen um ihn.

    » Auf Dich hab ich gehofft, o Herr
    Hilf, dass ich nicht zuschanden werd
    Noch ewiglich verspottet
    Des bitt ich Dich:
    Erhalte mich in Deiner Treu.
    Dein gnädig Ohr neig her zu mir
    erhör mein Bitt
    tu’ Dich herfür
    Eil’ bald um mich zu retten:
    In Angst und Weh lieg ich und steh
    Hilf mir in meinen Nöten:
    Mein Gott und Schirmer steh mir bei
    sei meine Burg
    darin ich frei
    Und ritterlich mög’ streiten
    wider mein’ Feind
    der gar viel sind
    an mir auf beiden Seiten. «

    Es war der Psalm 31 des David. Welch felsenfester, unerschütterlicher Glaube und welche Verzweiflung mussten in diesem Mann stecken! Für einen winzigen Augenblick schwankte die Stimme, fasste sich aber gleich wieder.

    »Du bist mein’ Stärke und mein Fels,
    mein Hort, mein Schild und meine Kraft
    Sag mir Dein Wort
    Mein’ Hilfe, Heil, mein heben
    Mein starker Gott in aller Not:
    Wer mag Dir widerstreben?
    Mich hat die Welt betrügerisch gericht’
    mit Lüg’ und falsch Gedicht
    Viel Netzen und heimlich Stricken:
    Herr, nimm mich an in der Gefahr

behüte mich vor Tücken!
    Herr, meinen Geist befehl ich Dir
    mein Gott, mein Gott, weich nicht von mir
    Nimm mich in Deine Hände
    O wahrer Gott, aus aller Not
    Hilf mir am letzten Ende!«

    Mit einem Aufstöhnen versuchte Rham, seine rechte Hand zu sich heranzuziehen und anzuheben. Nur Stappert begriff, was er wollte. Langsam kniete er neben ihm nieder, nahm den offensichtlich gebrochenen Arm behutsam hoch und legte ihn sanft auf Rhams Brust. Ein kaum merkbares Lächeln zuckte um den Mund des Geschundenen, brachte sein Gesicht zum Leuchten, während er sich mühte, seine Hände zu falten.

    »Glorie, Lob, Ehr’ und Herrlichkeit
    Sei Vater Gott und Sohn bereit
    Dem Heiligen Geist mit Namen
    Die göttlich Kraft uns sieghaft mach
    Durch Jesus Christus!«

    Sein Gesang war zu einem kaum mehr hörbaren Flüstern abgesunken, der Blick aber wurde plötzlich klar und

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