Die Lichtfaenger
die Schlacht siegreich bestanden hatten. Meist aber sah er sich unter halbnackten Heiden, die vor ihm am Boden saßen.
Noch nie hatten diese armen Menschen etwas vom Erlöser, von dessen unendlicher Liebe zu ihnen gehört und ergriffen lauschten sie ihm, wenn er aus dem Leben Christi erzählte. So stellte sich der kleine Friedrich das Leben als Missionar vor, er lebte mit und unter den einfachen Leuten, arbeitete wie sie und aß dasselbe wie sie.
Für Friedrich Spee stand es unverrückbar fest, dass er eines Tages Mitglied des tapferen und elitären Ordens der Jesuiten werden würde. Sein Vater versuchte alles, um ihn
umzustimmen – vergeblich. 1609, im Alter von achtzehn Jahren, trat Friedrich in das Noviziat bei den Trierer Jesuiten ein, legte drei Jahre später seine ersten Gelübde in Fulda ab und schloss nach weiteren drei Jahren sein Studium als Magister artium in Würzburg ab. Im Anschluss daran wurde er als Lehrer nach Speyer und Worms geschickt. Spee war siebenundzwanzig, als er einen ersten Anlauf unternahm, seinen Traum zu verwirklichen, dessentwegen er in den Orden eingetreten war.
»Schon lange, Hochwürdiger Vater«, so schrieb er an den Ordensgeneral Mutius Vittelesci nach Rom, »währt es, dass eine verzehrende Leidenschaft in mir brennt wie glühende Kohlen. Bis zum heutigen Tag habe ich sie zu unterdrücken und aus mancherlei Gründen zu verheimlichen versucht. Doch während ich Narr das Feuer unter der Asche begraben will, glüht es immer heftiger und heißer und will in offenen Flammen emporlodern. Indien, mein Vater, und jene fernen Länder haben mein Herz verwundet! So bitte, ja flehe ich kniefällig um der Liebe Christi willen, dass mir erlaubt werde, dorthin zu reisen, wo mein Herz schon ist – das aber nur, sofern es Gott so will, denn ich liebe ihn so innig und heiß, dass ich mir keine noch so erniedrigende Arbeit, nichts so Ekelerregendes und keine Schmerzen denken kann, die ich nicht auf mich zu nehmen bereit bin.«
Die Antwort traf ihn wie ein Hammerschlag. Es gebe genügend geeignete Missionare aus anderen Ländern, die nicht so weit entfernt von Indien seien, der Orden brauche alle Kräfte in Deutschland und er, Spee, solle seinen Fleiß dazu verwenden, diesen Acker zu bestellen.
Seit der Glaubensspaltung hatten sich die beiden
Konfessionen in immer heftigere Streitereien verwickelt und der Ton war zunehmend unversöhnlicher geworden. 1608
hatten die protestantischen Stände den Reichstag verlassen und die »Union« gegründet, der die katholischen Reichsstände noch im selben Jahr die »Liga« entgegengesetzt hatten. Kurz zuvor hatte ein Komet mit einem riesigen Flammenschweif drohendes Unheil angekündigt. Vier Wochen nach der Ablehnung von Spees Ansuchen durch den Ordensgeneral stürzten am 18. Mai 1618 wütende protestantische Adlige zwei kaiserliche Beamte aus dem Fenster der Prager Burg und warfen den Schreiber gleich hinterher. Alle drei überlebten dank eines Misthaufens. Defenestrieren, so hieß das, war die verschärfte Form des Fehdehandschuhs und kam einer Kriegserklärung gleich. Im November desselben Jahres zog wieder ein Stern mit einem peitschenförmigen Schwanz über den schwarzen Nachthimmel, aber da hatte der Krieg bereits begonnen. 1620 wurden die aufständischen Böhmen von den kaiserlichen Truppen unter Graf Tilly in der Schlacht am Weißen Berg geschlagen, der »Winterkönig« Friedrich V. floh in die Niederlande. Weitere Niederlagen führten zur Auflösung der protestantischen Union. Die Rädelsführer des Aufstands wurden hingerichtet. Vom Machtzuwachs Habsburgs
herausgefordert, marschierten dänische, schwedische, französische und englische Truppen unter Führung des Königs von Dänemark in Deutschland ein. Diesem Aufgebot stellte auf habsburgischer Seite der aus einer protestantischen Adelsfamilie stammende Emporkömmling Albrecht Wenzel Eusebius von Wallenstein ein Söldnerheer entgegen.
Cuius regio – eius religio, hieß es nun, wessen Gebiet –
dessen Religion. Die Untertanen hatten damit nur zwei Möglichkeiten: entweder mit jedem Herrscherwechsel das Glaubensbekenntnis des jeweils neuen Landesfürsten anzunehmen oder das Land unter Zurücklassung allen Hab und Gutes zu verlassen. Nicht wenige der nun Mittellosen verdingten sich in einem der bunt zusammengewürfelten Haufen aus Piemontesen, Sachsen, Bretonen, Schotten, Schwaben, Katalanen, Tirolern, Florentinern, Wallonen, Franken, Lappländern, Navarresen oder Rheinländern.
1628 befahl
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