Die Liebe am Nachmittag
lachend, halb klagend:
»Sagen Sie,lieben Sie nicht vielleicht eine andere? Viel mehr als mich?«
Nein,nein,du kleines Kätzchen,keine andere mehr als dich.
32. Nacht
Damit, dass ich keine andere mehr liebe als sie, habe ich Iboly nicht die Unwahrheit gesagt.
Es stimmt auch, dass ich müde bin.
Bin so müde, dass es mich anstrengt zu lächeln, wenn ich grüßen muss.
Ich musste es Iboly sagen; sie soll mich nicht für einen Trottel halten.
Übrigens, Gott behüte, dass ich vor Frauen lamentiere, ich sei müde und alt dazu! Am Ende glauben sie es noch.
So etwas leistet man sich nur bis vierzig. Danach hält man sich gerade, wirft sich in die Brust und spannt die Brauen an, hier bin ich und strahle!
Iboly, sie strahlt wirklich. Ihr Gesicht spiegelt die Freude wie ein Fenster die Frühlingssonne.
Tagsüber lässt sie sich im Széchenyi-Bad bescheinen, das Freibad hat bereits geöffnet. Eine ganz andere Röte prangt auf Ibolys Wangen als bei manchen mir bekannten Herren, die sich unter die Quarzlampe legen, um sich auch im Winter mit Toastbrotbräune und Bratapfelgesicht ins Cáfe Gerbeaud zu setzen und glauben zu machen, sie seien zur Jagd gewesen, weil sie mit fünfzig oder sechzig noch eine so jugendfrische Farbe ziert.
Ibolys Gesichtchen spendet eine so wundervolle Wärme, wenn ich meine Faust an ihre Wange lege.
Ihre Röte ist eben Frühling, ist Jugend.
Und auch die Freude lässt sie erröten; es ist, als wäre sie, seit man ihr die Zsuzsi in der
Kirchenmaus
anvertraut hat, immer ein wenig fiebrig.
Der feierliche Glanz auf ihren Wangen könnte aber auch daher rühren, dass sie ihr Herz einem Menschen hingegeben hat, einem Menschen, den die Arme gar nicht kennt.
Auch macht Iboly hübscher, dass sie sich seit letztem Winter besser kleidet. Ich senke in ihrer Gesellschaft den Kopf nicht mehr, wenn ich merke, dass mich irgendjemand erkannt hat.
Aber ich glaube, sie wirkt auch schöner, weil sie erwachsener geworden ist; sie geht ja jetzt schon auf die Zwanzig zu; die Bildhauerhand der Zeit berührt allmählich den Augenbogen, Nase und Lippen, verleiht dem Mädchengesicht weiblichere Züge.
Auch wenn ich mit Iboly gar nicht bekannt wäre, würde ich mich wahrscheinlich auf der Straße nach ihr umsehen.
Ich weiß nicht, warum ich mich nicht beeile, diese Blume zu pflücken.
Sicher würde ich es trotz meiner Abgeschlagenheit nicht so lange hinauszögern, wenn ich ihr nachgelaufen wäre, sie wie einen Schmetterling erhascht hätte und befürchten müsste, dass sie meinen Händen entgleitet.
Ich weiß, dass sie mir gehören wird, das macht mich so gelassen.
Bei manchen unserer Sitzungen wird mir plötzlich warm ums Herz, und ich empfinde diesem begeisterten kleinen Geschöpf gegenüber eine süße Rührung; ich sage ihr nichts davon, kneife sie mit einem kurzen zärtlichen Lachen in die Wange oder klopfe ihr zärtlich auf den Rücken, so wie man den Hals eines Pferdes tätschelt; das soll heißen: Ich habe mich an dich gewöhnt und hoffe, ich werde dich lieb gewinnen.
Doch im nächsten Moment blicke ich hoch und sehe ein Mädchen, dessen Lachen ich vernommen habe und das mit einem Jungen vorbeischlendert; Donnerwetter, ein hübsches Persönchen! Sie kommt mir liebreizender, anmutiger vor als Iboly. Ich beneide den jungen Mann, möchte auf der Stelle mit ihm tauschen. Und das passiert mir öfter an solchen Nachmittagen, ich vergucke mich in irgendeine wilde, kleine Schönheit, die gerade mit ihrem Galan eine Bank anvisiertoder zum Tee oder zum Tanzen geht. An diesem milden Nachmittag gibt es auf der Terrasse schon Musik. Was für verführerische, schöne Mädchen man hier sieht! Waren die Mädchen in meiner Jugend auch so zauberhaft? Oder hat das Leid diese reizenden Kinder wie auch so manche Gedichte hervorgebracht? Liegt es vielleicht am Alter, dass mir hübsche Mädchen jetzt hundertmal schöner vorkommen als einst? Ich wollte sagen, dass ich für Sekunden in einen unverschämten Traum versinke; vielleicht ist es nur ein Zufall, dass nicht dieses oder jenes bildschöne Mädchen hier an Ibolys Stelle sitzt. Aber dann deprimiert es mich: Nein, das sind ja alles Mädchen aus gutem Hause und die Jungen ihre Verehrer, die sie heiraten werden; diese Mädchen würden auf Männer wie mich keinen Wert mehr legen. So untreu sitze ich also hier neben meinem goldigen kleinen Clown auf der Bank.
Dann überkommt mich bei diesem immer milder werdenden Wetter ein so ominöses Unbehagen, als würde ich eine
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