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Die Liebe am Nachmittag

Die Liebe am Nachmittag

Titel: Die Liebe am Nachmittag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erno Szep
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mein Herr, kann gar nichts mehr dabei empfinden. Doch lassen wir das. Sagen Sie doch, womit kann ich Ihnen zu Diensten sein.«
    Also ich bin gekommen,um mich über eine Ihrer Elevinnen zu informieren.
    Ich sagte ihm, um welches Mädchen es sich handelte.
    »Ach ja, ja.« Der Herr Professor sah mich freundlich an und nickte zustimmend, als wüsste er ohnehin schon, um was es ging.
    Ich kenne dieses Mädchen nämlich, lieber Herr Professor.
    »Ist mir bekannt.«
    Es ist also bekannt, na schön!
    Ich habe es Tatai dann gesagt, was zwischen dem jungen Mädchen und mir ist, bis zum heutigen Tag nämlich gar nichts weiter als eine reine Freundschaft. Das können Sie mir glauben, Herr Professor. Mein Verhältnis zu ihr ist wie das des Chinesen zu seinem Fächer. Dieses liebe, brave Kindchen ist wirklich etwas Beglückendes.
    »Ja, die Ibi. Diese Kleine, werter Herr, ist mir unter den Elevinnen die liebste. Es ist ziemlich lange her, dass ich eine so fleißige, anständige Schülerin gehabt habe. Ihr eigener Vater kann sie nicht inniger ins Herz geschlossen haben. Und lassen Sie mich auch das noch sagen, mein Herr, ich habe mich aufrichtig gefreut, als mir zugetragen wurde, man sähe Ibi öfter mit Ihnen, ja, ich war sogar ganz stolz, denn auch das lässt doch, bittesehr, auf den Idealismus dieses Backfischs schließen. Vom Umgang mit Ihnen kann sie nur profitieren. Es wird ihr zugute kommen, wenn sie zu einem Menschen wie Ihnen gehört.«
    Was versteht der Herr Professor unter der Zugehörigkeit zu einem Menschen? Ob er mir geglaubt hat, dass mein Kontakt mit Iboly so harmlos ist?
    Wenn ich noch heftiger beteuere, schade ich ihr vielleichtmehr, als wenn ich den Mund halte. Ich sollte es dabei belassen.
    Ich hätte gern gewusst, Herr Professor, was Sie von dem Mädchen halten. Nicht wahr, Sie glauben doch an ihr Talent?
    »Unbedingt.«
    Dennoch, wie sehr glauben Sie an Iboly, unseren kleinen Liebling? Sind Sie, Herr Professor, der Meinung, dass sie das Zeug hat, einmal eine überdurchschnittliche Bühnenkünstlerin zu werden?
    »Mein Herr!« Er drehte die Handflächen nach oben, neigte den Kopf zur Seite und lächelte, als würde er mich bedauern und zugleich anflehen.
    Wem man die Hauptrolle in der Prüfungsaufführung gibt?
    »Mein lieber Herr, ich habe ihr die Hauptrolle gegeben, weil dieses Kind sie am ehesten verdient hat, auch um sie zu unterstützen, um alles für ihr Glück zu tun. Sie ist ein armes Mädchen; arm wie eine Kirchenmaus. Sie hat bei uns einen Freiplatz. Ein einziges ehrliches Bemühen ist dieses Mädchen,vielleicht das anständigste Geschöpf in der ganzen Schule. In drei Jahren lernt man einen Menschen kennen. Diese Kinder von heute, mein lieber Freund! Diese ganze Welt von heute!«
    Er senkte den Blick, der Herr Professor. Der oberste Knopf seines Salonbeinkleids stand offen; die Hose lag ihm eng an, er war etwas rundlich geworden, der Herr Professor.
    Die unteren Augenlider waren schwarz angemalt, auf die Augendeckel hatte er Grau aufgetragen, das war wegen der Beleuchtung erforderlich. Bevor er mir die Augen nicht wieder zuwandte,war der Komödiantenkopf des Herrn Tatai trotz der aufgetragenen Farbe so leichenblass.
    »Begabung, mein Herr, sagen Sie mir doch, wie viele große Begabungen haben wir heute noch auf ungarischen Bühnen; wieviele gottbegnadete Künstler, nicht wahr?«
    Der Professor streckte den Daumen hoch, und mit Hilfeseiner Finger nannte er fünf Namen. Zwei Frauen und drei Männer.
    »An einer Hand kann ich sie aufzählen. Die anderen bitte? Ich, mein Herr, habe mit Ibsen-Rollen angefangen und wurde der Tatai, der ich bin. Auch ich werde gebraucht. Es gibt bzw. gab einen Caruso, und es gibt daneben Sänger im Rundfunk, und sogar im Kaffeehaus singt jemand. So ist es auch mit dem Theater und den Schauspielern, mein Lieber. Jeder lernt, so viel er kann. Schauspielkunst? Einen Beruf, bitte, Brot! Wohl dem, der es verdienen kann.«
    Er schaute auf die Briefe:
    »Ach, mein Herr, dieses Elend!«, und er nahm einen Brief auf, ließ ihn gleich wieder fallen.
    »Ihnen kann ich es verraten, tausend Pengő wurden mir für die Prüfungsrolle angeboten. Aber meine Brieftasche ist die Seele, mein Lieber, dahinein wünsche ich mir ein wenig Glück. Sehen Sie, ich bin Junggeselle geblieben, dies hier ist meine Familie, die ganze Schauspielersippe und die Eleven sind meine Kinder.«
    Der Herr Professor räusperte sich, um seiner Rührung Herr zu werden; er erhob sich,nahm vor seinem Spiegel einen

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