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Die Liebe atmen lassen

Die Liebe atmen lassen

Titel: Die Liebe atmen lassen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm Schmid
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»Aufteilung der drei Befugnisse« eine wechselseitige Kontrolle gesetzgebender, ausführender und Recht sprechender Teilmächte erreichen wollte: Nur geteilte Macht ist kontrollierte Macht, war er überzeugt. In der »kleinen Politik« zwischen zweien ist die Aufteilung schwieriger, aber auch hier stellen sich die Fragen:
    1. Wer bestimmt über die Grundlinien des gemeinsamen Lebens, die Regeln des Verhaltens, den Rahmen der verfügbaren Mittel für die Haushaltsführung (vergleichbar der Legislative )?
    2. Wer übernimmt welche Aufgaben, wer trifft die Entscheidungen im Einzelfall, etwa welche Dinge zu beschaffen sind (vergleichbar der Exekutive )?
    3. Wer urteilt über strittige Sachverhalte, wer legt Sanktionen fest, wenn Grundlinien nicht beachtet, Regeln verletzt und die falschen Dinge beschafft worden sind (vergleichbar der Judikative )?
    4. Wem kommt die Rolle der Kritik in all diesen Belangen zu (vergleichbar der »vierten Gewalt«, der modernen kritischen Öffentlichkeit , an die Montesquieu noch nicht dachte)?
    Die Legislative, die einer gerne an sich reißt, erfordert jedoch die Übereinstimmung beider; die Judikative behält derjeweils Andere sich vor; von Kritik wiederum lässt sich ohnehin keiner abhalten, sodass sie kaum ein Maß findet, das sie davor bewahren könnte, zermürbend zu wirken. Die Aufteilung der Macht muss sich also auf die umfangreiche Exekutive konzentrieren, die keiner allein bewältigen kann und bei der eine ständige Rücksprache nicht möglich ist, da im Alltag viele Fragen ad hoc zu entscheiden sind und nicht jede Antwort bei jeder Gelegenheit neu verhandelt werden kann. Praktischerweise geht die Aufteilung der Macht in der Exekutive mit der Aufteilung der Arbeiten im Alltag einher, die sich von klassischen Mustern (Haushalt und familieninterne Belange als weibliche, Finanzhaushalt und externe Belange als männliche Domäne) lösen können. Moderne und andersmoderne Verhältnisse erlauben Aufteilungen, die anders und feiner auszudifferenzieren sind, bis Ausgewogenheit erreicht ist, nach Auffassung beider und stets bis auf Weiteres, denn endgültige Lösungen stehen nicht zur Verfügung.
    Die immer neue Ausbalancierung der Macht in allen Teilbereichen und im Ganzen ist für das Gelingen der Beziehung von Bedeutung, und sie gelingt in strittigen Fragen am besten mit einer Balance der Abfolge , sodass mal der Eine, mal der Andere »das Sagen hat«. Auf die Abfolge zu achten und dem jeweils Anderen die Gelegenheit zur eigenen Machtausübung nicht etwa zu rauben, sondern sie ihm eher zuzuspielen, macht eine »generalisierte Reziprozität« möglich: Das Vertrauen darauf, dass immer dann, wenn einer in Vorleistung geht und etwa in einer Streitfrage nachgibt, der Andere ihm irgendwann in vergleichbarer Weise entgegenkommen wird. Geschieht das über längere Zeit hinweg dennoch nicht, kann ein Entgegenkommen sanft, dann weniger sanft angemahnt werden, um schließlich eine einseitige Veränderung oder gar Beendigungder Beziehung anzukündigen und womöglich auch zu vollziehen. Die Ausbalancierung fällt am leichtesten bei der Gelegenheitsmacht , der momentanen Einflussnahme, mit der mal der Eine, mal der Andere seine Interessen zur Geltung bringt, während im nächsten Moment schon wieder alles ganz anders sein kann. Stabiler, aber problematischer ist die Gewohnheitsmacht , die sich auf die Macht der Gewohnheit stützt, mit der einer seine Macht dauerhaft mit größter Selbstverständlichkeit exerziert, weil »es sich so ergeben hat« oder durch Auseinandersetzungen hindurch »ein für alle Mal« so befestigt worden ist: Es kann sich dabei um eine Herrschaft handeln, die nicht mehr so ohne Weiteres veränderbar ist, ein Manko für das Spiel der Liebe, wenn die Verfestigung nicht auf einer offenen oder stillen Übereinkunft beruht.
    Zur Idee der atmenden Liebe gehört die Wechselseitigkeit der Machtausübung , die die Macht zwischen den Beteiligten in Fluss hält. Die grundsätzliche Umkehrbarkeit der Macht und die Gleichberechtigung in Machtfragen ist ein Kennzeichen demokratischer Macht auch in einer Beziehung, in der das »Volk« (griechisch demos ) nur aus zweien besteht, die sich selbst regieren ( kratein ). Um der Polarität willen fällt einem dabei häufig die Rolle zu, den Interessen des Anderen Widerstand zu leisten und zu jeder Position die Gegenposition zu vertreten. Gerade nach Zeiten der Entspannung sorgt dies für neuerliche Spannung. Was als das Ärgerlichste empfunden

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