Die Liebe deines Lebens
Maria als Unterlage für die Dinge benutzen konnte, die ihr ganz besonders am Herzen lagen. Hoffentlich würde dort auch wieder ein Foto von Adam seinen Platz finden. Vielleicht würde er sein Kleingeld aus der Hosentasche reinwerfen, wenn er nach der Arbeit zu Maria ins Bett stieg, oder seine Uhr dort deponieren, wenn er unter die Dusche ging, und dann würde er vielleicht manchmal an die Verrückte denken, die ihm geholfen hatte, dieses Blatt in einer eiskalten Nacht herauszufischen, vor langer, langer Zeit, als er mal Probleme hatte.
Dann hatte ich endlich das Blatt geortet, das ich wollte, nur war es leider ziemlich weit von uns entfernt. Aber ich konnte ja ganz schnell hinund wieder zurückschwimmen, das war eine Frage von Sekunden. Zehn, wenn es hochkam. Und schließlich ging es ja tatsächlich um Leben und Tod. Dieser Gedanke brachte mich sofort in Schwung. Da ich keine Ahnung hatte, wie tief der Teich war, suchte ich mir schnell noch einen Zweig und testete damit die Wassertiefe.
»Du willst das also echt durchziehen?«
Der Stock verschwand nicht einmal zur Hälfte, also war das Wasser überhaupt nicht tief, vielleicht einen halben Meter. Ich würde nicht mal schwimmen müssen, und das Blatt war auch nur ein paar Schritte entfernt. Zwar war das Wasser trüb, grün und schaumig, aber ich würde es schon schaffen. Entschlossen krempelte ich meine Hose um, bis gut übers Knie.
»O mein Gott«, lachte Adam. »Schau doch mal, da ist eines direkt am Rand, ich kann es von hier aus erreichen.«
Ich sah mir das Blatt an. Wenn Adam den Arm ausstreckte, konnte er es mühelos abpflücken.
»Glaubst du denn, wenn Maria dieses Blatt zu Gesicht kriegt, würde sie denken, wow, er liebt mich wirklich? Das Blatt ist total eklig, da wächst irgendwas Komisches, und, igitt, es liegt eine Kippe drauf. Nein, wir holen uns das da drüben.« Ich deutete auf das wesentlich weiter entfernte Blatt, das ich vorhin ins Auge gefasst hatte. »Eins, das nie ein Mensch zuvor angefasst hat.«
»Du wirst erfrieren.«
»Und dann taue ich wieder auf. Ich werde es überleben. Sobald ich draußen bin, laufen wir sofort zum Auto.«
Wild entschlossen watete ich ins Wasser, das leider doch wesentlich tiefer war, als ich erwartet hatte – es ging mir weit über die Knie, durchweichte meine Jogginghose, und ich fühlte es bis zu meiner Taille hochsteigen. Der Stock hatte wohl gelogen oder war auf einem Stein oder sonst einer erhöhten Stelle gelandet. Ich schnappte nach Luft und hörte Adam lachen, war aber zu konzentriert, um ihn zu beschimpfen. Jetzt, wo ich drin war, musste ich es durchstehen. Der Boden fühlte sich weich und matschig an, und mir graute bei dem Gedanken, was sich da wohl unter meinen Füßen befand. Schilf und tote Blätter hefteten sich an mich, während ich durch das trübe Nass pflügte, und ich fragte mich, was für Krankheiten ich mir hier womöglich einfangen würde. Aber ich watete weiter, und sobald ich das Seerosenblatt fassen konnte, packte ich es, machte kehrt und schleppte es mit mir zurück. Fünf große Schritte durch den Matsch, dann war ich wieder am Rand des Teichs. Adam streckte mir die Hände entgegen und zog mich ans Ufer. Der Jogginganzug klebte mir am Körper, stinkendes Teichwasser lief in Strömen aus meinen Klamotten. Mit schmatzenden Schritten eilte ich zu meiner Tasche, zog ein Handtuch heraus, schälte mich aus Hose und Socken und trocknete mich ab. Adam sah weg und lachte leise in sich hinein, während ich aus der Unterwäsche stieg und schlotternd in den trockenen Jogginganzug schlüpfte. Mit zusammengebissenen Zähnen und zitternden Händen zog ich frische Socken und trockene Turnschuhe an und tauschte meinen Pulli gegen eine warme Fleecejacke aus. Adam hielt mir den Mantel hin, ich schlüpfte hinein, rieb mir die Arme, und er zog mir schnell noch seine Mütze über die Ohren. Dann nahm er mich in den Arm, um mich zu wärmen. Das letzte Mal, als wir so beieinandergestanden hatten, waren wir auf der Brücke gewesen, und ich hatte von hinten die Arme um Adam gelegt. Jetzt waren seine Arme um mich geschlungen, sein Kinn ruhte auf meinem Kopf, und er rubbelte mir die Schultern, damit ich schneller auftaute. Mein Herz klopfte laut, und ich wusste nicht, ob es daran lag, weil das Gefühl von der Brücke zurückkam, oder ob es einfach Adams Nähe war, die Tatsache, dass sein Körper sich an meinen drückte, dass sein Duft meine Sinne erfüllte.
»Alles in Ordnung mit dir?«, fragte er dicht an
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