Die Liebe deines Lebens
Rednerin zu.
»Wer ist das denn?«, fragte ich leise.
»Irma Livingstone«, erwiderte Amelia und verdrehte die Augen. »Ich verfluche den Tag, an dem ich Elaine zugesagt habe. Die Frau ist die Lehrerin aus ihrem Kurs –
›Wie man sich verliebt‹
. Elaine fand es eine wunderbare Idee, sie zu einer Lesung einzuladen. Aber jetzt ist sie schon seit einer Stunde dabei.«
Amelia reichte mir das Buch.
»Wie du deine erogenen Zonen in Besitz nimmst.«
»Wozu muss ich das wissen? Wer besitzt sie denn jetzt?«, fragte ich, während ich ohne große Begeisterung in dem Buch blätterte, bis Adam es mir aus der Hand riss.
In der ersten Reihe war ein alter Mann eingeschlafen und schnarchte laut, während eine junge Intellektuelle sich eifrig Notizen machte und ein anderer Mann, dem Elaine in der Hoffnung auf ein Date schöne Augen machte, eine Erektion zu verbergen versuchte.
Irma bemerkte uns Neuankömmlinge. »Hier wollte ich eigentlich Schluss machen, aber wie ich sehe, haben wir noch Gäste bekommen. Deshalb lese ich als Nächstes noch Kapitel 4 ,
›So befriedigend ist die Selbstbefriedigung mit dem Partner‹
. Aber ich sollte Sie warnen, denn es ist ein ziemlich erotischer Abschnitt«, verkündete sie und blickte Adam tief in die Augen.
»Großartig«, sagte Adam und grinste mich an. »Ich liebe erotische Abschnitte. Ihr könnt euch ruhig zurückziehen und quatschen, Mädels, tschüs dann!«
Ich konnte mir ein Lachen nicht verkneifen, als Irma mit ihrer honigsüßen Stimme zu lesen begann, langsam und verführerisch, wie es sich für eine erotische Textstelle gehörte.
Erst als wir eine halbe Stunde später in Amelias Wohnung über dem Laden saßen, konnten wir in Ruhe reden. Adam war schon in meine Wohnung vorgegangen.
»Wie geht es dir?«, fragte ich Amelia.
»Okay«, antwortete Amelia und ließ sich müde auf einen Sessel sinken. »Es ist so still ohne sie. Einsam.«
»Es tut mir leid, dass ich nicht für dich da war.«
»Du warst ja da, aber mit Simon und Barry hast du genug um die Ohren. Und mit Adam«, fügte sie mit einem kleinen Lächeln hinzu.
»Ach, hör auf.« Ich schüttelte den Kopf, darüber konnte ich jetzt nicht nachdenken.
»Barry hat mir eine nette SMS geschickt, wegen meiner Mum.«
»Oh. Schön, das zu hören. Zur Abwechslung mal was Freundliches.«
»Wie geht es denn so mit Adam?«
»Gut. Ich glaube, er wird es schaffen. Bestimmt braucht er mich bald nicht mehr und kann alleine weitermachen, das ist … großartig.« Ich hörte selbst das Zittern in meiner Stimme und auch, wie lächerlich künstlich das klang.
»Klar«, lächelte Amelia. »Es ist toll, wie du ihm hilfst.«
»Na ja, er macht eben eine schwierige Zeit durch.«
»Ja.« Amelia kaute auf der Unterlippe, um ihr Grinsen zu unterdrücken.
»Hör auf.« Ich schubste sie freundlich. »Ich versuche, ernst zu sein.«
»Ich weiß, das merke ich.« Sie lachte, aber dann runzelte sie die Stirn.
»Was ist los?«, fragte ich besorgt.
»Ich bin Mums Sachen durchgegangen.« Sie stand auf und holte einen Stapel Papiere aus der Küchenschublade. »Und hab das hier gefunden.«
Sie reichte mir den Stapel, aber ich sah mich nicht imstande, alles durchzulesen. »Sag mir einfach, was das ist«, bat ich sie.
»Es geht um einen gemieteten Lagerraum. In Mums Namen. Sie hat mir nie was davon erzählt, was echt seltsam ist, weil ich mich ja um ihre ganzen Angelegenheiten gekümmert habe. Sie hat die Miete direkt von einem Konto abbuchen lassen, das ich nicht kenne.«
Sie zeigte mir die Nummer. Eigentlich ging ich fest davon aus, dass sie mir fremd war, erkannte aber auf Anhieb das Konto, auf das auch ich meine Miete einzahlte – das Geschäftskonto meines Vaters. Amelia bemerkte meine Reaktion nicht, also schluckte ich mein Erstaunen erst einmal hinunter und wartete ab, wo das alles hinführte.
»Ich hätte nichts davon erfahren, wenn ich nicht diesen Umschlag mit einem Schlüssel und den näheren Angaben für den Lagerraum gefunden hätte. Er ist zehn Jahre alt. Und jetzt schau dir mal die Adresse auf dem Umschlag an.«
Es war die Postadresse von
Rose and Daughters
, der Kanzlei meines Vaters.
»Weißt du irgendwas davon?«
»Nein«, antwortete ich wahrheitsgemäß. »Nicht das Geringste.« Amelias Blick sagte mir, dass sie mir nicht glaubte. »Na gut, bis vor zwei Sekunden, als du mir die dazugehörige Kontonummer gezeigt hast. Amelia, ich schwöre dir, dass sie mir nie etwas davon gesagt haben. Sie verwalten das Testament
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