Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Liebe der Baumeisterin: Roman (German Edition)

Die Liebe der Baumeisterin: Roman (German Edition)

Titel: Die Liebe der Baumeisterin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heidi Rehn
Vom Netzwerk:
der dunklen Tracht noch weiter in die Höhe gezogen. Wie Querbalken traten die Wangenknochen unter den grünen Mandelaugen hervor, der spitze Mund betonte die nach unten zulaufende Gesichtsform. Auf der Stirn lagen unzählige Falten, ein deutlicher Hinweis auf Mathildas Anspannung. »Was wollt Ihr also von mir? Immerhin bin ich diejenige, die eben erst von Katharina Königs Einzug erfahren hat. Eigentlich müsste ich über Euch verärgert sein. Doch wie Ihr seht, freue ich mich sogar über Euren Einfall mit Polyphemus’ Frau. Dann seid Ihr weniger allein.«
    »Wie gnädig von Euch. Doch mir macht Ihr nichts vor. Ich weiß genau, was Ihr im Schilde führt, liebe Dora. Aufs Wort hat Euch Polyphemus eben gehorcht und die Dringlichkeit Eurer Reise genau im richtigen Moment bestätigt. Wie gut, dass der arme Urban Eure Niedertracht nicht mehr miterleben muss. Vor Gram würde er sich im Grabe umdrehen.«
    »Anscheinend seid Ihr die Einzige, die einen besonderen Draht zu dem Verstorbenen besitzt. Welch Wunder, dass Ihr ihm zu Lebzeiten nicht nähergestanden habt. Oder habt Ihr wieder einmal vergessen, wer von uns beiden mit ihm verheiratet war?«
    »Ihr werdet von Eurem hohen Ross noch herunterfallen.« Mathilda verschränkte die Arme vor der Brust und maß sie mit zusammengekniffenen Augen. »Glaubt nicht, es bliebe verborgen, wie eilig Ihr die Trauerkleidung abgelegt und Euch in aufreizendes Rot und übermütiges Grün geworfen habt. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt, dass Ihr just im selben Moment den Entschluss zu Eurer Reise gefasst habt. Was seid Ihr eigentlich für eine Mutter, dass Ihr es so eilig habt, Euch Euer Kind von der Brust zu reißen, um ungestört nach Krakau aufzubrechen?«
    »Ihr seid wohl die Letzte, die sich ein Urteil über meine Muttergefühle erlauben sollte.« Dora spürte unbändigen Zorn in sich aufsteigen. Sie ballte die Hände zu Fäusten und zwang sich, ruhig zu bleiben. Vor der Base wollte sie sich keine Blöße geben. »Natürlich ist es bitter für Euch zu ertragen, niemals ein Kind unter dem Herzen gespürt zu haben. Zwölf Jahre habt Ihr vergeblich auf Urban gehofft, und dann musstet Ihr mit ansehen, wie er mich geheiratet und mit mir ein Kind gezeugt hat. Das ist wirklich kein leichtes Schicksal, noch dazu, wo Ihr auch danach noch weiter in unserer Küche bei der Magd geblieben seid.«
    »Hätte Urban gewusst, wie Ihr in Wahrheit seid, wäre gewiss alles anders gekommen.« Mathildas Augen verengten sich. Sie reckte die lange, schmale Nase in die Luft. »Macht Euch nichts vor, Ihr habt Urban nie geliebt. Und genauso wenig liebt Ihr das Kind, das Ihr von ihm empfangen habt. Wie anders …«
    »Was erdreistet Ihr Euch?«, fuhr Dora auf, um sogleich wieder innezuhalten. Sie durfte Mathilda nicht den Gefallen tun und die Beherrschung verlieren.
    »Ihr wisst es selbst am besten«, sagte die Base in gefährlich leisem Ton. Ein böses Lächeln umspielte ihren Mund. »Gesteht Euch die Wahrheit endlich ein. Wärt Ihr Eurem Kind in der gebührenden Liebe zugetan, würdet Ihr es nicht allein lassen, um zu verreisen, noch weniger, um ausgerechnet zu dem Mann zu reisen, der den Tod Eures Gemahls verschuldet hat.« Mit jedem Wort war ihre Stimme lauter geworden, die letzten Worte spie sie voller Abscheu aus.
    »Woher wisst Ihr …?« Fassungslos starrte Dora sie an.
    Doch die Base überhörte ihre Frage. Zu sehr war sie in ihrem Wahn gefangen. Böse zischte sie: »Wie besessen müsst Ihr von ihm sein?«
    »Ihr scheint mehr zu wissen als ich selbst.« Das Zittern befiel Dora von neuem. Mit aller Kraft versuchte sie das vor Mathilda zu verbergen.
    »Macht Euch nichts vor, meine liebe Dora! Euch gefällt der Gedanke, Singeknecht habe Euretwegen die Mauer über Urban zum Einsturz …«
    »Genug!«, rief Dora.
    Mathilda aber war nicht mehr aufzuhalten. »Ein Mann, der für seine Liebe zu Euch zu töten bereit ist – oh, was für ein Mann mag das sein?«
    Sie warf die Arme in die Luft, riss die Augen weit auf. Dora war, als steigerte sie sich gerade in die Vorstellung hinein, selbst auf derart wahnwitzige Weise geliebt zu werden. Fahrig glitten ihre Finger am Gürtel entlang, ertasteten wie zufällig den ledernen Beutel. Allein der Gedanke an die Wunderkraft des blauen Öls genügte, sie mit neuer Kraft zu stärken. Darüber stürzte Mathildas ungeheurer Vorwurf in sich zusammen. Eine angenehme Ruhe erfüllte sie.
    »Wie schlecht muss es um Euch bestellt sein, wenn Ihr solch absonderliche Gedanken

Weitere Kostenlose Bücher