Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Liebe der Baumeisterin: Roman (German Edition)

Die Liebe der Baumeisterin: Roman (German Edition)

Titel: Die Liebe der Baumeisterin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heidi Rehn
Vom Netzwerk:
jungen Base mit süßlichem Lächeln versicherte: »Oh, tut mir leid, das habe ich nur so dahingesagt. Lasst uns einfach auf die baldige Rückkehr Eures Bruders hoffen. Damit wird sich alles zum Guten wenden, denn bestimmt hat er in der Fremde viel Neues gelernt, was ihm daheim zuträglich sein wird. Habt Ihr mittlerweile eigentlich Nachricht von ihm, wann er genau wiederkommt? Zwei Jahre ist er jetzt fort, ohne dass er sonderlich oft hat von sich hören lassen. Dabei ist Nürnberg wirklich eine Stadt, zu der viele Kaufleute hier am Pregel und vor allem der Herzog selbst beste Beziehungen pflegen. Regelmäßig gehen Briefe hin und her. Die Kunstdiener, die damals mit Eurem Bruder und Baumeister Römer aufgebrochen sind, haben sich längst wieder zu Hause eingefunden. Der Letzte soll vor zwei Wochen über den Umweg nach Krakau zurückgekehrt sein. Hat der gute Jörg ihm vielleicht ein kurzes Schreiben über seine weiteren Pläne mitgegeben?« Obwohl sie die Antwort längst kannte, legte sie tiefstes Mitgefühl in ihre Worte. Es war Dora anzusehen, dass sie sie durchschaute. Dennoch würde sie nicht wagen, ihr offen ins Gesicht zu sagen, was sie über ihr Verhalten dachte. Als Dora einfach schwieg, fügte Mathilda mit bedauerndem Unterton hinzu: »Das verheißt nichts Gutes. Man könnte meinen, er setze alles daran, um in seiner Heimat und seiner Familie in Vergessenheit zu geraten.«
    »Sagt so etwas nicht!« Empört schaute Dora sie an.
    »Verzeiht, meine Liebe.« Mathilda legte ihr beschwichtigend die Hand auf den Arm. »Ich wollte Euch nicht beunruhigen.«
    Aus den ungleichen Augen der Base traf sie ein gefährlicher Blick. Geflissentlich überging sie den.
    4
    E ndlich gelangten sie zum Haus der Familie Selege. Schon lange hatte Dora sich bei seinem Anblick nicht mehr so erleichtert gefühlt, befreite es sie doch für einige Stunden von der unbehaglichen Gegenwart Mathildas. Bestens fügte sich das Anwesen mit seiner auf den ersten Blick recht schlicht wirkenden Fassade und dem ausgewogen gestalteten Giebelschmuck in die Reihe der übrigen Steinhäuser der Domgasse ein. Ahn Laurenz hatte das Gebäude unweit des mächtigen Backsteinkirchenbaus mit den beiden gewaltigen Türmen vor gut einhundert Jahren erworben. Wie die meisten anderen Häuser auf der Dominsel war es in jeder neuen Besitzergeneration prächtiger ausgebaut worden. Da die Größe der Parzellen seit der Stadtgründung unwiderruflich festlag, hatte man es dazu in der Höhe aufgestockt. So besaß das ursprünglich recht bescheidene Haus inzwischen über der Diele noch zwei weitere Wohn- und drei niedrigere Giebelgeschosse.
    Die Entwürfe dazu hatte Laurenz in seinem Werkmeisterbuch aufs genaueste aufgeführt. Unzählige Male hatte Dora sie studiert und kannte seine Anmerkungen dazu längst auswendig. Wichtigstes Element war ihm das Errichten eines Beischlags gewesen, der sich über die gesamte Hausbreite erstreckte und mit einer breit angelegten, von einem säulenverzierten Geländer geschmückten Treppe zum Hinaufsteigen einlud. Der mittig ausgerichtete Eingang war zudem mit einem Wimperg geschmückt und von Fialen bekrönt. Zwei große bleiverglaste Fenster rechts und links des Eingangs erlaubten einen ersten Blick in das weitläufige Erdgeschoss. Anders als etwa in Urban Stöckels Haus in der Altstadt besaß die von kunstvollen Kreuzgewölben durchzogene Diele keine Einfahrt für Fuhrwerke. Das war auch nicht nötig, diente das Gebäude wie nahezu alle Kaufmannshäuser im Kneiphof nicht als Lager. Dafür unterhielt man die Scheunen an der Lastadie beim Alten Pregel. Im ersten Stock hatte Laurenz Selege zum Schmuck der Wohnstube statt eines Erkers, wie er vor allem an den Häusern der Altstadt zu bewundern war, auf drei mit Spitzgiebeln versehene, kunstvoll verglaste Fenster gesetzt. In den nachfolgenden Stockwerken wurden die Fenster von ihren Maßen her zwar wieder bescheidener, waren allerdings alle vollständig mit Bleiglas bestückt. Auf den seitlichen Stufen des Giebels fanden sich kleine Steinfiguren, die Spitze bekrönte ein Wetterhahn aus vergoldetem Kupfer. Während Dora noch einmal einen verzückten Blick auf die im frühen Sonnenlicht blinkende Wetterfahne warf, pochte Mathilda an die Tür.
    »Ob Euer Vater Renata endlich eine zweite Magd zur Seite gestellt hat? Letzte Woche erst habe ich es ihm noch einmal gesagt. Renata hat wohl schon zu Eurer Zeit in der Domgasse kaum gewusst, ob sie morgens zuerst die Suppe aufsetzen, die Betten

Weitere Kostenlose Bücher