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Die Liebe der Baumeisterin: Roman (German Edition)

Die Liebe der Baumeisterin: Roman (German Edition)

Titel: Die Liebe der Baumeisterin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heidi Rehn
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Vorgehensweise lustig zu machen. Sie wischte sich über die schweißnasse Stirn, sehnte sich nach einer Pause. Beharrlich blieb Jörg neben ihr stehen, auch Lienhart machte keine Anstalten, ihr von der Seite zu weichen.
    »Seid Ihr sicher, dass wir mit dem Sommerbier wirklich bis Michaeli auskommen?« Unerbittlich sprach der Zwölfjährige ihre größte Angst an. »Es sind noch gut sieben Wochen bis Ende September, und fast täglich wollen die Wirte mehr Bier von uns.«
    »Wenn du in der Lateinschule doch nur auch so gut aufpassen würdest wie hier!«, schnaufte Gret. Trotz des aufwallenden Ärgers konnte sie sich ein Lächeln nicht verkneifen. Liebevoll tätschelte sie dem Jungen die Schulter. »Ich freue mich, dass du gern hier unten bei Matas und Szymon bist. Das zeigt, wie ernst es dir mit dem Brauen wirklich ist. Trotzdem darfst du die Schule nicht vernachlässigen. Du siehst ja gerade, wie wichtig es auch für einen Brauer ist, richtig zählen und rechnen zu können.«
    »Stimmt.« Lienhart fühlte sich nicht im Geringsten getadelt, vielmehr blühte sein Eifer erst richtig auf. »Wenn Ihr Euch jetzt verrechnet, gibt es mächtigen Ärger. Die Wirte wechseln dann zu anderen Brauern, und Vater sieht seine schlimmsten Befürchtungen bestätigt. Wir sind nämlich die Einzigen, die jetzt im Sommer nicht brauen. Die anderen brauen munter weiter, ganz egal, ob das Bier in der Hitze schlecht wird oder nicht. Deshalb haben sie immer frisches Bier zu verkaufen.«
    »Wir haben auch noch genug Bier«, fuhr Jörg ihm verärgert über den Mund. »Lass Gret einfach in Ruhe rechnen, dann wird alles gutgehen. Sie hat alles bestens im Griff.«
    »Schon gut«, winkte Gret ab. »Es ist beeindruckend, wie viele Gedanken du dir neuerdings über das Brauen machst, Lienhart. Du hast wirklich das Zeug zum Brauer. Doch sorge dich nicht wegen der Vorräte. Falls es eng wird, können auch wir gleich wieder mit dem Brauen anfangen.«
    »Das würde nur zeigen, dass der Plan mit der sommerlichen Pause gescheitert ist.« Lienhart schaute enttäuscht.
    »Nein«, erwiderte Gret und lächelte ihn aufmunternd an. Sein Eifer gefiel ihr immer besser. »Dann ist er trotzdem nicht gescheitert. Im Gegenteil. Der unerwartet große Erfolg des Biers war einfach nicht vorauszusehen. Wir wissen jetzt, dass wir im nächsten Jahr gleich mehr von dem Sommerbier brauen müssen. Doch jetzt muss ich wirklich weiterzählen.«
    Noch einmal klopfte sie ihm auf die Schultern, dann wandte sie sich wieder den beiden Brauknechten zu und versuchte die vorhin unterbrochene Rechnung wieder aufzugreifen. »Zwölf Fässer für den Grünen Baum, drei für den Goldenen Hahn …«
    »Ein Bote für Euch, Herrin«, platzte Mechthild dazwischen. Die bucklige Magd musste völlig lautlos die Steinstufen heruntergelaufen sein. »Er hat einen wichtigen Brief für Euch.«
    »Er soll ihn Euch geben.«
    »Das geht nicht. Er hat den Auftrag, den Brief nur Euch selbst zu übergeben.«
    »Ich kann jetzt aber nicht, ver…« Mitten im Wort brach Gret ab. Was war nur in sie gefahren, dass sie beinahe derb geflucht hätte? Erschrocken wischte sie sich von neuem den Schweiß von der Stirn. Das viele Schwitzen wunderte sie. Im Gewölbekeller herrschten angenehme Temperaturen. Wahrscheinlich lag es an der Schwangerschaft und an den vielen anderen Dingen, die sie täglich in Anspruch nahmen. Jörg wie auch sein Vater zeigten sich zunehmend unfähig, etwas allein zu tun. Seit Dora fort war, lief auf den beiden Baustellen, die sie zu verantworten hatten, an sämtlichen Ecken und Enden alles schief. »Tut mir leid, Mechthild.«
    »Gib mir die Tafel und geh nach oben«, schlug Jörg vor. »Eine kurze Unterbrechung wird dir guttun. Wir Männer werden das mit dem Zählen wohl allein schaffen.«
    Gret zögerte.
    »Soll ich den Boten herunterschicken?«, hakte die bucklige Magd nach und betrachtete Gret besorgt.
    »Danke, aber nach oben zu gehen schaffe ich wohl gerade noch.« Gret strich sich über den schweren Bauch, seufzte und drückte das Kreidestück, mit dem sie die Anzahl der Fässer auf der Schiefertafel notiert hatte, Lienhart in die Hand. »Hier, mein Lieber, mach du eine Weile weiter. Wenn du schon so tust, als wüsstest du über das Brauen so gut Bescheid, dann solltest du auch die Vorräte richtig überprüfen können.«
    Verblüfft starrte der Junge sie an. Matas und Szymon, die nur wenige Schritte entfernt bei den Fässern auf den nächsten Befehl warteten, grinsten breit, Jörg

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