Die Liebe der Baumeisterin: Roman (German Edition)
Unterstützung zu erhalten?
»Verzeiht mein ungebührliches Auftreten, Majestät.« Veit hatte Doras Höhe erreicht, zwinkerte ihr aufmunternd zu und beugte vor den beiden Königen das Knie. In der Hand hielt er eine lederne Mappe, aus deren offener Seite ein dicker Stapel loser Papiere ragte. Eine verschlissene Schnur hielt sie notdürftig zusammen. Das mussten die besagten Unterlagen aus Nürnberg sein. Fragend schielte sie zu dem grauhaarigen Juden mit dem auffälligen Spitzbart. Er nickte ihr ebenfalls beruhigend zu. Das also war wirklich Jan Gottlieb.
»Was wollt Ihr, Singeknecht?« Zygmunt August zeigte sich wenig erfreut über den Auftritt.
»Gewährt mir die Gnade, mir eine Weile zuzuhören. Ich bringe Euch wichtige Unterlagen, die belegen, welch falsches Spiel dieser Mann dort treibt.« Veit wies auf Göllner, dessen Gesicht inzwischen kalkweiß war. Allein schon das gemeinsame Auftreten der Männer musste ihn ahnen lassen, wie bald er am Ende war. Die Lippen aufeinandergepresst, versuchte er dennoch Haltung zu bewahren. Im selben Moment jedoch trat der finstere Gerichtsvogt auffällig einen Schritt beiseite. Seine Entscheidung war gefallen. Er gab den Gefährten verloren. Kaum wurde Dora das gewahr, bemerkte sie, wie Göllner zu zittern begann und sich nur mühsam auf seinem Platz hielt.
Zygmunt August entging die Veränderung ebenfalls nicht, wie seine Miene verriet. Wieder neigte er sich zu seinem Vater vor und flüsterte ihm etwas zu. Der alte König räusperte sich daraufhin in die Faust und wandte sich an Veit: »So lasst denn hören, was Ihr in dieser Angelegenheit zu sagen habt. Aber seid Euch bewusst«, mahnend hob er den Zeigefinger und schaute Veit streng an, »dass der herzogliche Hausvogt als Gesandter meines geliebten Neffen an meinem Hof höchstes Gastrecht genießt. Solltet Ihr etwas gegen ihn vorzubringen haben, so solltet Ihr gute Gründe dafür zur Hand haben.«
»Die habe ich, Majestät. Niemals würde ich sonst wagen, Euch um Gehör zu bitten«, erklärte Veit und legte die rechte Hand feierlich wie zum Schwur aufs Herz. Dora zitterten die Knie, als ihr die Gefahr bewusst wurde, in die er sich damit begab. Er allerdings hob wohlgemut zu seiner Rede an. »Vor zwanzig Jahren schon missbrauchte Göllner sein Amt bei Herzog Albrecht, um Geschäfte zu seinem eigenen Vorteil zu tätigen. Mein Vater wie auch Urban Stöckel belegen das in diesen Papieren Punkt für Punkt. Natürlich erzählten sie auch dem Herzog davon, woraufhin der ihn unehrenhaft aus seinen Diensten entließ. Vor einigen Jahren kehrte Göllner an den preußischen Hof zurück und legte gefälschte Gegenbeweise vor, die ihn von aller Schuld freizusprechen schienen. Reumütig bestellte der Herzog ihn zum Hausvogt in Königsberg. Dieses Amt benutzte Göllner wiederum, um sich an Stöckel für die einst erlittene Schmach zu rächen und nun ihn in den Augen des Herzogs bei jeder Gelegenheit herabzusetzen. Das war wohl schwieriger als erwartet, weil Stöckel nicht den Fehler beging, auf seine listigen Versuche einzugehen, bei Betrügereien und Mauscheleien mitzumischen. Bei einem Überfall auf den Kammerrat wollte Göllner dann wenigstens dessen Aufzeichnungen an sich bringen, ahnte er doch, dass Stöckel darin all diese Dinge akribisch notiert hatte. Auch das missglückte. Der Kammerrat hatte von dem geplanten Überfall wohl rechtzeitig erfahren und jubelte den gedungenen Dieben belanglose Papiere unter. Stöckels plötzlicher Tod auf der Baustelle arbeitete Göllner erst einmal zu, war damit doch sein größter Feind aus dem Weg. Allerdings begriff er bald, dass ihm in Stöckels Witwe neue Gefahr erwuchs. Er hatte nämlich Grund zur Annahme, sie hätte die Chroniken wie auch die Beweise aus Nürnberg im Nachlass gefunden. Als er erfuhr, dass sie nach Krakau unterwegs war, wurde ihm klar, wie nah sie seinem düsteren Geheimnis gekommen sein musste. Deshalb überredete er den Herzog mittels falscher Anschuldigungen, Euch um die Festnahme der Stöckelin zu bitten. Frech unterstellte er ihr, wichtige Unterlagen aus dem Schloss unterschlagen zu haben. Um sicherzugehen, dass sie auch wirklich keinen Schaden anrichten konnte, bediente er sich zeitgleich noch seines Freundes, des Krakauer Gerichtsvogts Wierzynek, der die Stöckelin des angeblichen Mordes an ihrem Gatten wegen einkerkern sollte. Der handelte tatsächlich schneller als Ihr. Allein Feliks Baranamis Einfall, die Stöckelin der Hexerei zu bezichtigen, ist es zu verdanken,
Weitere Kostenlose Bücher