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Die Liebe der Baumeisterin: Roman (German Edition)

Die Liebe der Baumeisterin: Roman (German Edition)

Titel: Die Liebe der Baumeisterin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heidi Rehn
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seine Begeisterung hinein. »Gerade der Aufriss der Frontansicht beweist, wie umsichtig ihre Überlegungen zu Proportionen, Aufteilungen und geschicktem Einsatz des Materials sind. Schon auf den ersten Blick war mir, als sähe ich dabei die Arbeit eines sehr erfahrenen Baumeisters vor mir.«
    Das unverhoffte Lob brachte Dora aus dem Gleichgewicht. Verlegen senkte sie das Antlitz. Mathilda spitzte den Mund, setzte sich unwillkürlich aufrechter hin und wartete gebannt auf Urbans Reaktion.
    »In Doras Namen danke ich Euch von Herzen für Euer erfreuliches Urteil.« Als hätte das Lob ihm selbst gegolten, strahlte Urban über das ganze Gesicht. »Damit bestätigt Ihr meine eigene Einschätzung. Wie Ihr wisst, habe ich dank meiner Aufgaben im Schloss sehr oft Entwürfe und Pläne zu neuen Gebäuden vorliegen. So war auch mir auf Anhieb klar, welch hervorragende Arbeit meine Gattin geleistet hat. Ein Wunder, wenn man bedenkt, dass sie sich das alles selbst beigebracht hat. Niemand hat ihren Blick für das richtige Maß an bestehenden Bauwerken geschult, sie auf die Feinheiten der Fialen und Wimperge an Kirchenportalen aufmerksam gemacht oder über die geschickte Konstruktion von Kreuzgewölben unterrichtet. Einzig ein schmales, hundert Jahre altes Werkmeisterbuch ihres Urahns hat ihr zur Verfügung gestanden, um diesen Entwurf zu entwickeln. Kaum zu glauben, dass das wirklich ihr erster ist.«
    Er legte seine rechte Hand auf Doras linke. Dora zuckte zusammen, ihre Wangen glühten. Verschämt äugte sie ans andere Tischende. Mathilda folgte ihrem Blick. Völlig unberührt von Urbans Worten, saß Wenzel Selege da, während Doras Bruder unruhig auf seinem Stuhl nach hinten rutschte. Mathilda begriff. Noch so ein Geheimnis, das ihr bei Gelegenheit nützlich sein konnte. Bevor Urban zu neuerlichen Lobpreisungen ansetzte, schob sie Dora die Platte mit dem Fleisch zu und lächelte süß. »Es wird Zeit, dass wir von dem ausgezeichneten Braten kosten. Mit hungrigem Magen wird fürderhin weder unsere liebe Dora noch einer der anwesenden Herren zu weiteren Glanzleistungen fähig sein. Seid so gut, meine liebe Dora, und helft dem armen Singeknecht beim Schneiden des Fleisches. Wenn Ihr ihm fortan bei den täglichen Kleinigkeiten zur Seite steht, wird er bestimmt so gütig sein und Euren Blick für die praktische Seite der Baukunst schulen. Zumindest so lange, wie er im Hause meines lieben Vetters und Eures Gemahls zu Gast ist.« Von neuem lächelte sie, schaute erst zu Dora, die noch stärker errötete, dann zu dem ebenfalls reichlich verlegen wirkenden Veit Singeknecht. Zuletzt wandte sie sich ihrem Vetter Urban zu. »Ihr seid ein sehr großzügiger Mann, mein Lieber. Selbstlos habt Ihr die gesamte Familie Eurer lieben Frau bei Euch aufgenommen und sogar deren Gast zu dem Euren gemacht.«
    »Das fällt mir umso leichter, als mir der Herzog heute Mittag verkündet hat, dass das Grundstück an der Junkergasse ab sofort zu meiner Verfügung steht. Das heißt, wir können gleich mit dem Bau beginnen.«
    »Das ist großartig! Ich gratuliere Euch, mein lieber Vetter!« Mathilda sprang auf, stellte sich vor Urban und schüttelte ihm die Hand. Als sie sich umdrehte, stieß sie mit Wenzel Selege zusammen, der ebenfalls flugs von seinem Stuhl aufgestanden und zu Urban geeilt war. Einen Moment länger als nötig sah er sie an. Sie nickte knapp und setzte sich hocherhobenen Hauptes auf ihren Platz zurück.
    »Auch ich beglückwünsche Euch zu dieser großartigen Neuigkeit«, hörte sie Wenzel sagen. »Gewiss hat Euer verdienstvolles Verhalten in der furchtbaren Brandnacht dazu beigetragen, dass der Herzog sich endlich zu diesem Schritt entschlossen hat. Ohne Euren mutigen Einsatz wären unzählige Kneiphofer auf der Krämer- und Schmiedebrücke erdrückt worden, nur weil die Tore geschlossen waren.«
    »In der Tat hat es damit zu tun. Die Fürsprache des Kneiphofer Bürgermeisters Lorenz Weidenhammer und die Zustimmung seines Altstädter Kollegen Jochen Streckfuß haben beim Herzog Entscheidendes bewirkt. Endlich hat er mir die lang schon in Aussicht gestellte Belohnung für meine Verdienste zukommen lassen. Selbst wenn das einige Herrschaften bei Hofe anders sehen, so weiß ich doch, dass sie mir seit langem zusteht.«
    »Damit haben wir in den nächsten Monaten alle Hände voll zu tun.« Unternehmungslustig rieb sich Wenzel die Hände. »Erst der Umbau bei Tschakert in der Langgasse, dann der Wiederaufbau unseres Hauses in der Domgasse und

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