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Die Liebe der Baumeisterin: Roman (German Edition)

Die Liebe der Baumeisterin: Roman (German Edition)

Titel: Die Liebe der Baumeisterin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heidi Rehn
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Schritt auf sie zu. Sie spürte seine verbotene Gegenwart in jeder Faser ihres Körpers. Sein Atem wurde zu einem unerlaubten, aber wonnigen Streicheln ihrer nackten Haut. Sacht legte er die gesunde rechte Hand auf ihre Schulter. Sie meinte zergehen zu müssen unter dieser Berührung. Unwillkürlich neigte sie den Kopf seiner breiten Brust entgegen, berauschte sich an dem herben Geruch, der ihn umfing.
    »Dora, Liebste, verzagt nicht. Eure Entwürfe zeugen schon jetzt von Eurer ungeheuren Begabung, Eurem besonderen Gespür für das Wesentliche der Baukunst. Es wird einen Weg geben, Euren Gemahl zu überzeugen …«
    »Wovon soll ihr Gemahl überzeugt werden?« Urbans Frage hallte schneidend in ihrem Kopf wider. Voller Entsetzen fuhr sie herum.
    »Urban, Liebster! Was ist …, was tut …, nein, was denkt Ihr? Es ist alles ganz anders, also, lasst mich einfach erklären, dann werdet Ihr sehen …«, stammelte sie, um abzubrechen, sobald sie die bittere Enttäuschung in Urbans blassblauen Augen gewahr wurde. Unfähig, auch nur einen klaren Gedanken zu fassen, geschweige denn einen vernünftigen Satz zu Ende zu formulieren, rang sie mit sich. Die Vorstellung, was ihr Gemahl in diesem Moment von ihr und Veit dachte, war zu grauenvoll. Zugleich zweifelte sie, ob sie es nicht noch grauenvoller fand, dass es gar nicht so weit gekommen war, wie Urban vermutete. Dieser Gedanke beschämte sie bald weitaus mehr, als die Tat der Untreue es je vermocht hätte. »Meine Fischleimpause, ich muss in die Küche, sie wird inzwischen längst trocken und gebrauchsfertig sein«, erklärte sie hastig und wollte sich an ihrem Gemahl vorbei nach draußen drängen.
    »Bleibt!« Überraschend fest umschloss er mit der Hand ihren Oberarm, zwang sie, dicht neben ihm stehen zu bleiben. Sie wollte aufschreien, so weh tat sein Griff, unterdrückte den Laut jedoch, sobald sie auf seinem Antlitz einen nie zuvor gesehenen Ausdruck von tiefstem Abscheu erblickte.
    »Kammerrat Stöckel, erlaubt …«, versuchte Veit die Situation zu retten, brach jedoch ebenfalls mitten im Satz ab. Urban zeigte sich nicht bereit, ihm auch nur den kleinsten Zoll Aufmerksamkeit zu schenken.
    »Es trifft sich gut, mein Augenstern, dass Ihr unseren lieben Gast gerade so ausführlichst in Euren Entwürfen zu unserem neuen Haus unterwiesen habt. Die anstehenden Arbeiten wird er die nächste Zeit ohne Eure Unterstützung beaufsichtigen können. Bei Sonnenaufgang werden wir beide zu einer längeren Reise aufbrechen. Die Inspektion des Amtsbezirks Ragnit steht an. Es wird eine willkommene Abwechslung für Euch sein, mich zu begleiten. So entgeht Ihr für einige Zeit der drängenden Enge in unserem Haus. Mir war so, als sehntet Ihr Euch bereits seit längerem danach, etwas Neues zu sehen, Eure wundervollen Augen an fremden Eindrücken und Anregungen zu schulen. Auch dazu werdet Ihr auf unserer Reise reichlich Gelegenheit finden.«
    »Das ist sehr großzügig von Euch.« Mehr brachte sie nicht heraus, so arg kämpfte sie mit den Tränen. Stumm nickte er, lockerte endlich den Klammergriff an ihrem Arm und gab sie schließlich ganz frei. Sie rieb sich die schmerzende Stelle, während sie Urban weiter im Blick behielt.
    Auf einmal wirkte er ihr fremd und vertraut zugleich. All seine Güte, Beherrschtheit, Vernunft schienen aus seinem Wesen verschwunden. In seinen hellblauen Augen loderte ein wildes Feuer. Sie sollte sich freuen, abermals Zeuge seiner Leidenschaft zu sein, stattdessen übermannte sie tiefe Traurigkeit.
    »Ich werde gleich mit dem Packen beginnen«, presste sie mühsam zwischen den bleichen Lippen hervor. »Die Arbeit mit der Fischleimpause werde ich wohl besser nach meiner Rückkehr fortsetzen.«
    Damit eilte sie aus der Werkstatt. Draußen rief sie laut nach Elßlin. Allein die Gegenwart der unschuldigen vierzehnjährigen Magd würde sie die nächsten Stunden ertragen können.
    19
    K aum hatte Gret die Wachen passiert und lief im Strom der fliegenden Händler, Gaukler und Handwerker Richtung Schlosshof, wunderte sie sich, wie einfach es gewesen war, Einlass in das herzogliche Anwesen zu erhalten. Dabei war die Schlange der Maurer- und Zimmerleute, die ungeduldig zu ihren Baustellen im Innern des Schlosses drängten, wie jeden Tag erschreckend lang gewesen. Fluchend mussten die Handwerksknechte mit den schweren Gerätschaften auf den Schultern und den hoch mit Steinen, Sand, Ziegeln und mächtigen Holzbalken beladenen Karren zusehen, wie Fußgänger wie Gret

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