Die Liebe des Highlanders
Glieder einreiben.
Beim Anblick des leeren Bettes jagte ihm eine böse Vorahnung eisige Schauer über den Rücken. Er stellte das Tablett auf den Tisch neben der Tür und eilte durch das Boudoir ins silberne Gemach.
Dort war sie auch nicht. Er wirbelte herum und rannte zurück.
Jetzt erst sah er das Pergament auf dem Tisch am Kamin. Mit zitternden Händen nahm er es und las, was dort geschrieben stand.
Kommt zur Lichtung am kleinen See, wenn Euch ihr Leben lieb ist. Allein, oder das Mädchen stirbt.
»Nein!«, brüllte er und zerknüllte das Pergament in der Faust. Es ist zu früh, protestierte sein Bewusstsein. Erst in zwei Wochen sollte er in tiefen Schlaf versetzt werden! Er hatte noch nicht einmal Anweisung gegeben, dass die dreifache Anzahl von Wachmännern die Burg schützen und ein Trupp das Land absuchen sollte!
»Bei Amergin«, flüsterte er rau, »wir haben den Lauf der Dinge durch irgendetwas beeinflusst.« Sie hatten verhindert, dass Dageus starb. Dadurch hatte sich die Abfolge der Ereignisse verändert. Ein Gedanke jagte den anderen. Wer steckte hinter alledem? Das alles ergab keinen Sinn. Was hatte der Feind mit Gwen vor?
»Sie brauchen Gwen, um mich in ihre Gewalt zu bekom men«, brummte er grimmig. Diesmal hatten sie ihn nicht betäubt. Sie hatten Gwen als Köder benutzt.
Hastig stieg er in seine Stiefel und legte die Lederbänder an. In der Großen Halle steckte er sich Messer unter die Gurte und rannte los.
Allein, dachte er, das haben sie sich so gedacht. Ich gehe allein auf die Lichtung, aber meine Männer werden die Schurken, die meine Frau in ihre Gewalt gebracht haben, umzingeln und jeden einzeln töten.
Besseta kauerte hinter einer großen Eiche und sah den Zigeunern bei der Vorbereitung für den Zauber, den sie in Auftrag gegeben hatte, zu. Sie malten einen großen, feuerroten Kreis auf den Boden. Unbekannte Runen markierten den Rand - schwarze Zigeunermagie, dachte sie schaudernd.
Gleich nachdem Nevin heute Morgen zur Burg aufgebrochen war, hatte sie sich eilends auf den Weg gemacht und war durch den Wald bis zur Lichtung geschlichen. Sie wollte mit eigenen Augen sehen, wie die Tat vollbracht wurde. Erst dann konnte sie glauben, dass ihr Sohn in Sicherheit war.
Sie kniff die Augen zusammen und musterte ihren Feind. Man hatte Drustans Verlobte direkt aus seinem Bett geholt, dessen war sie sicher, denn das Mädchen hatte nur ein dünnes Nachthemd an. Bald würde der Laird eintreffen, die Zigeuner würden ihn verzaubern und für immer wegbringen. Dann brauchte sie sich keine Sorgen mehr zu machen. Für den Zauber an dem Mädchen hatten die Zigeuner eine Münze zusätzlich verlangt. Besseta musste sie aus Nevins Klingelbeutel stibitzen. Doch um das Leben ihres Sohnes zu schützen, war ihr keine Missetat zu groß.
Nevin stand ein paar Meter entfernt und beobachtete seine Mutter. Ihm war schwer ums Herz. Seit einiger Zeit hatte sich ihr Zustand verschlimmert - sie war verwirrter denn je, und ihre Augen glänzten wie im Fieber. Sie behielt ihn ständig im Auge, als fürchtete sie, dass ihn jeden Moment der Blitz treffen könnte. Er hatte getan, was er konnte, um ihr die Angst zu nehmen, dass Drustan MacKeltar ihm ein Leid antun könnte - ohne jeden Erfolg. Sie war Opfer der schrecklichsten Wahnvorstellungen.
Nevin murmelte ein Gebet und dankte Gott dafür, dass er bei ihm war und ihn führte. Er war mit einer unguten Vorahnung erwacht, und statt sofort zur Burg zu gehen wie sonst, hatte er sich hinter der Hütte versteckt. Und prompt war kurze Zeit später seine arme Mutter aus dem Haus gekommen - mit glasigem Blick, wild zerzausten Haaren und nur halb angezogen.
Er folgte ihr in einiger Entfernung bis zur Lichtung am Ufer des kleinen Sees. Jetzt beobachtete er sie voller Unbehagen. Was tat sie hier? Was hatte sie mit den Zigeunern zu schaffen? Und was waren das für eigenartige Symbole auf der Lichtung?
Er blickte über die Lichtung und erstarrte. Die Zigeuner hatten eine Gasse gebildet. Einer von ihnen trug eine gefesselte Frau in den roten Kreis. Es war das kleine blonde Mädchen, das Nevin in letzter Zeit öfters in der MacKeltar-Burg gesehen hatte. Als einer der Zigeuner in seine Richtung schaute, duckte sich Nevin hinter die Büsche.
Was ging hier vor? Warum versteckte sich seine Mutter hinter der Eiche, und wieso war die Frau aus der Burg gefesselt? In was für furchtbare Dinge war Besseta verstrickt?
Nevin strich seine Robe glatt und rief sich ins Gedächtnis, dass er
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