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Die Liebe des Kartographen: Roman

Die Liebe des Kartographen: Roman

Titel: Die Liebe des Kartographen: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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dadurch verdrängt werden würde. Das durfte sie nicht zulassen. Trotzdem wagte Xelia nicht, den Schmerz, der mit diesem Wissen einherging, an sich heranzulassen. Als Philip sie in den Arm nahm, ihr Gesicht mit federweichen Küssen bedeckte, da scheuchte sie ihre düsteren Gedanken weg wie unwillkommene Stechmücken.

~ 58 ~
    I n den nächsten Tagen kam Michaels Haus samt seinen Bewohnern nicht mehr zur Ruhe.
    Am Tag nach dem Fest stolperte Adolf über Lola und stürzte dabei so unglücklich, dass er der Länge nach auf dem Küchenboden aufschlug. Ein gebrochener Arm und zwei gebrochene Rippen waren die Folge. Xelia gab sich die größte Mühe beim Schienen und Verpacken des Armes – für den Kräuterumschlag ging sie zum ersten Mal in Meran in den Wald, da frische Kräuter besonders wirksam waren –, doch bei den gebrochenen Rippen war selbst sie machtlos. Sie konnte schließlich nicht Adolfs ganzen Leib einschienen! Mit versteinerter Miene saß der kleinwüchsige Mann nun tagsüber in seiner Kammer. Das Gefühl, zu nichts nutze zu sein, lastete so schwer auf ihm, dass er das Essen verweigerte und kaum ein Wörtchen mit jemandem redete. Dass die anderen ihm immer wieder versicherten, seine Arbeiten in den nächsten Wochen gern für ihn mit zu verrichten, machte die Sache nicht besser, ganz im Gegenteil: Er sah ihre Bemühungen nicht als Hilfe an, sondern als ein Zeichen dafür, wie leicht er zu ersetzen, wie unnütz seine Person also in Wirklichkeit war. Im ganzen Trubel fand kaum jemand Zeit dafür, ihm ständig das Gegenteil zu versichern. Philip wäre der Einzige gewesen, der Muße genug gehabt hätte, sich ein wenig um ihn zu kümmern, doch ihm war in der Gegenwart des Zwerges – wie er ihn im Stillen nannte – nicht wohl, und so vermied er, so gut es ging, mit diesem zusammenzutreffen.
    Guiseppa war die Nächste, die für Aufregung sorgte. Und wieder geschah es in der Küche, als läge auf ihr plötzlich ein besonderer Bann.
    Später als sonst hatten sich alle zur Morgenmahlzeitam Tisch versammelt. Zuvor hatte Adalbert Brennholz ins Haus gebracht, Xelia einen riesigen Korb verschmutzter Tücher in einem Bottich Seifenwasser eingeweicht und Michael den Ofen in seinem Behandlungszimmer zum Feuern gebracht – alles Aufgaben, die sonst Adolf erledigte. Nun drängten sie darauf, von Guiseppa den heißen Honigmaisbrei ausgeteilt zu bekommen, um so schnell wie möglich mit ihrem jeweiligen Tagwerk beginnen zu können. Doch kaum hatte diese den Schöpflöffel in der Hand, begann sie zu würgen, als habe sie etwas verschluckt. Unter den Augen der anderen warf sie den Löffel auf den Tisch und rannte aus dem Zimmer. Michael ging ihr nach. Als er zurückkam, war seine Miene verschlossen, fast ärgerlich. »Sie bekommt ein Kind«, war alles, was er sagte. Keine Erklärungen dazu, wie Guiseppa in diese missliche Lage gekommen war oder wer der Vater sein mochte. Xelia biss sich auf die Lippen. Was nun? Würde Michael die Magd hinauswerfen?
    Gegen Mittag ging es Guiseppa wieder besser, und sie bemühte sich, ein besonders feines Essen auf den Tisch zu bringen – wohl, um den Hausherrn damit milde zu stimmen. Doch Michael war immer noch stumm und wütend. Xelia kannte einige Kräuter, nach deren Einnahme eine ungewollte Frucht schneller abging, als sie gepflanzt worden war … Sie kannte aber auch genügend Kräuter, die einem Weib die Monate bis zur Kindsgeburt erleichterten. Dass sie Guiseppa helfen würde, daran bestand für Xelia kein Zweifel, nur in welcher Art?
    Zeit zum Nachdenken blieb ihr keine, denn kaum hatten sie den ersten Bissen gekaut, ertönten vor dem Fenster laute Rufe. Vor der Tür standen drei Männer und wollten hereingelassen werden. Michael fiel fast vom Stuhl, als ihm klar wurde, dass er über der ganzen Aufregung den seit Ewigkeiten angekündigten Besuch dreier hochberühmter Ärzte aus Rom vergessen hatte!
    Die drei waren auf der Durchreise, auf dem Weg nach Norden. Auf ihrer langen Reise hatten sie verschiedene Visiten eingeplant, um den Gedanken- und Wissensaustausch zwischen den Besten ihrer Zunft zu fördern. So war es auch zu dem Besuch bei Michael gekommen, dessen Ruf als Arzt für Kinderheilkunde weitere Kreise zog, als er selbst ahnte. Die drei hatten einen erheblichen Umweg in Kauf genommen, um Michael

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