Die Liebe des Kartographen: Roman
Die Silberdistel â sucht, der sucht vergeblich. Taben ist ein von mir erfundenes Wortspiel, entstanden aus den Ortsamen Teck, Nabern und Owen. In dieser Ecke kann der Leser den Ort gedanklich auf einer Landkarte einordnen â real hat es ihn jedoch nie gegeben.
Umso realer ist ein anderer Schauplatz der Silberdistel und zwar die Stadt Kirchheim unter Teck : Wenn ich unter all den wunderbaren Städten, die ich auf meinen Lese- und Recherchereisen schon kennen lernen durfte, einen ganz persönlichen Favoriten habe, dann ist dies für mich Kirchheim unter Teck. Hier gehen Historie und Moderne Hand in Hand: Im StraÃenbild, das geprägt ist von den mittelalterlichen Fachwerkhäusern. Im Kornkasten, in dem heute das Städtische Museum untergebracht ist. Aber auch im Kirchheimer Schloss , das in den Jahren 1538â1560 unter den Herzögen Ulrich und Christoph als Teil der Landesfestung Kirchheim errichtet wurde und Jahrhunderte lang als Sitz der herzöglichen Witwen gedient hat.
Die wohl bekannteste von ihnen ist Herzogin Henriette von Württemberg (1780â1857), die wegen ihrer klugen Heiratspolitik für ihre vier Töchter zur »GroÃmutter Europas« wurde. Ihre Tochter Pauline heiratete König Wilhelm I von Württemberg. Die Frage, ob diese und andere von Henriette gestifteten Verbindungen sehr glücklich für die Beteiligten ausfielen, bleibt wohl für immer unbeantwortet.
Wer Kirchheim besucht, sollte dem Schloss auf alle Fälle einen kurzen Besuch abstatten! Allerdings sind Besichtigungen nur im Rahmen von Führungen möglich, weitere Infos dazu bekommen Sie von der Schlossverwaltung Ludwigsburg unter Tel.: 071 41/18 20 04 oder vom Pädagogischen Fachseminar unter Tel.: 070 21/97 4554.
Erinnern Sie sich an die Szene in der Silberdistel, als Marga zum Kirchheimer Märzenmarkt aufbricht, um dort ihre selbst hergestellten Strohschuhe zu verkaufen?
Der liebe Gott war gnädig: Am Montag des Märzenmarktes strahlte die Sonne schon frühmorgens vom Himmel herab, und dieser gegen sollte auch den ganzen Tag anhalten. Nicht, dass Regenwetter auch nur eine einzige Menschenseele davon abgehalten hätte, zu kommen! Denn der Märzenmarkt bedeutetet nach dem langen Winter die erste Möglichkeit, Dinge, die im Laufe der letzten Monate ausgegangen oder kaputtgegangen waren, zu ersetzen. Und da nur die Städte das verbriefte Marktrecht innehatten und die Dörfer selbst keine Märkte abhalten durften, war der Märzenmarkt für die Bauern auch eine Möglichkeit, selbst etwas zu verkaufen. So sah man auf allen ZufahrtsstraÃen zur Stadt ganze Trauben von Menschen, die in Richtung Markt pilgerten. Manche zogen hölzerne Handwagen hinter sich her, andere hatten eine Kiepe mit ihren Habseligkeiten auf dem Rücken, wiederum andere waren mit Ochsenkarren unterwegs. Auch fahrendes Volk, das von einem so groÃen Markt magnetisch angezogen wurde, näherte sich mit Pferden und Wagen. SchlieÃlich bot sich auf einem Markt immer die Möglichkeit, ein paar Groschen mit Kunststückchen, Handlesen, Kartenlegen oder auch Diebereien zu verdienen.
Auch Corneliusâ kleiner Haushalt war nach Kirchheim aufgebrochen. Zuvor hatten die Erwachsenen tagelang zusammengesessen und überlegt, welche Anschaffung noch warten könnte und welche keinen Aufschub mehr erlaubte. Doch die Brauns erhofften sich vom Märzenmarkt auÃerdem eine bescheidene Einnahmequelle: Irgendwann im letzten Herbst hatte Marga damit begonnen, für ihre Neffen und Nichten Puppen und Tiere aus Stroh herzustellen, mit richtigen Augen und Mündern, die sie aus getrockneten Eicheln und Tannenzapfen fertigte. Und was ganz wichtig war: Die Figuren waren so fest verknüpft, dass sie auch bei gröberer Behandlung nicht gleich kaputtgingen. Doch im Allgemeinen hüteten die Kleinen sie wie einen Schatz, waren sie doch das einzige Spielzeug, das sie besaÃen. Jerg war es, der die Idee gehabt hatte, Marga könne doch mehr von diesen hübschen Dingern herstellen und sie dann für ein paar Heller im Frühjahr verkaufen. Mit Feuereifer hatte Marga diesen Gedanken aufgegriffen und sich an die Arbeit gemacht. Abend für Abend hatte sich das goldene Stroh verarbeitet, bis ihre Finger zerkratzt und blutig waren. Aber selbst wenn das Blut dabei in Strömen geflossen wäre â sie hätte es nicht gemerkt, so froh war sie, endlich auch etwas zum
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