Die Liebe des Kartographen: Roman
Gesichtern der Menschen geschrieben. Wie schwer war Gottes Gerechtigkeit zu verstehen! (â¦) Die junge Königin war nicht nur schön und klug, sondern hatte ein Herz so weit wie ihre russische Heimat.
Warum nur hatte sie so früh sterben müssen?
(â¦) Nun, da die auf König Wilhelms Wunsch erbaute Kapelle auf dem Rotenberg fertig gestellt worden war, kamen die Menschen hierher, um Katharinas letzte Ruhestätte zu besuchen. Hier droben, so hieà es, nahe der alten Wirtenburg, weit über der Stadt, hatte die Königin sich besonders wohl gefühlt. Als letzten Beweis seiner Liebe hatte Wilhelm die Stammburg der Württemberger in Grund und Boden schleifen lassen, um Platz zu schaffen für Katharinas letzte irdische Heimat.
(â¦) Mit unsicheren Schritten ging Eleonore auf den runden, kuppelförmigen Bau zu, in dem der Sarkophag der Königin auf gebahrt worden war. Der Geruch von Weihrauch und Myrrhe kratzte unangenehm in ihrer Nase, und trotzdem wurde es Eleonore beim Betreten der Grabkapelle leichter ums Herz.«
Eigentlich ist es traurig, dass mir im Zusammenhang mit Königin Katharina von Württemberg als erstes ihre Grabkapelle einfällt. Kaum eine andere Königin hat so viel für Stuttgart und die Menschen im ganzen Land geleistet wie sie. Sie wurde vom Volk hoch verehrt und war überaus beliebt â nicht umsonst nenne ich Katharina gern unsere »schwäbische Sissi«! Aber wer durchs heutige Stuttgart spaziert, dem schaut zwar von allerlei imposanten Denkmälern König Wilhelm entgegen â von Katharina sind weniger sichtbare Spuren zu finden. Dies war übrigens einer der Gründe, warum ich den Roman über Katharina überhaupt in Angriff nahm â ich wollte diese faszinierende Frau so vielen Menschen wie nur möglich zugänglich machen!
Es passt zu Katharina, dass wir sie dort besuchen, wo ihr irdisches Leben endete.
Die Grabkapelle auf dem Rotenberg , die auch gern das »württembergische Taj Mahal« genannt wird, idyllisch inmitten von Weinbergen gelegen, gehört zu den schönsten Aussichtspunkten Stuttgarts. Dort, wo einst Burg Wirtemberg, die Stammburg der Württemberger, hoch über der Stadt prangte, lieà König Wilhelm nach Katharinas Tod zwischen 1820 und 1824 die Grabkapelle durch den Hofbaumeister Giovanni Salucci entwerfen und errichten. Der »Stararchitekt« der damaligen Zeit entschied sich für einen Rundbau, der merklich inspiriert wurde vom römischen Pantheon und der Villa Rotonda bei Vicenza in Italien. Bei der Grabkapelle stehen in alle vier Himmelsrichtungen identische Portiken um einen Zentralbau, der zylindrisch aufgeführt ist. Durch das Glasdach in der Mitte der Kuppel fällt Licht in den Innenraum und in die darunter liegende Gruft.
Neben dem Ort selbst ist auch die Wahl des Baumeisters ein weiterer Tribut, den Wilhelm seiner verstorbenen Gattin zollte: Die architekturbegeisterte Katharina war nämlich eine glühende Bewunderin des italienischen Architekten Giovanni Battista Salucci (1769â1845), der einst aufgrund eines Empfehlungsschreiben des Genfer Bankiers Gean Gabriel Eynard an den Stuttgarter Hof kam, wo er im Jahr 1818 zum Hofbaumeister ernannt wurde. Ãbrigens: Dieser Signore Salucci war eine so interessante Persönlichkeit, dass ich fast in Versuchung komme, ihm einen eigenen Roman zu widmen! Er war übertrieben ehrgeizig, sehr talentiert, gleichzeitig auch etwas divenhaft. Wenn es um seine architektonischen Visionen ging, legte er sich auch mit seinen adligen Auftraggebern an. Letztlich zog er im Dialog mit denselben meist doch den Kürzeren, worunter er sehr litt.
Die Grabkapelle auf dem Stuttgarter Rotenberg gilt als das Hauptwahrzeichen seiner Stuttgarter Arbeiten. Darüber hinaus hat er das Stadtbild Stuttgarts wesentlich mitgeprägt, architektonisch interessierten Städtebesuchern macht es vielleicht SpaÃ, auf seinen Spuren zu wandeln? Erlauben Sie mir jedoch einen kleinen Hinweis an dieser Stelle: Nirgendwo werden Sie ein Bild Saluccis finden â kein Stich, kein Ãlgemälde, kein Gar nichts â allein seine Bauwerke legen Zeugnis davon ab, dass es ihn überhaupt gegeben hat.
Die Grabkapelle auf dem Rotenberg ist vom ersten März bis zum ersten November für Besucher geöffnet.
Sonntag/Feiertag: 10â12, 13â18Â Uhr
Freitag/Samstag: 10â12, 13â17Â Uhr
Mittwoch:
Weitere Kostenlose Bücher