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Die Liebe des Kartographen: Roman

Die Liebe des Kartographen: Roman

Titel: Die Liebe des Kartographen: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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verehrten und inzwischen leider verstorbenen Dr. Klaus Kemmler, seines Zeichens selbst Samenhändler und Gönningen-Kenner, auf dem Roßberg unterwegs war. Die Bäume waren noch blattlos, so dass uns ein wunderbar freier Blick ins Tal gewährt wurde. Außer dem Zwitschern der Vögel war nichts zu hören. Ich entdeckte im verfilzten Gras einige gelbe Blüten, die ich nicht kannte. Und plötzlich fing Klaus Kemmler an, Rainer Maria Rilke zu zitieren, meinen geliebten Rilke:

    Â»â€¦ Ihm bist du neu und nah und gut
    und wunderschön wie eine Reise,
    die er in stillen Schiffen leise
    auf einem großen Flusse tut.
    Das Land ist weit, in Winden, eben,
    sehr großen Himmeln preisgegeben
    und alten Wäldern untertan.
Die kleinen Dörfer, die sich nahn,
    vergehen wieder wie Geläute
    und wie ein Gestern und ein Heute
    und so wie alles, was wir sahn.
    Aber an dieses Stromes Lauf
    stehn immer wieder Städte auf
    und kommen wie auf Flügelschlägen
    der feierlichen Fahrt entgegen …«
    Wir hatten beide Tränen in den Augen, so gefangen waren wir von diesem Augenblick, in dem die Welt einen Moment lang stillzustehen schien. Zu Hause am heimischen Küchentisch wäre eine solche Stimmung gewiss nie zustande gekommen, auch Rilke wäre einem vermutlich nicht eingefallen!
    Aber genau das macht den Roßberg aus. Dort oben liegt etwas in der Luft, gerade so, als ob auf dem Berg eine ganz eigene Energie herrsche. »Alles nur Einbildung!«, dachte ich anfangs, doch dann entdeckte ich während meinerRecherchen, dass der Roßberg seit Menschengedenken eine Art Kultstätte war, an der gemeinsame Gebete stattfanden, Opfer gebracht wurden und man sich zu allerlei Ritualen einfand. Inzwischen vertraue ich meinen eigenen Gefühlen, denn: All die Steinzeitmenschen, Kelten und Germanen können sich doch nicht täuschen, oder? Aber probieren Sie am besten selber aus, ob sich Ihnen die besondere Energie dieses Ortes erschließt! Besuchen Sie den Roßberg, suchen Sie sich einen ruhigen Ort am Albtrauf, schauen Sie hinab ins Tal oder gen Himmel und hören Sie ein wenig in sich hinein. Lauschen Sie den Gesängen des Windes, spüren Sie, wie Ihre Atemzüge tiefer und intensiver werden und schon nach kurzer Zeit werden sie sich erfrischt fühlen und frohen Mutes sein!
    Wer auf den Roßberg will, fährt von Gönningen aus in Richtung Reutlingen-Genkingen. Nach circa zehn Minuten erreicht man einen Wanderparkplatz. Der Fußmarsch bis auf den Gipfel dauert je nach Kondition zwanzig bis dreißig Minuten.
    Der Aussichtsturm hat täglich außer Montagnachmittag und Dienstag geöffnet, der Eintrittspreis beträgt 0,50 €/pro Person. Bevor ich mich auf den Weg mache, rufe ich jedes Mal vorher in der Gaststätte Roßberghaus (Tel.: 070 72/70 07) an, um mich zu vergewissern, dass diese keinen Ruhetag hat. Denn auf eine herrliche, schwäbische Brotzeit würde ich nur ungern verzichten!
    Da wir schon einmal hoch droben auf dem Roßberg sind, wandern wir doch einfach noch ein bisschen weiter über die Schwäbische Alb , den Schauplatz meines Romans Die Silberdistel .
    Wer zum ersten Mal die Alb besucht, wird über die Sprödigkeit der Landschaft mit ihren Maaren, Wachholderheiden, kargen Wiesen und steinigen Äckern vielleicht überrascht sein und Mühe haben, darin etwas Anziehendes zu finden. Die Alb ist keine »laute« Landschaft, sie erschließt sich nicht auf den ersten Blick, sie will erfühlt, erwandert und erobert werden. Die in Jahrtausenden ohne jegliche menschliche Einwirkung entstandenen Felsformationen, so trutzig und fest unter den Wanderschuhen, bringen mich jedes Mal aufs Neue zum staunen! Felsbrocken, Stolpersteine, kleine Handschmeichler und manchmal sogar Steine mit fossilen Einschlüssen – selten fühle ich mich dem Element Erde so nah wie hier! Vor allem nach langen Lesereisen, auf denen Tag für Tag eine neue Stadt auf mich wartet, ziehe ich mich gern für ein paar Tage auf die Schwäbische Alb zurück. Ich genieße die Ruhe und die unvergleichliche Fauna dieser Bergkette, die vor Jahrtausenden ein Meer war. Gerade durch ihre Kargheit gewährt die Schwäbische Alb dem gestressten Stadtmenschen eine Oase der Ruhe, in der der Kopf wieder frei wird, die Gedanken klar, das Zwiegespräch mit dem Partner oder das Gebet zu Gott wieder möglich wird.
    Auch Jerg und Marga,

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