Die Liebe des Kartographen: Roman
Ort der Erholung war. Spaziergänge im Wald kannte man nicht, ganz im Gegenteil: Dort, zwischen düsteren Tannen und verwachsenem Unterlaub, vermutete man Wegelagerer, Gesetzesbrüchige, ganze Banden von Unholden und natürlich â böse Geister! Die dichte Hecke aus stacheligem Weisdorn, wilden Rosenbüschen, Holunder, Haselnuss und anderen Sträuchern am Waldesrand war sozusagen die Trennung der sicheren Welt von der Welt der bösen Buben und Geister. Auch sorgte sie dafür, dass der Wald sich nicht weiter in Richtung Ãcker und Dörfer ausbreiten konnte. Frauen, die sich völlig angstfrei zur Zwiesprache mit der Tierwelt, zum Meditieren oder einfach zum Kraftschöpfen in diese Hecke zurückzogen, waren den Menschen daher mehr als suspekt. Auch heute noch werden die meisten Wälder von dichten Hecken im Zaun gehalten â achten Sie bei Ihrem nächsten Waldspaziergang einmal bewusst darauf! Dort, am windgeschützten, sonnigen Waldrand schenkt die Natur dem Menschen übrigens auch etliche Heilkräuter und -pflanzen, über deren Verwendung unsere Vorfahren selbstverständlich Bescheid wussten: Aus den Früchtender wilden Rose bereiteten sie Hagebuttentee, der Holunderbusch, der als heiliger Baum galt, wurde sogar als die Apotheke des Bauern bezeichnet â jedes Kind kannte den Spruch: »Rinde, Beere, Blatt und Blüte, jeder Teil ist Kraft und Güte, jeder Teil ist segensvoll!«
Heute ist das Wissen über einheimische Heilpflanzen wie den Holunder, das Hartheu oder die Brennnessel leider oft verloren gegangen. Dafür kennen sich die meisten bestens mit der chinesischen Heilkunst, Ayurveda oder indianischen Riten aus. Halloween wird mit schrecklichschrillen Kürbisgeistern gefeiert, die alten bäuerlichen Rituale rund um den Johannitag im Juni kennt dagegen kaum jemand mehr.
Auch ich gucke gern über den Tellerrand, bin neugierig und lerne gern dazu, aber genau so wichtig ist es mir, altes Wissen zu bewahren und wenn möglich, weiterzugeben! Rosa, die Heilerin in meinem Roman, war für mich so eine Möglichkeit.
Sie sehen, die Schauplätze meiner Romane haben ihren Ursprung nicht allein in so realen orten wie Gönningen oder Lauscha. Oftmals spielen weiterreichende Komponenten wie altes Heilwissen, Mythen und Zauberrituale eine Rolle. Ob Sie als Leser diese Untertöne quasi »zwischen den Zeilen« entdecken mögen oder nicht, bleibt ganz allein Ihnen überlassen! Dass jeder selbst entscheiden kann, wie tief, wie lang, wann und wo man in eine Geschichte eintauchen möchte, ist ja gerade das schöne am Lesen. Und jedermanns Kopfkino ist einzigartig dabei!
So hoffentlich auch beim Lesen von Antonias Wille : Der einsam gelegene Berghof im südlichen Schwarzwald inmitten der wilden, urtümlichen und touristisch teilweise noch gänzlich unverbrauchten Landschaften lässt beim Lesen tausend schöne, aufregende Bilder vor dem eigenen, inneren Auge entstehen. Aus diesem Grund habe ich Rombach, das Dorf, um das es in meinem Roman geht,auch nicht an einem speziellen Ort festgemacht. Denn ich glaube, dass jeder, der den südlichen Schwarzwald besucht, sich sein eigenes Rombach erträumt oder es sogar im einen oder anderen Schwarzwalddorf wieder zu erkennen glaubt. Rombach kann überall sein! Auch das ist mir wichtig: Geschichten fangen zwar in meinem Kopf an, aber sie gehen im Kopf meiner Leser weiter.
Der südliche Schwarzwald ist so reich an Kraftorten, herrlichen Plateaus, auf denen man dem Himmel ein bisschen näher ist, geheimnisvollen Wäldern und versteckten Schönheiten, dass es sinnlos wäre, einen Ort ganz besonders hervorzuheben. Durchwandern Sie den Schwarzwald mit wachen Sinnen, seien Sie sich bewusst, den Elementen Feuer, Wasser, Luft und Erde hier besonders eng verbunden zu sein und Sie werden nicht nur der wundervollen Rosanna aus Antonias Wille nahe kommen, sondern auch sich selbst.
Lassen Sie uns einen letzten Abstecher machen vom südlichen in den nördlichen Schwarzwald, genauer gesagt nach Baden-Baden , dem Schauplatz meines Romans Das Blumenorakel .
Für alle, die das Buch nicht kennen: In dieser Geschichte begegnen Sie Hannah, der Samenhändlerin aus Gönningen, wieder. Sie ist inzwischen ein paar Jahre älter geworden und in diesem Roman auch nicht die Hauptperson. Im Blumenorakel dreht sich vielmehr alles um Flora, das Kind, das Hannah einst auf einem
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