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Die Liebe des Kartographen: Roman

Die Liebe des Kartographen: Roman

Titel: Die Liebe des Kartographen: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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fügte sie aus einer Laune heraus hinzu.
    Â»Ich? Schnitzen?« Er schüttelte mit dem Kopf. »Das hab’ ich nie lernen müssen.«
    Schon wieder diese Überheblichkeit in seiner Stimme! »Man muss nicht alles erst lernen, um es zu können«, belehrte sie ihn. »Manche Dinge kann man auch so! Man muss sie einfach nur tun.«
    Â»Dinge, die das alltägliche Leben angehen, vielleicht schon. Aber Dinge, die mit Handwerk und Beruf zu tun haben, nicht! Sonst wäre ja jeder ein Handwerksmeister!« Philip sah aus, als würde er die Lust an ihrem Gespräch schon wieder verlieren. Das wollte Xelia nicht zulassen. »Warum versuchst du nicht einfach, ob du schnitzen kannst? Hier!« Sie gab ihm eine Wurzel, die sie vor einigen Tagen von einem ihrer Ausgänge mitgebracht hatte. »Ein Messer hast du ja. Ein größerer Schöpflöffel würde mir das Wasserholen sehr erleichtern!« Und er hätte etwas Sinnvolles zu tun …
    Eingehend betrachtete Philip das Holz, strich mit seiner Hand über jede Krümmung, wog es hin und her. »Du könntest recht haben. Daraus könnte man wirklich einen guten Becher machen. Aber woher weißt du das alles?« Er ließ nicht locker.
    Plötzlich hatte Xelia das Bedürfnis, ihm eine Antwort zu geben, mit der er etwas anfangen konnte. Dies war das erste Mal, dass sie vernünftig miteinander redeten, und sie wollte nicht diejenige sein, die das Gespräch beendete. »Mein Vater ist Gerber…«, kam es zögerlich. Verriet sie damit nicht schon zu viel?
    Â»Seit meine Schwestern und ich laufen konnten, mussten wir mit anpacken. Da lernt man viel, zum Beispiel, ob aus einem Fell einmal ein besonders gutes Stück Leder wird, oder ob man am besten nur Schnüre daraus macht.« Sie schaute ihn an. Er schien ihr gespannt zuzuhören, ohne sie unterbrechen zu wollen. Die Wurzel hatte er auf seinemSchoß liegen. »Da sieht man den Dingen einfach an, ob sie was taugen oder nicht.« Reichte das als Antwort? Konnte er damit etwas anfangen? »Dein Messer zum Beispiel, das ist nichts Rechtes«, fügte sie hinzu. Er schaute das Messer stumm an, als wolle er ihre Aussage prüfen, und legte es dann weg, ohne seine Miene zu verziehen.
    Â»Und deine Mutter war Heilerin? Wie kommt’s, dass die einen Gerber geheiratet hat?«
    Â»Wenn ich das wüsste!« Xelias Antwort kam bitter, begleitet von einem rauen Lachen. »Der Gerber gehört nicht gerade zu den Menschen, die durch ihre Freundlichkeit überzeugen.« Sie war von ihrer Ehrlichkeit überrascht. Schließlich hätte sie seine Frage auch mit einem unverbindlichen Schulterzucken abtun können.
    Â»Vielleicht hat sie ihn aus einem besonderen Grund heiraten wollen ! So unterschiedliche Paare gibt es öfter, als man glaubt.« Er erzählte ihr von dem Böttchergesellen, der die Witwe seines verstorbenen Lehrherren geheiratet hatte.
    Mit regloser Miene hörte Xelia zu. Der Fall des Böttchers hatte zwar mit dem ihrer Mutter nichts gemeinsam, aber es war das erste Mal, dass Philip mehr als drei Sätze an einem Stück zu ihr sprach.
    Â»Nun, da hat der Böttcher eine ungleich bessere Wahl getroffen! Während er glücklich und zufrieden in seiner Werkstatt lebt, ist meine Mutter tot!« Ohne Schnörkel schilderte sie ihm, wie die Heilerin bei der Geburt des langersehnten Sohnes samt Kind verstorben war.
    Â»Wie böse du dich anhörst!«, wunderte er sich.
    Kurz erschien es ihr, als rücke Philip ein Stück von ihr ab, doch das war in der Enge der Höhle gar nicht möglich.
    Â»Böse? Das ist nicht das richtige Wort.« Sie dachte nach. »Es ist mehr … fast schon Hass. Aber das wirst du nie verstehen können.« Wie hätte sie einem Fremden erklären sollen, dass sie dem Gerber den Tod, die Pest undalles Übel dieser Welt an den Leib wünschte? Sie hätte Feltlin seelenruhig beim Ertrinken in einem See zuschauen können, ohne einen Finger zu krümmen.
    Â»Was hat der Mann dir getan? Er ist doch dein Vater. Und dass er einen Sohn wollte, ist doch normal. Welcher Mann will das nicht?«
    Obwohl er bestimmt klingen wollte, hörte Xelia Unsicherheit aus seinen Worten, als wiederhole er nur das, was er von anderen schon oft gehört hatte. Gerade so, als habe er selbst nichts zu sagen. Er mochte sich mit seiner Kartenarbeit gut auskennen und ein guter Beamter sein, aber

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