Die Liebe des Kartographen: Roman
Luftholen schwer fiel. Gewärmt durch seinen Körper, fühlte sie ihre Glieder schwer werden und schlief bald darauf ein.
Am nächsten Morgen war Philip beim ersten Tageslicht auf den FüÃen. Er ging hinüber zum Haus des Aussiedlerbauern, um nochmals etwas Brot und Käse â diesmalgegen Bezahlung â zu erbitten. AuÃerdem bat er darum, Alois für einen Tag im Heuschober unterstellen zu dürfen. Der Mann willigte sofort ein und bot auch ihnen den Schober für eine weitere Nacht an. Das würde man sehen, meinte Philip unverbindlich. Er müsse heute hinein in die Stadt, und je nachdem, wie zügig er seine Erledigungen tätigen konnte, würde er abreisen. Zuletzt bat er den Bauern um zwei Eimer Wasser.
Zurück in der Scheune, stellte er Xelia und Alois wortlos je einen Wassereimer vor die FüÃe.
Xelia, die sich schon den Mantel übergeworfen hatte, blickte überrascht auf. Während Alois geräuschvoll groÃe Maulvoll Wasser hinuntergurgelte, wusch sie sich von Kopf bis FuÃ, nahm eine Hand voll Heu, schlang es zu einem Knoten zusammen und trocknete sich damit ab, bis ihre Haut rosig und warm war. Dass Philip an das Wasser für sie gedacht hatte, sorgte zusätzlich für innere Wärme.
Seit dem Wachwerden hatten sie noch kein Wort miteinander geredet, und sie überlegte krampfhaft, wie sie anfangen sollte. Lange konnten sie die Entscheidung darüber, wie es nun weitergehen sollte, nicht mehr aufschieben â besser, sie brachten es gleich hinter sich! Sie holte Luft. Vielleicht hatte er ja recht, und es war wirklich besser weiterzuziehen, dachte sie halbherzig.
»Ich â¦Â«, begann Xelia.
»Was â¦Â«, sagte Philip gleichzeitig. Während Xelia wenigstens ein kleines Lächeln gelang, blieb Philips Blick grimmig. »Auch wenn du es für überflüssig hältst â ich habâ nochmals über die ganze Sache nachgedacht.«
Es wurde ein langer Tag für sie.
Sie bezogen einen Späherplatz auf einer kleinen hügeligen Erhöhung etwas abseits des Weges, der auf die HauptstraÃe in Richtung Blaubeuren führte. Von hier oben konnten sie die gesamte Landschaft überblicken. Zusammengekauert saÃen sie hinter einem Wacholderbuschund beobachteten nicht nur den Eingang des Spitals, das eine gute halbe Meile vor ihnen lag, sondern auch den Weg dorthin. Wollten sie Hyronimus helfen, mussten sie erst einmal Einzelheiten über den Tagesablauf des Spitallebens herausfinden, hatte Philip gemeint.
Bald waren ihre Hände und FüÃe steif und verfroren, und Xelia hatte stechendes Kopfweh durch die Kälte bekommen. Wenn sie es gar nicht mehr aushielten, vertraten sie sich abwechselnd die FüÃe, doch weit konnten sie dabei nicht gehen, wollten sie nicht unnötig Aufmerksamkeit auf sich ziehen: Auf der StraÃe herrschte Totenstille, da wären sie dem Wachposten des Spitals, der gelangweilt seine Runden drehte, sofort aufgefallen.
Nichts tat sich, den ganzen Morgen lang. Dann endlich, gegen Mittag, fuhr ein einziges Fuhrwerk, hoch beladen mit Rüben, Kraut und groÃen Fässern, an ihnen vorbei und verschwand hinter den hohen Mauern. Sofort fing Philips Verstand an zu rattern. Bot sich hier vielleicht eine Möglichkeit, unbemerkt ins Spital zu kommen? Konnte man auf diesem Weg womöglich Hyronimus herausschmuggeln? Als das nackte Gerippe des Leiterwagens nur kurze Zeit später wieder davonfuhr, blickte Philip ihm enttäuscht nach. Eine ganze Armee von Männern musste bereitgestanden haben, um so viele Waren in so kurzer Zeit ausladen zu können! Wie hätte man da jemanden verstecken sollen, noch dazu zwischen den durchsichtigen Gitterstäben?
Sie schauten sich an, und Philip erkannte, dass Xelia dasselbe dachte. Geduldig harrten sie weiter aus, als wollte keiner von beiden zuerst aufgeben.
»Ein Feuer«, kam es plötzlich von Xelia. »Wir könnten irgendwo entlang der Mauer ein kleines Feuer legen, um so für Ablenkung zu sorgen. Und dann könnten wir auf der anderen Seite über die Mauer und â¦Â« Unter Philips Blick verstummte sie schlieÃlich. Besser ein schlechter Plan als gar keiner, oder? Trotzig rückte sie ein Stück von ihm ab.Der Gedanke, für nichts und wieder nichts so zu frieren, war ihr unerträglich.
Langsam wurde es schon wieder dunkel. »Das gibtâs doch nicht«, rief Xelia schlieÃlich. »Das
Weitere Kostenlose Bücher