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Die Liebe des Kartographen: Roman

Die Liebe des Kartographen: Roman

Titel: Die Liebe des Kartographen: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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einfach – ein, zwei Fragen reichten, und aus Marlene Steinbrenner, der Bäuerin, sprudelte es nur so heraus. Sie konnte gar nicht mehr aufhören zu erzählen, welche wichtigen Aufgaben ihr und ihrer Tochter im Spital zukamen: dass sie nicht nur für die saubere Wäsche zuständig waren, sondern auch die Kammern derjenigen Kranken säuberten, die dafür zu schwach waren. Damit nicht genug, sie waren außerdem als eine Art Kammerzofen tätig, sie wuschen einige der feineren Weiber des Spitals täglich und kleideten sie ein. Langatmig und in jeder Einzelheit schilderte sie ihren Tagesablauf, und Philip bemühte sich, ein interessiertes Gesicht zu machen. Dass Marlene Steinbrenner sich selbst gern reden hörte und für überaus wichtig hielt, war ihm nicht entgangen. Er plante, sich dies zunutze zu machen. Er würde den richtigen Moment abpassen und dann darüber fabulieren, wie überaus wichtig es war, Hyronimus dort herauszuholen, ein wenig mit dem Geldsäckel wedeln undschon … Xelia würde über sein Verhandlungsgeschick stau nen!
    Da war er sich ganz sicher.
    Als Marlene Steinbrenner einen Schluck roten Wein nahm, nutzte er die Gelegenheit und hob an: »Den Spitalarzt, Adalbert Hyronimus, kenne ich von früher …«
    Schlagartig verdüsterte sich ihr Gesicht, und die Quelle, aus der es vorher so emsig gesprudelt hatte, schien auf einmal versiegt zu sein. Sie sagte keinen Ton.
    Philip versuchte, ein freundliches Gesicht zu machen. Es war so überaus wichtig, dass er das Weib für sich einnehmen konnte! »Hyronimus war mein alter Lehrer in Tübingen.«
    Â»So?«, kam es spröde zurück.
    Â»Ja, ein sehr freundlicher Mensch, finden Sie nicht auch?« Während Xelia die Steinbrenner mit Du anredete, hatte er die formalere Form beibehalten.
    Die Frau zuckte nur mit den Schultern.
    Verdammt! Hyronimus schien sich im Spital nicht gerade viele Freunde gemacht zu haben. Oder wie sollte er Marlenes Schweigen sonst deuten? Krampfhaft überlegte Philip, wie er nun fortfahren sollte.
    Für einen langen Augenblick sagte keiner etwas. Gerade, als das Schweigen peinlich zu werden begann, warf Xelia ein: »Wir hätten ihn gern besucht. Er soll ein guter Arzt sein, und es gäbe da einiges, über das ich mich mit ihm hätte austauschen wollen. Aber…, wir sind nicht ins Spital eingelassen worden. Es heißt, dass Hyronimus nun selbst am Aussatz erkrankt sei …«
    Schulterzucken. Schweigen.
    Marlenes wichtigtuerisches Gehabe war auf einmal wie weggeblasen. Sie kratzte mit ihrem rechten Daumennagel über den Tisch. »Es wird viel geredet …«, kam es fast unhörbar.
    Philip stutzte. Was hieß das? Was wusste Marlene? Ungeduldig rutschte er auf der Bank hin und her. Am liebstenhätte er jede weitere Information aus dem Weib herausgeschüttelt. Stattdessen nahm er einen Schluck Wein und zwang sich zur Ruhe.
    Â»Habt ihr keine Angst? Wenn man täglich so eng mit den Kranken beieinander ist wie ihr – ist da die Gefahr nicht sehr groß, selbst auch zu erkranken? Wenn es sogar einen Arzt erwischt hat …« Xelia klang so arglos, dass Philip sie für ihr schauspielerisches Talent nur bewundern konnte. Irgendetwas führte sie im Schilde.
    Â»Wir sind vorsichtig!«, kam es stolz von Barbara. »Wir tragen einen Schleier überm Gesicht und waschen unsere Hände, wann immer wir einen Kranken berühren. Man muss halt aufpassen …«
    Xelia zeigte sich entsprechend beeindruckt.
    Â»Und außerdem«, warf nun ihre Mutter wieder ein, die es doch nicht lange aushielt, ein Gespräch nur als Zuhörerin zu verfolgen, »außerdem werden wir für unsere gefährliche Arbeit fürstlich bezahlt.« Triumph lag in ihrem Blick. Dass sie sich für mindestens zehnmal wichtiger hielt als jede nach Stuttgart gerufene Heilerin, war ihr anzusehen. »Unser Lohn würde ein halbes Dorf satt machen, ha! Nicht, dass nicht jeder Heller davon ehrlich verdient wäre, weiß Gott!«
    Ihr Mann nickte heftig. »Ja, es gibt wohl kaum reichere Leut’ in der Gegend als uns.« Stolz lag in seinem Blick, als sei er derjenige, der den Reichtum herbeischaffte.
    Philip spürte, wie sein Herz in die Hose rutschte. Wenn Geld die Steinbrenners nicht locken konnte, wie sollte er sie da jemals überreden, ihm zu helfen? Er spürte Panik in sich aufkommen, und auf

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