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Die Liebe des Wanderchirurgen

Die Liebe des Wanderchirurgen

Titel: Die Liebe des Wanderchirurgen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Serno
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alles.«
    Don Pedro nickte. Als er merkte, dass Vitus nicht weitersprechen wollte, räusperte er sich und sagte: »Meine Frau ist tot. Sie starb vor drei Jahren an Brustfraß. Ich habe viele Messen in der Kathedrale von Cádiz lesen lassen und den Allmächtigen immer wieder angefleht, er möge Fernanda von der Krankheit befreien und die Geschwüre in meinen Körper verpflanzen, aber meine Gebete wurden nicht erhört. Seitdem bin ich Witwer.«
    »Ich weiß, was Ihr durchlitten habt. Auch ich habe einmal eine Frau verloren. Sie hieß Arlette, und sie starb den Schwarzen Tod. Ich habe Gott seinerzeit ebenfalls den Tausch angeboten, viele, viele Male, aber er ließ sich nicht darauf ein.«
    »Die Wege des Allmächtigen sind unergründlich.«
    Beide Männer schwiegen und hingen ihren Erinnerungen nach.
    Dann stand Vitus auf und holte zwei Gläser, die er mit Brandy füllte. Eines davon gab er Don Pedro und sagte: »Mein bester Freund ist Spanier, er heißt Ramiro García und befindet sich verletzt auf der
Santa Maria de Visón,
der wir auf den Fersen sind, weil ich ihn unbedingt behandeln will. Warum sollte ich nicht einen zweiten spanischen Freund haben?«
    »Ja, warum nicht«, sagte Don Pedro.
    Sie blickten einander an und hoben die Gläser.
    »
Salud,
Pedro.«
    »
Cheers,
Vitus.«
     
     
     
    McQuarrie stand seit Stunden auf dem Kommandantendeck. Er hatte Hunger und Durst, und er sehnte sich nach seiner Koje, aber in diesem Augenblick rief der Ausguck im Fockmast: »Schiffe! Spanische Schiffe voraus!«
    »Wie viele?«, brüllte McQuarrie.
    »Drei, Sir!«
    »Gut! He, Mister Abbot, der Mann am Kolderstab soll weiter Kurs halten! Und lasst die Marse setzen, wir wollen näher ran!«
    »Aye, aye, Sir!«
    »He, Läufer!«
    »Sir?«
    »Meine Empfehlung an den Cirurgicus, wir hätten drei Schiffe der Dons gesichtet. Sag ihm, er sei auf dem Kommandantendeck willkommen. Los, schwing die Hacken!«
    »Aye, aye, Sir!«
    Während McQuarrie Befehl auf Befehl brüllte und die
Camborne
für alle Fälle gefechtsbereit machen ließ, erschien Vitus an seiner Seite, grüßte kurz und spähte nach vorn. Gleiches tat Don Pedro, der mitgekommen war, obwohl er keine ausdrückliche Einladung erhalten hatte.
    Die Schlechtwetterfront war näher gerückt, die hellen Rahsegel der Spanier hoben sich deutlich vor den dunklen Wolken des Horizonts ab. Die
Camborne,
die wie die
Falcon
zu der neuen Klasse der von dem genialen Matthew Baker entwickelten
Race ships
gehörte, schloss rasch auf. Vitus schirmte die Augen gegen den Nieselregen ab und spähte angestrengt nach vorn. »Ich glaube, sie ist es!«, rief er.
    »Was meint Ihr, Sir?«, brüllte McQuarrie zurück.
    »Wir haben sie! Ich glaube, wir haben die
Santa Maria de Visón
entdeckt, sie kreuzt in der Mitte der drei Spanier, ich erkenne sie am Heck, wo sie das Kreuz
Sant
Jago de Compostela
trägt.«
    »Ja, sie ist es«, pflichtete Don Pedro bei. »Die beiden anderen Schiffe erkenne ich nicht, aber sie gehören ebenfalls dem Levante-Geschwader an.«
    »Und alle drei scheinen etwas gegen uns zu haben, denn sie öffnen ihre Geschützpforten und zeigen uns die Zähne«, ergänzte McQuarrie grimmig. »Don Pedro, es wird nicht mehr lange dauern, und uns fliegt Eisen um die Ohren. Wenn Ihr unter Deck gehen wollt, wird Euch das niemand verübeln.«
    »Ich bleibe!«, rief Don Pedro und zog seine Schwerwetterjacke fester um die Schultern.
    Die drei spanischen Schiffe hatten unterdessen Tuch weggenommen und standen fast querab zu der aufschließenden
Camborne
 – ein überraschendes Manöver, durch das sie ihren englischen Gegner
in die Zange nehmen konnten. Ganz so, wie es der
Santa Maria
fünf Tage zuvor ergangen war.
    »Wir werden sie auf Abstand halten«, brüllte McQuarrie, und wenn es ihrer zehn wären!«
    »Kampfsicheln an die Rahnocken, Sir?«, fragte Abbot, der triefnass das Kommandantendeck erklommen hatte.
    »Nein! Doppelte Besetzung der Drehbassen, wir wollen uns die Dons vom Leibe halten. Und lasst Scharfschützen in den Masten postieren, die Dons tun es auch, und sie zielen verdammt gut, wie unser guter Captain Steel am eigenen Leib erfahren musste.«
    »Aye, aye, Sir!« Abbot wollte abdrehen und die Befehle ausführen, wurde aber von McQuarrie daran gehindert. »Mister Abbot!«
    »Sir?«
    »Ihr lasst backbord- und steuerbordseitig nach freiem Ermessen feuern« – McQuarrie zog Abbot nah an sich heran, damit die anderen ihn nicht hören konnten – »und gib’s ihnen feste,

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