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Die Liebe des Wanderchirurgen

Die Liebe des Wanderchirurgen

Titel: Die Liebe des Wanderchirurgen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Serno
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bevor.«
    »Jawohl, Sir, mit Freuden, Sir!«
    Vitus verließ die Station und stieg wieder hinauf auf das Kommandantendeck. Er war in Gedanken, denn nicht nur McQuarrie, sondern auch der gesamten Besatzung standen schwere Tage bevor. Ohne Führung fuhr kein Schiff. Aber was hätte er tun sollen?
    Don Pedro stand an der Querreling und grüßte freundlich, Vitus trat neben ihn und sagte übergangslos: »McQuarrie hat die Ruhr.«
    Don Pedro erschrak. »Die
disentería?
Allmächtiger! Und wer soll nun das Schiff führen?«
    Ich weiß es nicht, wollte Vitus sagen, aber bevor er sprach, kam ihm ein Gedanke, der so kühn war, dass er ihn zunächst für sich behielt. Nach einer Weile sagte er: »Die
Camborne
läuft so brav wie ein Gaul, der allein nach Hause findet.«
    Don Pedro stutzte. »Meinst du, das reicht?«
    »Aber ein Gaul scheut bei Sturm, und wenn er keinen Reiter hat, der ihn führt, rennt er blindlings drauflos und läuft sich zu Tode.«
    »Was willst du damit sagen?«
    »Unser Gaul rennt auch in einen Sturm.«
    »Schon richtig. Und?«
    »Hör mal, Pedro, ich wollte dir sagen, seitdem Captain Steel tot ist, besteht aus meiner Sicht überhaupt kein Anlass mehr, am Ende unserer Reise ein Lösegeld für dich zu verlangen.«
    »Oh, das freut mich. Ich danke dir.«
    »Ich könnte mir vielmehr vorstellen, dafür zu sorgen, dass du zurück in deine Heimat kannst.«
    Don Pedro wandte sich Vitus zu und blickte ihn an. »Das ist mehr, als ich erwarten konnte. Aber wie kommst du plötzlich auf solche Gedanken? Dahinter steckt doch etwas? Heraus mit der Sprache.«
    Vitus gab den Blick zurück und sagte langsam: »Ich möchte, dass du als Capitán die
Camborne
übernimmst. Es gibt außer dir niemanden, der die seemännische Erfahrung dafür hat, mich eingeschlossen.«
    »Das ist nicht dein Ernst.«
    »Mir war selten etwas so ernst.«
    »Aber, aber …!« Don Pedro gestikulierte wild, was sonst nicht seine Art war. »Ein gefangener spanischer Admiral, der im Krieg gegen England ein englisches Schiff nach Portsmouth segelt, wie stellst du dir das vor? So etwas hat es noch nie gegeben!«
    »Ich weiß. Aber vielleicht hat es auch noch nie eine solche Situation gegeben.«
    »Das mag sein.«
    »Oder traust du es dir nicht zu?«
    »Vitus, mein Freund, komme mir nicht so! Natürlich traue ich es mir zu.«
    »Du machst es also?«
    Don Pedro kämpfte mit sich.
    »Du machst es also?«
    »Wenn du mir dein Wort gibst, dass ich dieses Schiff niemals gegen meine Landsleute ins Gefecht führen muss.«
    »Du hast es. Sofern du mir dein Wort gibst, die
Camborne
nach England und nirgendwohin sonst zu segeln.«
    »Du hast es.«
    »Ja, dann …«
    »Dann?«
    »Willkommen an Bord, Capitán Don Pedro de Acuña!«
     
     
     
    »Wenn zwei Feunde etwas wirklich wollen, kann ihnen die ganze Welt entgegenstehen, sie werden es trotzdem schaffen. Genauso wird es mit mir und Don Pedro sein.« Vitus hatte soeben dem staunenden Zwerg in allen Einzelheiten von dem Kommandowechsel berichtet.
    Der Winzling nahm den großen Kochlöffel aus dem Suppenkessel und stülpte sein Mündchen vor: »Wui, wui, Örl, der span’sche Peter is’n fitzer Gack, er wird’s schon richten, aber wie soll er truschen mit den Gacken vorm Mast? Obacht un wahrschau! Er truscht span’sch un die andern angelsch.«
    Vitus kostete von der Suppe. Der Zwerg hatte, wie es seine Art war, von allem reichlich hineingegeben, ohne darauf zu achten, ob die Vorräte es erlaubten oder nicht. In seinem heutigen Machwerk schwammen große Stücke Pökelfleisch, was die Suppe einerseits schön dick, andererseits aber auch sehr salzig machte. Vitus verzog das Gesicht und antwortete: »Die Sprache wird kein Hindernis sein. Manoel und Diego werden Don Pedro bei der Führung unterstützen. Sie kennen mittlerweile alle englischen Kommandos und können bei Bedarf übersetzen.«
    »Wui, wui, wenn du’s sagst, Örl.«
    »Ach, da ich gerade hier bin« – Vitus rührte die Suppe für den Zwerg um –, »du bist doch Blutstiller und hast manchmal den sechsten Sinn: Glaubst du, dass der Magister und ich wieder zusammenkommen?«
    Der Winzling kratzte sich mit seinem Puppenfinger im roten Haarschopf. »Wui, das is ’ne Sach! ’s is schwer zu holmen, ’s kann sein, ’s kann auch nich sein. Kann’s nich genau spähn, ’s is alles so wuselig im Futur.«
    Enttäuscht gab Vitus den Löffel zurück. »Du machst mir wenig Hoffnung.«
    »Wiewo, auf Flössel folgt Blauspreit, Örl.« Der Zwerg rührte emsig die

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