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Die Liebe des Wanderchirurgen

Die Liebe des Wanderchirurgen

Titel: Die Liebe des Wanderchirurgen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Serno
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Tipperton mit der Auszahlung fertig ist, will ich meine
Falcon
ins Dock verholen lassen. Die Reparatur wird ihre Zeit dauern, und ich werde derweil zu meiner Maggy und ihren Biskuits zurückkehren. Das Wichtigste aber habe ich hier.« Taggart holte das Gesangbuch hervor, in das er bei der Amputation so heftig gebissen hatte.
    »Das Gesangbuch, Sir?«
    Taggart grinste sein schiefes Grinsen. »Es ist ein Gesangbuch der besonderen Art, Cirurgicus. Es wurde präpariert. Sämtliche Aufzeichnungen Tippertons über Umfang, Ausrüstung und Bewaffnung der Armada finden sich darin. Ein kleiner Wandel vom
In dulci jubilo
zum Kanonendonner sozusagen. Werde Walsingham noch heute Abend persönlich das Buch übergeben und ihn auffordern, ›Gesangsstunden‹ zu nehmen. Ich hoffe, er wird sich freuen. Wollt Ihr mich begleiten?«
    »Das würde ich gern, Sir.« Vitus musste daran denken, dass er Isabella versprochen hatte, sie für die nächste Zeit in London unterzubringen. Deshalb auch sein Auftrag an den Zwerg, zwei Zimmer im
Old Swan
vormerken zu lassen. »Aber ich habe heute noch einige, äh, wichtige Verpflichtungen.«
    Taggart lachte gutmütig. »Verstehe. Der Cirurgicus hat sich wieder in den Earl verwandelt. Solltet Ihr abends bei Hofe sein, richtet unserer
Lady
meine untertänigsten Grüße aus. Die Reise wäre sehr erfolgreich gewesen und so weiter und so weiter. Alles Nähere würde sie schriftlich von Seiner Exzellenz, dem Staatssekretär Sir Francis Walsingham, erfahren.«
    »Gern, Sir.« Vitus ging bewusst nicht näher auf Taggarts Worte ein. In der Tat hatte er einige Verpflichtungen – oder besser: Versprechungen –, die er Isabella gegenüber einlösen musste. Dazu gehörte auch der Besuch eines Bankhauses und die Beschaffung einer größeren Summe. »Ich wünsche Euch von Herzen alles Gute, Sir. Ach, noch etwas: Wenn Ihr Sir Francis das Buch übergebt, richtet ihm meine besten Empfehlungen aus, ich könnte ihn leider nicht persönlich aufsuchen, wie gesagt, die Verpflichtungen.«
    »Verstehe, verstehe.«
    »Habt Ihr in Osborne auf der Isle of Wight einen tüchtigen Arzt?«
    »Den alten Scrap, ja. Ob er tüchtig ist, fragt sich. Manche halten ihn eher für einen Rossschlächter, aber für ein paar neue Verbände an meinem Stumpf wird es schon reichen.«
    »Dann Gott befohlen, Sir, und grüßt mir herzlich Euer Weib.«
    »Gott befohlen, mein Junge, äh, Mylord.« Taggart legte Vitus die Hand auf die Schulter, was bei ihm einer innigen Umarmung gleichkam. »Grüßt Mylady und die Kinder. Sie mögen blühen und gedeihen.«
    Vitus lachte. »Das werde ich. Wenn Ihr erlaubt, Sir, empfehle ich mich jetzt, meine Kiepe steht schon unten auf der Pier.«
    »Erlaubnis erteilt.«
    Taggart winkte Vitus nach.
     
     
     
    Es war die erste Nacht, die Isabella in London weilte, und es sollte eine Nacht werden, die sie nie vergessen würde. Eine Nacht voller Fährnis, Angst und Schmerzen.
    Doch bevor der dunkle Teil des Tages begann, hatte sie wieder eine ihrer heftigen Streitereien mit dem Wundschneider gehabt. Vitus, Cirurgicus, Mylord, Örl, Sir – oder wie immer er sich ansprechen ließ – hatte einfach zu albern gewirkt mit seiner Kiepe, die ihn wie eine alte Frau aussehen ließ, und mit seinem Stecken, der an die Gehhilfe eines Greises erinnerte. Dazu kam noch ein Paar unsäglich gelber Pantoffeln, die er ganz offenbar mit Stolz trug. Ausgelacht hatte sie ihn. So etwas wollte ein echter Graf, ein Conde sein? Grotesk!
    Er hatte ihr erklärt, er mache sich nichts aus teuren Kleidern, die Kiepe, der Stock und die Schuhe seien lieb gewordene Erinnerungen. Lächerlich! Wenn so etwas Erinnerungen waren, musste er ein grausames Schicksal hinter sich haben, und so sah er eigentlich nicht aus. Im Gegenteil, obwohl er nur ein Engländer war, sah er berückend gut aus, und stark war er, sehr stark sogar …
    Und Wort hielt er auch, denn er hatte ihr, nachdem sie in das Zimmer im
Old Swan
eingezogen war, einen Hirschlederbeutel mit zwanzig Pfund klingender Münze gegeben – dieselbe Summe, die sie seinerzeit in Portsmouth von Taggart erhalten hatte, nur mit dem Unterschied, dass er nicht einmal einen Schuldschein haben wollte. Danach hatte sie sich Feder, Tinte und Papier auf ihr Zimmer bringen lassen und an einen entfernten Verwandten in La Coruña einen Brief geschrieben. Der Verwandte hieß Juan Amadeo de Ribera. Sie berichtete ihm von der
Falcon
und ihrem Auftrag und versicherte, Capitán Taggart würde die Zusammensetzung

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