Die Liebe Und Wie Sich Leidenschaft Erklaert
befürchten. Entsprechend bescheiden ist sein Einsatz. Schläft er jetzt mit seiner Partnerin, ejakuliert er nur rund 100 Millionen Minisoldaten seiner Liebesarmee.
Ganz anders sieht die Situation aus, wenn die Frau in der Zwischenzeit außer Haus oder der Mann in den drei Tagen selbst auf Achse war. Aus Sicht seiner Gene ist die Gefahr, dass sie ihn mit dem ominösen Gärtner hintergangen hat, nun zumindest nicht mehr gleich null. Schon geht der Mann auf Nummer sicher und erhöht sein Investment schlagartig auf 500 Millionen Spermien. [213] Und was vielleicht das Erstaunlichste ist: Diese Rationierungen bleiben, wie die Forscher nachweisen konnten, völlig aus, wenn der Mann nur masturbiert. [214]
Kuckuckseier
Die Theorie des Spermienkriegs klingt eher nach Science-Fiction als nach Science. Und tatsächlich sind viele der Überlegungen von Baker und Bellis noch hochspekulativ. Dennoch ist das Phänomen aus dem Tierreich wohl bekannt. Neuere Studien belegen sogar, dass die Spermienkonkurrenz dort weitaus verbreiteter ist, als man dachte.
Beispielsweise sind Forscher lange davon ausgegangen, dass die meisten Vögel »Ehen« schließen, also weitgehend monogam leben – ähnlich wie wir. Seitdem man der geflügelten Art jedoch mit modernen molekularbiologischen Ergbutchecks (»genetischer Fingerabdruck«) auf den Grund geht, stellt sich heraus, dass es mit ihrer Treue doch nicht so weit her ist. Rund 90 Prozent der Vogelarten sind, wie man heute weiß, dem Seitensprung nicht abgeneigt. Im Schnitt beträgt die Zahl der »Kuckuckskinder« sogar bei denjenigen Vögeln, die dem äußeren Anschein nach monogam leben, über zehn Prozent. [215]
Auch unseren nächsten Verwandten, den Affen, ist der Spermienkrieg alles andere als fremd. Als guter Gradmesser für das Ausmaß, in dem dieser »Krieg« stattfindet, gilt die relative Hodengröße. Je größer der Hoden, desto größer die Spermienproduktion und desto erbitterter auch die Spermienkonkurrenz.
Gibbon-Weibchen etwa paaren sich nur selten mit anderen Männchen als ihrem festen Partner. So muss das Gibbon-Männchen auch nicht so viele Samenzellen bilden. Das heißt: Sein Hoden ist klein.
So treu der Gibbon ist, so freizügig geht es beim Schimpansen zu – einen viel promiskeren Affen gibt es nicht. Sobald ein Weibchen fruchtbar ist, schwillt ihr Hintern zu einer riesigen rosa Blüte an, und man muss schon ein sehr kurzsichtiger Schimpanse sein, um dieses eindeutige Sexsignal zu übersehen. Auf die Schimpansenherren hat der geschwollene Hintern magische Wirkung. Sie stellen sich buchstäblich in eine Schlange, um mit dem fruchtbaren Weibchen zu kopulieren. Nicht selten wartet gut ein halbes Dutzend erregter Männchen darauf, an die Reihe zu kommen.
Die Spermienkonkurrenz könnte somit kaum höher sein. Entsprechende Ausmaße nimmt der Hoden des Schimpansen an.
Und wir Menschen? Der Mensch befindet sich, sowohl was die Hodengröße als auch was das vermutete Ausmaß an Spermienkonkurrenz betrifft, genau zwischen diesen beiden Extremen. [216]
Dabei ist die relative Hodengröße natürlich nur ein indirekter Indikator. Ein Maß, das objektive Auskunft über die Dimension der Spermienkonkurrenz bei uns geben würde, wäre die tatsächliche Zahl der Kuckuckskinder.
Allerdings sind auf diesem Feld kaum glaubwürdige Statistiken zu finden. Standardwerke der Genetik sprechen häufig von einer Kuckuckseirate von zehn Prozent. [217] Diese Zahl wird zwar immer wieder zitiert, beruht aber auf Blutgruppenuntersuchungen, die unpräzise sind.
Bislang gibt es nur eine einzige Studie, in der man sich der modernen Methode des genetischen Fingerabdrucks bedient und zugleich eine große Stichprobe untersucht hat. Diese Studie aus der Schweiz an 1607 Kindern und ihren »Eltern« ergab, dass bei elf Kindern die Gene nicht vom offiziellen Vater stammen konnten, sprich: eine Kuckuckseirate von 0 , 7 Prozent. [218]
Damit ist es also, rein statistisch gesehen, nicht ganz korrekt, wenn man bei uns Menschen vom »Vögeln« spricht.
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