Die Liebe Und Wie Sich Leidenschaft Erklaert
so...
LUKAS (SPÖTTISCH):
Ich hab ja nicht gewusst, dass ich eine Prinzessin geheiratet habe.
LISA (WÜTEND):
Und ich hab nicht gewusst, dass ich einen Geizhals geheiratet habe! [228]
Lisa trägt ihre Beschwerde nicht gerade sanft vor, sondern vorwurfsvoll. Dennoch hätte Lukas sich zusammenreißen und auf Lisas Ärger eingehen können. Das tut er nicht. Stattdessen setzt er noch eins drauf. So geraten die beiden in den Abwärtssog.
Paare, die der Versuchung, Gleiches mit Gleichem zu vergelten, nicht widerstehen können, so haben die Eheforscher entdeckt, befinden sich in ihrer Beziehung häufig auf einem gefährlichen Weg nach unten.
Die Studie an den 130 Ehepaaren ergab noch einen aufschlussreichen Befund. [229] Gottman und seine Kollegen stellten fest, dass schon die ersten Sätze einer Auseinandersetzung reichen, um eine Prognose über die Ehe abgeben zu können. Das hat einen einfachen Grund: Bereits die Eröffnung des Streits legt in hohem Maße fest, wie sich der weitere Schlagabtausch entwickeln und wie er enden wird. Aus diesem Grund genügt eine Auswertung der ersten drei Minuten des Disputs, um vorherzusagen, ob ein Paar sich in den nächsten Jahren trennen wird oder nicht. [230]
Paare, die auf ein Beziehungsende zusteuern, zeigen dabei wiederum ein typisches, destruktives Muster: Meist beginnt die Frau mit einem »groben Auftakt«. [231] Wie am Beispiel von Lisa und Lukas dargestellt, äußert sie ihren Ärger nicht in Form einer behutsamen Beschwerde, sondern in Gestalt einer Attacke. Der Ehemann ist daraufhin sofort eingeschnappt. Statt die Klage seiner Frau ernst zu nehmen, kontert er mit einem Gegenangriff.
Diese zwei Faktoren, der grobe Auftakt der Frau und das Weigern des Ehemannes, auf die Klage seiner Gattin einzugehen, haben
sich in Gottmans Studien als Untergangsboten ersten Grades erwiesen. [232]
Wie streiten sich stattdessen die Paare, deren Ehe die besten Aussichten hat? Sie zeigen von Anfang an wenig negative Verhaltensweisen, wie Kritik oder Spott. Die Frauen bringen eine Beschwerde behutsam vor. Die Männer reagieren daraufhin nicht gleich beleidigt. Sie schmettern die Klage ihrer Gattinnen nicht ab, sondern nehmen das angesprochene Problem ernst.
Bei den meisten Paaren ist es übrigens so, dass die Frauen die Probleme der Partnerschaft ansprechen, während die Männer sich notorisch davor drücken. Insofern ist das Schema »klagende Frau – abwehrender Mann« weit verbreitet. [233] Frauen sind, auch wenn das nach einem alten Klischee klingt, weitaus sensibler für Beziehungsknackpunkte. In der Regel machen sie sich, wie Studien zeigen, überhaupt mehr Gedanken über die Partnerschaft als Männer. [234]
Viele Frauen verfügen über ein besseres Einfühlungsvermögen als Männer. Der britische Psychologe Simon Baron-Cohen von der Universität Cambridge geht sogar so weit, dass er behauptet: Die Gehirne von Frauen sind von Natur aus auf Empathie gepolt. Mit ihren »E-Hirnen« (E für Einfühlungsvermögen) können sie die Regungen ihrer Mitmenschen schneller erkennen als Männer, die die Welt mit ihren »S-Hirnen« (S für Systematik) eher systematisch-technisch zu erfassen versuchen. [235]
Auch die Paarforscher sind in ihren Versuchen immer wieder auf folgendes Gesetz gestoßen: Die Frau ist das »Barometer« der Beziehung. An ihr lässt sich ablesen, wie es um die Partnerschaft steht. [236]
Zurück zu den Streithähnen. Der Dialog eines glücklichen Ehepaares könnte sich ungefähr so anhören:
LUKAS (GENERVTES GESICHT):
Lisa, was ist los?
LISA (VERÄRGERT):
Ich mache mir Sorgen. Ich finde, wir müssen sparen. Denkst du denn gar nicht daran?
LUKAS:
Naja, ich weiß nicht... Warum machst du dir denn solche Sorgen?
LISA:
Ich würde gern für unseren Urlaub sparen.
LUKAS:
Mmh, ja. Vielleicht könnten wir ja beide etwas vorsichtiger mit dem Geld umgehen...
LISA (ERSTAUNT):
Wieso? Findest du, dass ich das Geld zum Fenster hinausschmeiße?
LUKAS (LÄCHELND):
Nein, ich meine nur, es wäre gut, wenn wir beide ein bisschen drauf achten.
LISA (LÄCHELND):
Ja, versuchen wir es.
Soso, werden Sie jetzt vielleicht sagen, netter Bilderbuchdialog, nur leider etwas praxisfern. Wenn man sich wirklich uneinig ist, wenn man sich richtig ärgert, kann man doch nicht mehr besonnen reagieren. Das gelingt doch keinem!
Nun, Sie haben Recht. Es ist alles andere als einfach. Und doch gibt es Paare, die es schaffen, konstruktiv miteinander zu streiten. Sie gehen auch nach Jahren der
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