Die Liebe Und Wie Sich Leidenschaft Erklaert
dann aber verärgert ab, kommt wieder zurück zum Klammern, wendet sich wieder ab, usw. Auch von der Mutter lässt sich das aufgebrachte Kind jetzt nicht mehr beruhigen. [279]
Fasst man die Bindungsstudien zusammen, so stellt sich heraus: Die meisten Kinder, 62 Prozent, zeigen ein bindungssicheres Verhalten. 23 Prozent sind »Vermeider«, 15 Prozent erweisen sich als bindungsängstlich.
Ist das nicht verblüffend? Diese Zahlen stimmen zwar nicht haargenau mit den Zahlen der Liebesstile überein, aber ähnlich sind sie doch. Auf Grund dieser Beobachtungen spekulieren viele Forscher deshalb auch, dass die Wurzeln unseres Liebesstils in der frühen Kindheit zu finden sind. [280]
Sicherer lieben
Die Bindungsforschung zeigt uns einmal mehr, dass jeder von uns seine eigene, komplizierte Vergangenheit mit in eine neue Beziehung trägt – das kann einerseits Gutes, andererseits die eine oder andere Schwierigkeit mit sich bringen.
Nehmen wir an, ein vermeidender Mann trifft auf eine ängstliche Frau. Schon nach kurzer Zeit wirft er seiner Frau vor, sie gebe ihm keinen Freiraum, lasse ihm keine Luft zum Atmen. Sie
dagegen fühlt sich von ihm zurückgestoßen, was sie als eine persönliche Ablehnung empfindet.
Dabei reagieren beide nicht nur aufeinander, sondern auch auf die Stimmen ihrer Vergangenheit. [299] Er lehnt sie nicht ab, weil er sie nicht mag, sondern weil er irgendwann gelernt hat, dass ihn der Abstand seinerseits vor Ablehnung schützt. Sie will jeden Abstand vermeiden, indem sie sich an ihn klammert.
Wenn beide die wirkliche Ursache für ihr Verhalten erkennen, sind damit natürlich nicht sofort alle Probleme gelöst. Es wird ihnen so aber leichter fallen, ihre Unterschiede zu verstehen und zu akzeptieren. Er könnte lernen, dass er nichts zu befürchten hat, wenn er sich auf sie einlässt. Das wiederum würde sie zuversichtlicher, sicherer machen.
Jeder von uns kann, wenn er das will, lernen, »sicherer« zu lieben. Einfach ist das nicht. Wer seinen Denkstil ändern möchte, muss bei sich selbst anfangen, und das ist schon anstrengend genug. Wer Sicherheit in der Liebe finden will, muss sich ganz und gar auf seinen Partner einlassen. Er ist in höchstem Maße auf den anderen angewiesen, der ihm diese Sicherheit auch geben muss.
Worauf kommt es dabei an? Was brauchen wir von unserem Partner? Oder umgekehrt: Was können Sie Ihrem Partner geben, damit er oder sie sich sicher bei Ihnen fühlt?
Vermutlich hat es Sinn, die Antwort dort zu suchen, wo die Ursache begraben liegt. Das, was bei einem Kind zu einem sicheren Bindungsstil führt, ist konsistente Zuwendung. Vieles spricht dafür, dass genau dies, das Gefühl, dass der andere für einen da ist, wenn man ihn braucht, in einer späteren Partnerschaft eine vergleichbare Wirkung hat. [300] Die stete Zuwendung ist somit ein entscheidender Baustein für die Liebe. Zuwendung ist das, was uns zusammenhält. In der Zuwendung liegt, wie wir sehen werden, die erste Liebesformel.
Liebesformel Nummer 1 : Zuwendung
Plötzlich, vor dem Fernseher sitzend, die ellenlangen Dialoge verfolgend, fiel es Gottman wie Schuppen von den Augen. Intimität entsteht – oder vergeht – in genau diesen gewöhnlichen Zwiegesprächen. Das Rezept einer erfolgreichen Ehe, stellte der Forscher fest, war in eben diesen unscheinbaren Alltagsunterhaltungen zu finden.
Sind zwei Menschen zusammen, so werben sie immer wieder gegenseitig um Aufmerksamkeit. Sie versuchen, eine emotionale Verbindung zum Partner herzustellen. Es gibt drei Möglichkeiten, auf diese Verbindungsversuche des Partners zu reagieren: Wir können uns dem Partner zuwenden, uns von ihm abwenden, oder wir können uns sogar gegen ihn wenden. Wie Gottman entdeckte, hängt der Erfolg einer Beziehung ganz und gar davon ab, in welchem Maße wir uns für eine dieser drei Reaktionen entscheiden.
Sich dem Partner zuwenden. Unter Zuwendung lässt sich jede positive Reaktion auf den Partner verstehen. Ihr Partner lächelt, Sie lächeln zurück. Er zeigt Ihnen was, Sie sehen hin. Er sagt etwas, Sie gehen darauf ein, zum Beispiel:
»Toll fand ich auch die Szene, in der der Haifisch das Blut riecht.«
»Ja, mir lief da echt ein Schauer über den Rücken.«
»Man hat richtig gespürt, wie das Blut in seine Nase dringt...«
»... und wie er dann durchdreht!«
Komisch. Es klingt wie die einfachste Sache der Welt. Ein Dialog wie dieser ist alles andere als aufregend. Sein Unterhaltungsund Informationswert
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