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Die liebe Verwandtschaft

Die liebe Verwandtschaft

Titel: Die liebe Verwandtschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ephraim Kishon
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Goldstein, 1953. Goldstein hatte sie von Glaser bekommen, Glaser von Steiner und Steiner – man glaubt es nicht – von meiner guten Tante Ilka, 1950. Ich wusste sofort Bescheid: Tante Ilka hatte damals ihre neue Wohnung eingeweiht, und da das betreffende Fach unseres Geschenkkastens gerade leer war, mussten wir blutenden Herzens die Bonbonniere opfern.
    Jetzt hielten wir die historische Schachtel wieder in Händen. Ein Gefühl der Ehrfurcht durchrieselte uns. Was hatte diese Bonbonniere nicht alles erlebt! Geburtstagsfeiern, Siegesfeiern, Grundsteinlegungen, neue Wohnungen, Zwillinge … wahrhaftig ein Stück Geschichte, diese Bonbonniere.
    Hiermit geben wir der Öffentlichkeit bekannt, dass die Geschenkbonbonniere des Staates Israel aus dem Verkehr gezogen ist. Irgendjemand wird eine neue kaufen müssen.

Abgesichert
    Nach einem Flug, der fast ausschließlich aus Luftlöchern bestand und uns lebhaft an unsere Kanalüberquerung erinnerte, landeten wir in New York. Onkel Harry und Tante Trude erwarteten uns am Flughafen und fielen uns gerührt um den Hals.
    »Wie war der Flug?«, fragte Tante Trude.
    »Frag mich nicht«, antwortete meine Frau. »Über dem Ozean sind wir in ein fürchterliches Unwetter geraten. Wir dachten schon, dass wir’s nicht überleben.«
    »Moment«, sagte Onkel Harry. »Habt ihr eine Lebensversicherung?«
    »Ja.«
    »Also. Wozu die Aufregung?«
    Dazu muss man wissen, dass Onkel Harry, seit er die amerikanische Staatsbürgerschaft erworben hat, ein Musteramerikaner geworden ist und alles versichert, was sich irgendwie versichern lässt. Buchstäblich alles. Hier liegt das Geheimnis seines sicheren Auftretens, seiner inneren Spannkraft, seiner Vitalität. Er ist jetzt 59 Jahre alt, der Onkel Harry – aber wenn man ihn so sieht, mit seinem lebhaft gemusterten Sportjackett, seiner farbenfrohen Krawatte und seinem blitzenden Gebiss: Man würde ihn höchstens für 65 halten.
    »Wovor soll ich mich noch fürchten?«, fragte Onkel Harry.
    »Ich habe eine Lebensversicherung auf 200000 Dollar abgeschlossen, die alles einschließt: natürlichen Tod, gewaltsamen Tod, Tod durch Selbstmord, tödlicher Unfall, Wahnsinn, Entführung, Kerker. Also?«
    Stolz führte er uns durch sein Häuschen in einem der uniformen Villen-Vororte New Yorks. Die Zentralheizung hatte ihn 15000 Dollar gekostet, die Garage mit der Gleittür, die sich automatisch öffnet und schließt, 5000 Dollar. Wieviel ihn die Möbel gekostet haben, weiß ich nicht mehr. An den Wänden hingen ein paar alte niederländische Holzschnitte, sehr schöne Stücke aus der 2000-Dollar-Schule; sie waren auf 12000 Dollar gegen die etwaige Entdeckung versichert, dass es sich um Fälschungen handelte. Auch die Bibliothek erfreute sich einer kostspieligen Versicherung gegen Feuer, Vergilbung, Stockflecke und Lektüre. Die Versicherung des atemberaubenden Ausblicks vom Fenster bezog sich auf Erdbeben, Tornados und fliehende Büffelherden. Und die Vöglein im Garten konnten fröhlich zwitschern, weil sie wussten, dass sie gegen Rinderpest, Papageienkrankheit und Jagdfalken versichert waren.
    »Meine Frau hab ich auf 100000 Dollar versichert«, flüsterte Onkel Harry mir ins Ohr. »Anders wär’s nicht rentabel gewesen. Ich musste ja schon 30000 Dollar in die Scheidung von ihrem ersten Mann investieren …«

Mitbringsel
    Aus irgendwelchen Gründen sind Heimreisen immer langweilig. Wir verabschiedeten uns herzlich von unseren Verwandten, schüttelten der Freiheitsstatue die freie linke Hand, bestellten zwei gute Plätze in der Nähe des Piloten, zahlten das Übergewicht für unsere zehn Koffer und landeten kurz darauf in Genua.
    Hier holten wir nach, was wir bei unserem ersten Besuch versäumt hatten: Wir verbrachten den ganzen Tag im Hafen. Alles lief planmäßig ab, am Abend lagen wir zur rechten Zeit in den Betten unseres nur wenige hundert Schritt von der › SS Jerusalem ‹ entfernten Hotels – als die beste Ehefrau von allen sich plötzlich im Bett aufsetzte und mir ein aschfahles Gesicht zuwandte. »Um Himmels willen! Wir haben die Geschenke vergessen!«
    »Na, na, na«, murmelte ich verschlafen. »So schlimm wird’s nicht sein. Entspann dich…«
    »Red keinen Unsinn!« Jetzt rannte sie bereits im Zimmer hin und her und blieb nur gelegentlich stehen, um die Hände zu ringen. »Wer von einer so langen Reise zurückkommt wie wir, muss jedem einzelnen Verwandten, Bekannten und Freund etwas mitbringen. Das erwartet man und das gehört sich

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