Die Liebe verzeiht alles
decken.“
„Oh. Hattest du denn Bedarf?“
„Nein. Zumindest dieses Problem hatte ich nicht.“ Spöttisch blickte er sie an. „Allerdings habe ich mich mit dem Dealer und seinen Kumpanen geprügelt. Ich musste meine Wut abreagieren. Damals glaubte ich, ich würde meinen Mann stehen und mich behaupten. Der Gefängnispsychologe hat mich dann darauf hingewiesen, dass ich mich auch hätte umdrehen und weggehen können.“
„Du bist bei einem Gefängnispsychologen gewesen?“
„Ja. Kostenlose Gruppentherapie, einmal pro Woche, elf Monate lang.“
Sie schwiegen beide einen Moment, während Lilah an den Zwischenfall dachte, der Gus ursprünglich hinter Gitter gebracht hatte. „Dass du ins Gefängnis musstest, war schrecklich für mich. Ich hatte deshalb furchtbare Schuldgefühle.“
„Das hast du mir gesagt“, antwortete er entschieden und vermittelte ihr den Eindruck, dass er heute wie damals für keine Entschuldigung zugänglich war. Dann fuhr er sich durchs Haar und rollte die Schultern, als würden sie eine große Last tragen. „Du warst nicht für meine Taten verantwortlich, obwohl ich es mir sehr lange eingeredet habe.“ Das Geständnis schien ihn zu erleichtern, denn ein warmer Glanz trat in seine Augen.
„Nun ja, du hast an dem verbotenen Rennen teilgenommen, weil du wütend auf mich warst.“
„Ich habe mitgemacht, weil die Jungs mich gefragt haben. Es war nicht das erste Mal, dass ich mich hinters Steuer gesetzt und grundlos den Rebellen gespielt habe.“
Das stimmte. Einmal war Lilah sogar als Zuschauerin dabei gewesen und hatte alles fasziniert beobachtet. Nicht aber an jenem Abend, als er in einem kurzgeschlossenen Auto mit einer Flasche billigem Whiskey auf dem Beifahrersitz die Hauptstraße entlang gebraust war.
„Du hast den Wagen in Mr. Hertzogs Lebensmittelladen gelenkt, weil du alkoholisiert warst. Und du hast getrunken, weil …“
„Weil ich ein rücksichtsloser Idiot war. Ich hätte jemanden töten können. Das Ganze war allein meine Schuld. Ich habe getrunken, weil ich mit meiner Wut nicht umgehen konnte.“
„Mit deiner Wut auf mich?“
Gus seufzte. „Auf alles und jeden, Lilah, dich eingeschlossen. Ja, verdammt, ich war wütend auf dich. Zuerst erzählst du deinen Freundinnen, du würdest nie mit jemandem wie mir zusammen sein, und Stunden später lehnst du meinen Heiratsantrag ab.“
„Was ich zu meinen Freundinnen gesagt habe, war ein großer Fehler.“ Sie entschuldigte sich jetzt sicher zum zehnten Mal und würde es noch viel öfter tun, wenn es helfen würde. „Aber meinst du nicht vielleicht auch, dass das Timing für den Antrag zumindest ein bisschen unglücklich war? Du hast ihn mir mitten in einem heftigen Streit gemacht.“
Schon wollte er protestieren, besann sich dann jedoch eines Besseren. „Da hast du wohl recht“, erklärte er, und sie konnten sich nach all den Jahren zum ersten Mal wieder anlächeln.
„Es tut mir leid, dass ich dich nicht mehr in der Strafanstalt besucht habe.“
Gus rieb sich das Kinn. „Dafür habe ich dir auch nicht unbedingt einen Anlass gegeben.“
Keiner von ihnen würde jemals diese schmerzliche letzte Begegnung vergessen. Lilah hatte ihm versichert, dass sie ihn liebte, es zutiefst bereute, ihn vor den Freundinnen verleugnet zu haben, und ihm beistehen würde, falls sein Fall vor Gericht gehen sollte.
Gus hatte davon nicht viel gehalten und ihr wütend erklärt, er wolle sie nie wiedersehen. Er hatte ihr Oberflächlichkeit vorgeworfen und ihre gewonnenen Schönheitstitel als belanglos bezeichnet. Und dann kam das Schlimmste überhaupt: Er hatte mitleidig den Kopf geschüttelt und ihr gesagt, dass sie eine erbärmliche Schauspielerin sei. Sie sei höchstens Mittelmaß und würde sich gewaltig täuschen, wenn sie glaube, es in Los Angeles zu schaffen.
Sein Spott hatte schrecklich wehgetan und ihr jedes Selbstvertrauen geraubt, das er ihr noch vor wenigen Wochen so überreichlich gegeben hatte. Bei einer Theateraufführung in der Highschool hatte sie die weibliche Hauptrolle gespielt. Gus war ebenfalls da gewesen, hatte allerdings ganz hinten im Saal gesessen, ihr aber am Ende als Erster applaudiert. Später, als alle im Haus schon geschlafen hatten, war er gekommen und hatte sie umarmt.
Er hatte ihr ins Ohr geflüstert, wie toll sie gewesen sei. Sie hatte seine wunderbare Nähe gespürt, seinen herrlichen Duft eingeatmet und gewusst, dass sie diesen Moment nie vergessen würde.
Doch dann hatten seine wütenden Worte
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