Die Liebe verzeiht alles
schneller, während er zum Haus ging. Eilig lief sie zur Hintertür, öffnete sie mit bebenden Händen und wartete auf der Veranda auf ihn.
„Du bist spät dran“, sagte sie leise, als er die Stufen heraufging.
„Wusstest du, dass ich kommen würde?“
„Nein. Erst als ich gesehen habe, dass das Auto hielt, schien es …“
Behutsam strich er ihr über die Wange.
Stumm blickten sie sich an. Und bevor Geheimnisse enthüllt oder Bedauern geäußert werden konnte, fanden sich ihre Lippen zu einem unendlich süßen, erfüllenden Kuss. Sie erkundeten einander zunächst zärtlich und hielten ihr Verlangen zurück, während sie ergründeten, ob sie beide das Gleiche wollten.
„Wo ist Elan?“, fragte Lilah schließlich atemlos, als sie sich etwas voneinander lösten.
„Loida wohnt bei mir. Was ist mit Bree?“
„Sie schläft oben.“
„Und deine Schwester?“
„Im Büro. Die ganze Nacht.“
Lilah fühlte, wie Gus sich kurz versteifte. Im Erdgeschoss gab es ein Gästezimmer, das Harm immer benutzt hatte, wenn er spät nach Hause zurückgekehrt war. Er hatte dann die knarrende Treppe nicht mehr hinaufgehen wollen, um niemanden zu wecken. Zweifellos erinnerte sich Gus an den Raum, denn durch das Fenster hatte sie sich oft nachts zu ihm nach draußen geschlichen.
„Klemmt das Fenster noch?“
„Ich habe es seit einer Ewigkeit nicht mehr geöffnet“, antwortete sie und nahm seine Hand. Es war wie früher. Schon damals hatte es immer eine elektrisierende Wirkung gehabt, wenn sie die Finger miteinander verschränkten.
Energisch schob sie all die Gründe beiseite, warum sie erst reden sollten, bevor sie miteinander schliefen. Man bekam im Leben nicht oft eine zweite Chance. Gus war hier, und die Gegenwart war jetzt ausnahmsweise einmal wichtiger als die Vergangenheit.
Sie lockerte ihren Griff, aber Gus hielt sie weiter fest und sah sie glühend an. Ja, diese Nacht gehörte ihnen und ihrer Leidenschaft – egal, welcher Sturm morgen losbrechen würde, wenn sie ihm alles gestand.
Der alte Wecker zeigte vier Uhr, als Lilah erwachte. Sie spürte sofort, dass Gus nicht mehr da war, denn das Bett fühlte sich so leer an. Ihr Herz war jedoch übervoll.
Schon früher war er ein wunderbar zärtlicher und zugleich feuriger Liebhaber gewesen. Daran hatte sich nichts geändert. Nur gönnte er sich und ihr mittlerweile mehr Zeit und kostete jeden Moment aus. So schön wie mit ihm war es mit niemandem sonst.
Lilah knipste die Nachttischlampe an und entdeckte den blauen Zettel, der daneben lag und von dem Block in der Küche stammte. Gus hatte ihr eine Nachricht hinterlassen.
Kommst Du nachher zum Mittagessen? Die Kids können schwimmen und wir beide reden. Wenn ich nichts Gegen teiliges höre, erwarte ich Euch um zwölf.
Gus
PS: Ich weiß noch alles von Dir.
Sie presste das Papier auf ihre Brust. Wie sie Gus liebte! Wenn sie wüsste, dass er sie nach wie vor liebte, würden sie die Vergangenheit vielleicht gemeinsam bewältigen und für immer zusammenbleiben können. Aber leider würde sie irgendwann Farbe bekennen müssen!
Gus fühlte sich um zehn vor zwölf eher, als würde er die Königin von England erwarten – und nicht seine Highschool-Freundin … seine Geliebte … die Liebe seines Lebens. Lilah wieder in den Armen zu halten, war unbeschreiblich schön gewesen. Deutlicher hätte er nicht merken können, dass sie beide sich nie hätten trennen sollen.
„Warum essen wir im Esszimmer? Ich dachte, wir würden beim Pool picknicken.“ Enttäuscht betrachtete Elan den besonders liebevoll gedeckten Tisch, auf den sein Dad gerade noch eine Vase mit frischen Blumen stellte. „Ich werde Bree zeigen, was eine echte Wasserbombe ist. Mädchen haben nämlich keine Ahnung, wie man es ordentlich spritzen lässt.“
Gus lachte. „Manche Mädchen doch, mein Sohn. Du musst nur die Richtigen kennen.“
„Und du kennst eine, die das kann?“
„Ich …“ Es klingelte an der Haustür, und Loida eilte aus der Küche. „Schon gut. Das übernehme ich“, erklärte Gus, als Elan bereits davonstürmte. „Das übernehmen wir “, verbesserte er sich, während er seinem Sohn folgte.
Ja, er hatte tatsächlich Schmetterlinge im Bauch, und die schienen bei Lilahs Anblick unmittelbar zu seinem Herzen zu fliegen. Sie trug ein pinkfarbenes T-Shirt, auf dem in roten Lettern „First Lady“ prangte, und Jeans, die ihre Beine endlos lang erscheinen ließen.
„Was meinst du mit ‚Wasserbombe‘?“, fragte sie gerade seinen
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