Die Liebe zu Rosen mit Dornen
scheint, dass sie am liebsten im Boden versinken würde.
»Sterben Sie denn ohne?«, fragt Sarah.
»Sarah! Halt den Mund.« Riley blickt auf. »Das ist die dümmste Frage, die ich je gehört habe.«
Ihre Klassenkameraden murmeln zustimmend. Keiner möchte darüber sprechen, dass ich sterben könnte.
Ich denke an Herzinfarkte. Infektionen. Weitere Organe, die den Dienst einstellen. Heute läuft meine Nase. Wer weiÃ, ob daraus wieder eine Nebenhöhlenentzündung wird, die in mein Blut übergeht, sodass ich im Krankenhaus lande. »Möglich.« Ich zittere leicht, als ich meinen Stift nehme und die Zeichnung zu Ende beschrifte. »Es gibt je einen Punkt für jeden korrekt dargestellten Teil und jede richtige Bezeichnung. Insgesamt zehn Punkte. Prägt euch die Skizze ein, falls ihr es noch nicht getan habt.«
Es klingelt, und ich entlasse die Kinder. Riley bleibt sitzen und sammelt ihre Sachen übertrieben langsam ein. Ich gehe zu ihr. »Riley, alles wird gut. Mach dir keine Sorgen.« Wie so oft, wenn ich das sage, glaube ich es selbst. Ich möchte es glauben, bis irgendetwas passiert, was mich daran zweifeln lässt. Zwar gebe ich mir Mühe, optimistisch zu bleiben, aber es will nicht immer gelingen.
Sie nickt, steht gebeugt mit ihrem Rucksack da. »Aber sicher sein kannst du dir nicht, oder?«
Ich blinzle, schinde Zeit. Riley wartet mit gefasster Miene, verbirgt ihre Verletzlichkeit. Sie kommt mir vor wie ein Innenminister, der erfährt, dass es Krieg gibt: die Stirn erwartungsvoll gerunzelt. Die nächste Klasse kommt herein, und ich begleite Riley zur Tür. »Kein Mensch kann sich sicher sein, Riley. Niemand. Ein Stahlträger könnte sich während des Unterrichts aus der Decke lösen und mich erschlagen.«
Tief und bebend holt sie Luft, und ich weiÃ, dass sie an Becky und mich denkt und daran, wie oft die Erwachsenen in ihrem Leben sie im Stich gelassen haben, im GroÃen wie im Kleinen. »Das dachte ich mir.« Dann geht sie zu ihrem nächsten Kurs, mit so groÃen Schritten, dass ich ihr nicht folgen könnte, selbst wenn ich es wollte.
30
An unserer Schule findet in der Woche vor der Abschlussfeier traditionell ein Bankett statt. Ungeachtet des Umstands, dass die Kinder so kurz vor der Entlassung bestimmt nicht mit ihren müden Lehrern herumsitzen und über die guten, alten Zeiten auf der Highschool plaudern wollen, während wir gemeinsam am vertrockneten Rostbraten herumkauen, den uns der Eltern-Lehrer-Verband zur Verfügung stellt.
Nichtsdestotrotz sind alle Lehrer â besonders Dr. OâMalley â voll bei der Sache. Sie kleiden sich dem Anlass entsprechend, sie schaffen kristallene Kelche aus verschiedenen Sammlungen heran, und sie mieten ein paar Tische für die Bibliothek. Frische, weiÃe Tischtücher und Blumenschalen vervollständigen das Bild.
AuÃerdem ist es der Tag, an dem wir besondere Auszeichnungen vergeben, ein letztes Lockmittel, damit die Schüler auch kommen.
Dara und ich bereiten in der Cafeteria das Essen vor. Eigentlich sollten noch andere Lehrer mithelfen, aber natürlich bleibt keine gute Tat ungestraft, und so sind wir die Einzigen, die Häppchen vorbereiten: Toast mit Mozzarella, einer Scheibe Kirschtomate und Basilikum, mit einem Spritzer Balsamico und Olivenöl. Danach gibt es einen Salat. Die Eltern bringen Rostbraten und den Nachtisch mit.
Meine Freundin hat mir gefehlt.
Ich bin guter Dinge. Die letzten Arbeiten sind geschrieben, und bevor ich herkam, habe ich die von Riley zensiert. Eine gute Leistung. Sie wird den Kurs bestehen. Ich konnte nicht umhin, es ihr zu sagen.
Mir klingeln noch immer die Ohren von ihrem Jubel.
Ich lächle bei der Erinnerung daran, während ich die Tomaten bearbeite. »Es war keine gute Idee, diese kleinen Dinger in Scheibchen zu schneiden«, erkläre ich. Der ganze Tresen ist voller Tomateninnereien, von meinen Händen und Unterarmen ganz zu schweigen.
»Wessen Idee es auch gewesen sein mag, er sollte wenigstens den Anstand besitzen, hier zu stehen und das Essen vorzubereiten.« Dara holt einen Schwung Toast aus dem Ofen. »Mist. Die sind verbrannt.«
»Du musst sie früher rausnehmen.«
»Offensichtlich.« Sie grinst. Sie trägt ein violettes Trägerkleid mit weiÃen Punkten darauf. Die Träger sind so breit, dass sie ihre Schultern fast bedecken. Ihr kleines, weiÃes
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