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Die Liebenden von Leningrad

Die Liebenden von Leningrad

Titel: Die Liebenden von Leningrad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paullina Simons
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Rotkreuzzeichen waren auf die Plane aufgenäht.
    Dimitri wartete schon auf sie.
    Ohne ihn eines Blickes zu würdigen, kletterte Tatiana auf die Ladefläche des Jeeps und verstaute den Verbandskasten und die Kiste mit Plasma. »Tania ...«, begann Dimitri.
    Dr. Sayers wies Dimitri an, auf die Ladefläche zu steigen und sich dann während der Fahrt die finnische Pilotenuniform anzuziehen. »Ich weiß allerdings nicht, wie Sie das mit dem Arm bewerkstelligen wollen ... Tania, wo ist die Uniform?«, fragte er. Dann wandte er sich wieder an Dimitri. »Brauchen Sie Morphium? Wie geht es Ihrem Gesicht?« »Schrecklich. Ich kann kaum sehen.«
    Tatiana musterte Dimitri. Sein rechter Arm lag in Gips und er trug eine Schlinge. Sein Gesicht war schwarz und blau angeschwollen. Sie hätte ihn gern gefragt, was ihm zugestoßen war, schwieg aber.
    »Tania?«, rief Dimitri ihr zu. »Ich habe es heute früh gehört. Es tut mir Leid.«
    Tatiana zerrte die finnische Uniform aus dem Versteck und warf sie Dimitri zu.
    »Tatiana, kommen Sie«, sagte Dr. Sayers. »Ich helfe Ihnen. Wir müssen fahren.« Sie ergriff Sayers' Hand und sprang von der Ladefläche.
    »Tania?«, wiederholte Dimitri.
    Sie blickte ihn so verächtlich an, dass Dimitri die Augen niederschlug. »Zieh die Uniform an«, zischte sie, »und leg dich hin. Und halt einfach den Mund.« »Hör mal, es tut mir Leid. Ich weiß, wie du ...« Mit geballten Fäusten stürzte sich Tatiana auf Dimitri und sie hätte auf ihn eingeprügelt, wenn Dr. Sayers sie nicht festgehalten hätte.
    Dimitri wich zurück und stammelte: »Ich habe doch gesagt, es tut...«
    »Ich will deine verdammten Lügen nicht hören!«, schrie sie. »Ich will nie mehr mit dir reden! Verstehst du mich?« Dimitri murmelte nervös, er verstünde gar nicht, warum sie so wütend auf ihn sei, und stieg auf die Ladefläche. Dr. Sayers setzte sich hinters Steuer und blickte Tatiana mit großen Augen an.
    »Fertig, Doktor. Lassen Sie uns fahren.« Tatiana knöpfte sich ihren Mantel zu und rückte ihr Häubchen zurecht. Sie hatte die Puschkin-Ausgabe mit dem Geld dabei, Alexanders Briefe und ihre Fotos. Sie hatte seine Mütze und seinen Ring. Dann fuhren sie in die Nacht.
    Während der Fahrt über die ungepflasterten, schlammigen Straßen schwieg Tatiana. Dr. Sayers jedoch redete unablässig auf Englisch auf sie ein. »Tania, meine Liebe, es wird alles gut...«
    »Meinen Sie, Doktor?«, erwiderte sie schließlich, ebenfalls auf Englisch. »Und was machen wir mit ihm?« »Er kann tun, was ihm beliebt, wenn wir erst einmal in Helsinki sind. Ich mache mir absolut keine Gedanken über ihn. Mir geht es nur um Sie. Wir laden in Helsinki Medikamente ab, dann fliegen wir mit dem Roten Kreuz nach Stockholm. Von dort fahren wir mit dem Zug nach Göteborg und nehmen das Schiff nach England. Verstehen Sie?« »Ja«, erwiderte sie leise. »Ich verstehe.« »In England muss ich mich eine Weile aufhalten, aber von dort aus brechen wir dann in die Vereinigten Staaten auf. Und wenn Sie erst einmal in New York sind ...« »Matthew, bitte ...«, flüsterte Tatiana.
    »Ich will doch nur, dass es Ihnen besser geht, Tania. Es wird alles gut.«
    Dimitri sagte von hinten: »Tania, ich wusste ja gar nicht, dass du Englisch sprichst.«
    »Dimitri«, erwiderte sie laut, »du musst den Mund halten. Du bist Finne. Ich möchte kein einziges russisches Wort mehr von dir hören.«
    »Tania«, fragte der Arzt plötzlich, »Sie haben noch nichts gegessen, oder?«
    Tatiana schüttelte den Kopf. »Ich kann nicht ans Essen denken«, erwiderte sie.
    Mitten in der Nacht hielten sie am Straßenrand. Dimitri hatte sich mittlerweile die finnische Uniform angezogen. »Sie ist viel zu groß«, hörte Tatiana ihn zu Sayers sagen. »Ich hoffe, ich muss nicht aufstehen. Dann sieht jeder, dass sie mir nicht passt. Haben Sie noch etwas Morphium? Ich bin ...« Ein paar Minuten später kam der Arzt zurück. »Wenn ich ihm noch mehr Morphium gebe, stirbt er. Der Arm macht ihm große Probleme.«
    »Wie ist das denn passiert?«, fragte Tatiana auf Englisch. »Jemand hat ihn angegriffen«, antwortete Dr. Sayers ausweichend. »Er hat eine üble offene Fraktur.« Er schwieg. »Vielleicht verliert er den Arm. Ich weiß nicht, wie er überhaupt bei Bewusstsein bleibt. Gestern habe ich noch gedacht, er fällt ins Koma, aber heute läuft er schon wieder herum.« Tatiana antwortete nicht. Wir alle, jung, stark und gesund, liegen auf den Knien, dachte sie. Wir werden von unserem Leben

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