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Die Liebenden von Sotschi

Die Liebenden von Sotschi

Titel: Die Liebenden von Sotschi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Absicht, es zu verlassen. Sie können ja ein Auslieferungsbegehren stellen.«
    Das war ein Witz, jeder wußte das. Die Sonderstellung Bubrows war so brisant, daß jedes Wort überflüssig war. Er hatte sich den Amerikanern und nicht den Deutschen gestellt. Immerhin: nach den Gründen für diese Entscheidung konnte man noch fragen. Der Leiter des Dezernats 14 wagte es.
    »Warum haben Sie sich nicht bei uns als der nächsten und zuständigen Dienststelle gemeldet, Herr Bubrow? Sind Sie von uns damals nach Ihrer spektakulären Flugzeugentführung, die sich ja jetzt als ein grandios inszeniertes Theater herausstellt, nicht korrekt behandelt worden?«
    »Sehr korrekt!« Bubrow schüttelte den Kopf. »Alle waren sehr hilfreich.«
    »Und trotzdem Mißtrauen?«
    »Nein. Angst.«
    »Angst? Aber wieso denn?«
    »Die deutschen Behörden können mir, bei ihrer liberalen Gesetzgebung, nicht den Schutz garantieren, den ich bei den Amerikanern habe!«
    »Aber Herr Bubrow, ich bitte Sie!«
    »Hat Moskau noch nicht reagiert?« fragte Bubrow ahnungsvoll.
    »Doch.« Der Leiter Dezernat 14 blickte verlegen auf seine Hände. »Die Sowjetische Botschaft hat eine Blitz-Démarche eingereicht. Es geht um Ihre Auslieferung wegen zweifachen Mordes.«
    »Wie lustig!« Bubrow lachte hart. »Und die Reaktion?«
    »Wir wollten Sie deswegen zu einer Unterredung bitten und haben einen Wagen zu Ihnen nach Steinebach geschickt. Aber da waren Sie schon weg.«
    »Eine Unterredung? Mit anschließender Inhaftierung wegen Tatverdacht! Und dann Auslieferung an die Sowjetunion, um die Beziehungen nicht zu belasten …«
    »Das sind Unterstellungen, Herr Bubrow!«
    »Warum nennen Sie es nicht Erfahrungen? Mir, ausgerechnet mir, wollen Sie erzählen, welche Gepflogenheiten intern unter den Geheimdiensten herrschen? Das lautlose Hin- und Herschieben, der stille Austausch, das geheime Geschäft mit den Menschen! Sie haben den DDR-Meisterspion Guillaume im Gefängnis sitzen. Soll ich mit Ihnen wetten, wie lange er noch in seiner schönen, wohnlichen Zelle schläft, mit Radio, Fernsehen, einer umfangreichen Bibliothek und eingetauschter Zusatzverpflegung? Haben Sie einmal die sowjetischen Zellen gesehen? Waren Sie in einem Gulag? Kennen Sie die Lager in Sibirien? Statt Fernsehen zehn Stunden Bäume fällen, statt Studium marxistischer Philosophie Arbeit im Steinbruch oder Trockenlegung von Sümpfen. Statt Kommunikation mit Anwälten, Politikern und freundlichen Beamten Begrabenwerden in Irrenhäusern und Vollpumpen mit Injektionen, die jede Persönlichkeit abtöten! Wenn Ihre Terroristen bei Radiomusik und Illustriertenstapeln über Isolationshaft zetern und streiken, während Sympathisanten auf den Straßen die Schaufenster einschlagen und plündern, alles natürlich nur, um ›Zeichen zu setzen‹, dann stehen Sie hilflos da, rollen mit den Augen und stammeln: ›Man muß mit dieser Jugend reden …‹ – Können Sie sich vorstellen, was passiert, wenn auf dem Roten Platz in Moskau gegen den KGB oder gegen die Lager in Sibirien demonstriert würde?«
    »Wir sind eine freiheitliche Demokratie.«
    »Eben! Und merken dabei gar nicht, wie Sie sich diese Freiheit zusammenschlagen lassen von Chaoten, die sich auf Marx berufen und genau wissen, daß sie in Rußland nur auf dem Bauch kriechen würden! Diese elende Verlogenheit ist einer der Gründe, warum ich nicht in Deutschland um Asyl nachsuche! Sie können mich nicht schützen. Sie brauchen ja selbst den Schutz nötiger als jeder andere!«
    »Lassen wir es dabei, Borja!« sagte Cohagen, als Bubrow tief Atem holte. »Sie haben unsere deutschen Freunde nun genug in den Unterleib getreten!« Er sah die betreten herumstehenden deutschen Herren an. »Gibt es noch Fragen, Gentlemen?«
    »Ja.« Oberst Behrends vom BND klopfte mit dem Finger auf die Liste der Agentennamen und Kontaktadressen. »Woher haben Sie diese Kenntnis?«
    »Ich trug sie immer mit mir, in einer Zwischensohle meines linken Schuhs. Die Zentrale hat sie mir gegeben, damit ich jederzeit nach allen Seiten Kontakt haben konnte.« Bubrow lächelte etwas traurig. »Vergessen Sie nicht: Ich war überaus vertrauenswürdig. Ich gehörte zum Spezialkader.«
    »Sind die hier verzeichneten Personen gewarnt?«
    »Nein. Sie haben keine Ahnung.« Bubrow hob die Schultern. »Sie werden allerdings bis auf drei Mann keinen verhaften können. Sie genießen diplomatischen Status.«
    »Das alte Lied!« Behrends faltete sein Papier zusammen. »Da wird in Bonn wieder das

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