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Die Liebesangst - Ragde, A: Liebesangst

Die Liebesangst - Ragde, A: Liebesangst

Titel: Die Liebesangst - Ragde, A: Liebesangst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne B. Ragde
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bleibt einfach vor der Glotze sitzen, bis er wieder ins Bett geht.«
    »Und was machst du?«
    »Ich sitze in der Küche und lese Zeitung, mache Sudoku, telefoniere mit Bekannten, erledige dies und das, lese Bücher, die ich rezensieren soll, und, und, und.«
    »Aber an den Wochenenden unternehmt ihr doch etwas zusammen?«
    »Eigentlich nicht. Meistens ist er auch dann müde. Er wird sauer, wenn ich Gäste einlade, empfindet das als Stress, obwohl ich mich um alles kümmere und er nur einkauft. Im Winter ist es am schlimmsten, da läuft den ganzen Samstag und Sonntag Sport im Fernsehen. Dann verlässt er das Fernsehzimmer so gut wie nie. Ich gehe in die Stadt und setze mich in ein Café. Es ist leichter, allein zu sein, wenn man nicht zu Hause ist.«
    »Aber ich weiß doch noch, dass ihr im vorigen Jahr in Urlaub gefahren seid und du alles so schön fandest? Nach London?«
    »Das schon. Da hat er fast die ganze Zeit auf dem Hotelzimmer gesessen und Fußball geschaut. Er war sauer, weil es zu heiß war und weil so viele Leute auf der Straße unterwegs waren. Er kann Touristen nicht ertragen, hat er gesagt. Und dabei waren wir doch selbst …«
    »Aber als du wieder zur Arbeit gekommen bist, hast du doch gesagt, es sei so schön gewesen?«
    »Was hätte ich denn sagen sollen? Ich schäme mich doch, weil ich mir das gefallen lasse. Und weil ich es oft genug in Ordnung finde, wenn ich nur meine Ruhe habe.«
    »Dann kannst du doch auch gleich allein leben.«
    »Wenn nur der ganze Nervkram nicht wäre. Bei einer Scheidung und so … Der ganze Kram. Schulden, die geteilt werden müssen, Umzug, die Familie und der ganze Dreck. Ich weiß nicht, ob ich dazu Kraft habe. Außerdem finde ich es doch schön, abends zu lesen und meine Ruhe zu haben, während er fernsieht. Das ist gar nicht so schlecht. Und wenn wir mal miteinander schlafen, ist das auch schön, wo du Sex doch so wichtig findest, Ingunn. Dann sagen wir uns gegenseitig, das hier müssten wir häufiger machen, aber es bleibt beim Versprechen. Der öde Alltag frisst einfach alles auf. Und ich gehe immer vor ihm ins Bett und schlafe schon, wenn er endlich mit dem Film auf TV 3 fertig ist.«
    »Und was hast du in London gemacht, während er sich im Fernsehen Fußballspiele angesehen hat?«
    »Ich war überall. Habe sogar im Tower mit einem Typen geflirtet. Aber dann habe ich mich nicht getraut, mit ihm ein Glas Wein trinken zu gehen, wie er das vorgeschlagen hatte.«
    »Hättest du mal machen sollen.«
    »Das wäre überhaupt keine Lösung. Ich betrachte es als … eigentlich als Faulheit, dass ich mich nicht scheiden lasse. Er würde einen Schock erleiden, wenn ich das vorschlüge, glaube ich.«
    »Du suchst nach guten Gründen, dich scheiden zu lassen, ich hingegen würde gute Gründe suchen, um zu bleiben«, sagte sie.
    »Da hast du bestimmt recht. Wie lange hat deine längste Beziehung gedauert, Ingunn?«
    »Elf Monate. Neun davon haben wir zusammengewohnt.«
    »Und warum war dann Schluss?«
    »Ich hatte es satt. Es wurde zu sehr zur Gewohnheit«, sagte sie.
    »Also hast du Schluss gemacht?«
    »Selbstverständlich. Für ihn war alles perfekt.«
    »Niemand von euch hatte eine neue Beziehung oder so?«
    »Nein.«
    »Du wolltest also lieber allein sein als mit ihm zusammenzuwohnen?«
    »Ja«, sagte sie. »Und ich mache abends oft genau das Gleiche wie du. Nur dass niemand im Fernsehzimmer sitzt und Kaffee trinkt und dass ich alles selbst entscheide.«
    »Ich dachte, du machst abends noch ganz andere Dinge! Mit Leuten, die nicht die Glotze anstarren, sondern dich …«
    »Das ist nur phasenweise der Fall. Oder wenn es sich gerade so ergibt.«
    »Du greifst einfach zu?«
    »Ja. Warum sollte ich nicht?«
    »Das ist doch Wahnsinn. Aber ich beneide dich ein wenig. Bei mir ist es so, als ob ich auf einen Ausschaltknopf gedrückt hätte.«
    »Klingt so, ja. Und das ist doch eigentlich traurig. Für Geist und Körper.«
    »Aber was bleibt dir, Ingunn? Danach, meine ich?«
    »Schwer zu sagen. Ein Gefühl von Freiheit, vielleicht. Das Gefühl, intensiv zu leben. Die Spannung im Unvorhersehbaren. Und jeder Männerkörper ist doch anders, riecht anders, reagiert anders, es ist wie eine Entdeckungsreise.«
    »Ich glaube, Anjas Mann geht es auch ein wenig so. Er kann sich einfach nicht mit einer Frau zufriedengeben, glaubt immer, dass das Gras auf der anderen Seite des Zaunes grüner ist.«
    »Das ist etwas anderes. Untreue ist etwas anderes. Das ist, als wäre da ein Zaun, und das

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