Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Liebesangst - Ragde, A: Liebesangst

Die Liebesangst - Ragde, A: Liebesangst

Titel: Die Liebesangst - Ragde, A: Liebesangst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne B. Ragde
Vom Netzwerk:
solche Angst!«
    Emma warf sich gegen ihren Vater, schlang ihm die Arme um den Leib und drückte die Wange auf seinen Bauch, er legte die Arme um sie, und sie schluchzte los.
    »Ich hatte solche Angst!«
    Der Mann streichelte mehrmals ihre Haare, dann bückte er sich und küsste das Kind behutsam auf die Stirn, sie selbst konnte den Blick nicht von den beiden abwenden, obwohl sie das hier als zutiefst intim und persönlich empfand, ein Vater und ein Kind, die sie nicht kannte. Und sie stand daneben und starrte die beiden an.
    »Aber es ist doch gut gegangen, Liebes. Weine nicht mehr. Es ist doch gut gegangen.«
    Seine Stimme klang bedrückt, vor Fürsorge und Liebe, die so groß waren, dass sie davon eine Gänsehaut bekam.
    »Und tausend Millionen Dank für meinen Glück, Papa. Du bist der liebste Papa auf der ganzen Welt.«
    Die Kleine ließ ihn los und schaute zu ihnen beiden auf.
    »Auch Ihnen tausend Millionen Dank.«
    Der Vater drehte sich zu ihr um.
    »Guten Abend«, sagte sie.
    »Tausend Dank für die Hilfe.«
    »Kein Problem«, erwiderte sie.
    »Sie hätte ihn nicht laufen lassen dürfen.«
    »Ein Hund muss wohl auch erst … eingefahren werden, wie alles andere«, sagte sie und hatte keine Ahnung, woher sie die Worte nahm. Einen Hund einfahren …?
    »Und er ist ja noch ganz neu«, fügte sie hinzu.
    »Genau, nagelneu, von heute. Emma wollte schon mit fünf unbedingt einen Hund.«
    »Das macht zwei Jahre unbedingt wollen, Papa«, sagte Emma und sprang mit Glück an der Leine hinunter zu den Felsen. »Aber du bist der beste Papa auf der ganzen Welt, weil ich Glück gekriegt habe.«
    Er lachte und drehte sich zu ihr um.
    »Kinder«, sagte er auf verständnisheischende Weise.
    »Sie haben ein süßes Mädchen«, sagte sie. »Aber ich weiß eigentlich nicht sehr viel über Kinder. Weder über Kinder noch über Hunde. Ich kenne nur einen Hund, und der war schon fertig erzogen, als ich ihn kennengelernt habe. Es ist ein Dobermann und heißt Kalle.«
    Sie hörte, wie sie sich um Kopf und Kragen plapperte. Nicht besonders schmeichelhaft. Vor ihr stand ein wildfremder Mann, der ihr aus dem Halbdunkel entgegengekommen war. »Ja. Emma ist unglaublich. Ein wenig zu impulsiv vielleicht.«
    Er sah sie an.
    »Aber Emma und ich kommen super zurecht.«
    »Ja, und junge Hunde passen sich doch ihrer neuen Familie auch irgendwann an«, sagte sie.
    »Das wollen wir hoffen. Tausend Dank noch mal«, wiederholte er und berührte wie zufällig ihren Oberarm. »Ich muss wohl diese ganze Menagerie jetzt nach Hause schaffen, es wird spät.«
    Sie sah ihn an. Es war fast zu dunkel, aber sie konnte ihn sehen.
    Emma und ich, hatte er gesagt. Gab es auch eine Mama, oder waren sie nur zu zweit? Vielleicht war er ein alleinerziehender Vater. Dann würde sie ihn nie wiedersehen. Alleinerziehende Väter gingen nicht auf die Piste, sie hatten mit dem Vatersein mehr als genug zu tun.
    »Entschuldigen Sie …«, sagte sie.
    »Ja?«
    »Ach was, nichts weiter.«
    »Nun sagen Sie schon.«
    »Ich fasele nur Unsinn. Ich bin heute nicht ganz bei mir. Steh hier mit Walkingstöcken auf dem Ladesti und …«
    »Sie walken?«
    »Das wäre ein wenig übertrieben ausgedrückt. Ich habe gerade erst angefangen. Vor einer Stunde etwa. Ich glaube, das ist nichts für mich, wenn ich ehrlich bin. Ich schwitze ja noch nicht mal.«
    »Sie sind vermutlich zu gut in Form. Aber jetzt muss ich wirklich los und meine Kleine und die Töle nach Hause schaffen, morgen ist Schule.«
    »Okay«, sagte sie. »Steht Ihr Auto auch da vorne …?«
    »Nein, wir fahren nicht. Wir wohnen da oben.«
    Er deutete in die Dunkelheit. Sie konnte nichts erkennen, nur ein paar vereinzelte Lichter hinter Tannen weiter oben auf dem Hügel.
    »Schön«, sagte sie. »Dann machen Sie’s gut.«
    »Emma! Jetzt müssen wir nach Hause! Komm schon!«
    »Aber Papa! Das ist so lustig mit Glücksstern! Er beißt in den Tang und glaubt, der lebt.«
    »Komm schon. Morgen musst du in die Schule. Und das Essen wartet im Backofen!«
    Er lächelte sie an, alles in seinem Gesicht lächelte, die Augen, die Wangen, die Stirn, der Mund, es war kein höfliches Lächeln, sondern eine echte, seltene Geste, ohne Hintergedanken. Wann hatte sie jemand das letzte Mal so angelächelt? Sie umklammerte die Stöcke so fest, dass ein Daumennagel abbrach, am liebsten hätte sie losgeheult, sich an jemanden geschmiegt, dem sie nur bis zum Bauch reichte, eine Hand auf ihren Haaren gespürt, einen sanften Kuss auf die Stirn

Weitere Kostenlose Bücher