Die Liebesgöttin erwacht (German Edition)
kalt. Denn du würdest das niemals tun«, sagte Amanda. »Ich kenne dich, Musketier. Du tust dir mit deinen Worten selbst am meisten weh.«
»Du mich auch, Amanda!«, sagte Dominique böse und beendete damit schlagartig das Gespräch.
Amanda trat an den Rand des Bürgersteigs und hob einen Arm. Sie hatte unglaubliches Glück. Das Taxi hielt tatsächlich mit quietschenden Reifen neben ihr an.
Sie gab dem Fahrer Rosalies Adresse und lehnte sich dann im Polster zurück.
Das Handy brummte kurz auf. Neue Textmeldung.
Es tut mir Leid, Süße. Muss an meiner Flugangst liegen. Sei nicht böse, bitte. Sobald ich in Rio gelandet bin, melde ich mich wieder. Bussi. D .
7
R osalie lebte seit vielen Jahren in demselben kleinen Apartment am Montmartre.
Nichts hätte Amanda deshalb mehr überraschen können als der Anblick, der sich ihr bot, als die alte Dame ihr die Tür öffnete.
Der enge Flur stand voller Kisten und Koffer, ansonsten schien die Wohnung mehr oder weniger leer zu sein.
Rosalie sah Amanda einen Moment lang lächelnd in die Augen, ehe sie ihr um den Hals fiel: »Täubchen, du kommst mich also endlich einmal besuchen! Wie schön von dir. Was machst du denn in Paris?«
»Und du? Ziehst du etwa aus deiner hübschen Wohnung aus, Rosalie?«
»Komm erst mal rein, Amanda. Dann erzählen wir uns alles«, sagte Rosalie und winkte sie hinüber in das einstige Wohnzimmer. In dem immerhin noch ein runder Tisch und zwei Stühle am Fenster – mit Blick in einen malerischen Pariser Hinterhof – sowie ein altes, bequemes Sofa herumstanden.
»Setz dich, Kind. Magst du ein Gläschen Rotwein? Ich habe noch eine Flasche da, einen alten Bordeaux. Ich hatte den guten Tropfen extra aufgehoben für diese besondere Gelegenheit.«
»Du hast doch nicht etwa gewusst, dass ich komme?«
»Sagen wir mal, ich hatte so eine leise Ahnung! Du weißt doch, wie wir Hexen sind.« Rosalie kicherte und ging dann in die winzige Küche hinüber. Kurz darauf kam sie mit einer Flasche und zwei Gläsern zurück. Es schien tatsächlich, als hätte sie alles bereitstehen gehabt.
Wie immer trug Rosalie einen ihrer heißgeliebten langen Zigeunerröcke, die momentan auch wieder einmal in Mode zu sein schienen. Jedenfalls hatte Amanda während ihres Streifzugs durch die Stadt viele junge Mädchen in ähnlichem Aufzug gesehen.
Rosalie allerdings hatte diese Röcke, wenn man Ricardo glauben konnte, schon ihr ganzes Leben lang getragen.
Als sie jünger war, mit frechen, vorne geschnürten Miedern kombiniert, darüber eine Seidenbluse. Später mit selbst gestrickten oder gehäkelten Oberteilen, darüber eine passende, wärmende Weste.
Mit Vorliebe trug Rosalie dazu außerdem zierliche Schnürstiefelchen, im Sommer wie im Winter. Auch diese Schuhmode war eigentlich immer »in« gewesen. Aber auch das hatte Rosalie nie groß gekümmert.
Als die alte Frau jetzt die Flasche entkorkte und die beiden Gläser auf dem Tisch füllte, bemerkte Amanda das leichte Zittern ihrer Hände.
Wie alt ist Rosalie eigentlich? , fuhr es ihr in den Sinn. Sie muss um die achtzig sein. Ricardo ist immerhin auch schon sechs- oder achtundsiebzig, genauere Angaben macht er ja nicht. Aber immerhin hat er sich manchmal damit gebrüstet, einige Jährchen jünger als Rosalie zu sein … sie soll ihn angeblich damals verführt haben. Seine erste große Liebe und sein erstes Sexabenteuer zugleich .
Amanda musste bei dieser Erinnerung unwillkürlich lächeln. Denn später, als Rosalie eines schönen Tages Ricardo auf der Insel besuchen gekommen war, hatten die beiden die meiste Zeit über irgendwelche Belanglosigkeiten gestritten.
Adrian hatte damals belustigt behauptet, sie zankten sich auf eine Art und Weise, wie es nur Liebespärchen täten.
Aber dann war Rosalie abgereist und nicht mehr zurückgekehrt.
»Hier, Cherié. Trink!«, sagte Rosalie. »Auf die Liebe und das Leben.«
Sie nahmen beide einen tiefen Schluck von dem schweren Wein, der wie fruchtiges Öl die Kehle hinablief.
Amanda hatte schon lange keinen solchen Wein mehr auf der Zunge gespürt. Der spanische Inselwein war nicht schlecht, aber die Franzosen waren einfach besser.
»Schieß los, Rosalie. Wohin ziehst du? Doch nicht etwa ins Altersheim?«
Die alte Frau tippte sich vielsagend an die Stirn, die von dunkelroten Löckchen umrahmt war. Auch dies wie eh und je.
»Ich und ins Altersheim? Nee, eher tanzen meine Knochen auf dem Friedhof Tango, Mädchen. Ich ziehe nach Rom. Glaub es oder nicht.«
»Dir glaube
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