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Die Liebeslotterie

Die Liebeslotterie

Titel: Die Liebeslotterie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Nicoll
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Privatbibliothek aus, als würde seine Biographie, mühsam zusammengetragen von einer Heerschar von Regierungsagenten, im Abendblatt veröffentlicht. Alles, was er war, steckte in jenen zwei Wörtern.
    Tibo nahm den Umschlag wieder in die Hand und betrachteteihn. Zwei Wörter. Nichts weiter. Er legte ihn zurück auf Agathes Schreibtisch und ging durch die Zwischentür in sein Büro hinüber. Aber schon im nächsten Augenblick kam er zurück, nahm den Umschlag und warf ihn lässig auf Frau Stopaks Schreibtischunterlage. Er betrachtete sein Werk. Sah es nun beiläufig genug aus? Er ging am Schreibtisch vorbei wie jemand, der den Bürgermeister in seinem Büro besuchen will und zufällig einen Blick auf Agathe Stopaks Schreibtisch wirft. Der Umschlag schrie Tibo entgegen wie eine Sirene. Er nahm ihn und warf ihn ein zweites Mal. Auch nicht besser. Tibo nahm den Umschlag, stellte sich in die Zwischentür und schleuderte den Brief in die Richtung des Schreibtisches. Er landete in Agathes Papierkorb. Tibo holte ihn heraus und setzte zu einem Sprint durch das leere Vorzimmer an, um den Brief im Vorbeilaufen fallen zu lassen. Und auf wundersame Weise landete er aufrecht, an Agathes Tacker gelehnt.
    Tibo warf einen Blick auf die Uhr. Er hätte immer noch Zeit, hinunterzugehen und den Brief in die Post zu geben. Er zog also seinen Füller heraus und schrieb:
     
    An das Büro des Bürgermeisters
    Rathaus
    Rathausplatz
    Dot
     
    Dann nahm er den Brief, hastete die Hintertreppe hinunter und warf ihn durch den halbmondförmigen Schlitz in der Glasscheibe des Hausmeisterbüros. Er war außer Atem. Er fuhr sich mit den Fingern durchs Haar und zog sich die Weste glatt. Er sammelte sich. Er war bereit, wieder hinaufzugehen und dabei wie der Bürgermeister von Dot auszusehen.
    Aber gerade, als er die erste Treppenstufe betrat, öffnete sich die Tür der Hausmeisterkabine, und Peter Stavo kam heraus. «Oh, Herr Bürgermeister», sagte er, «wie gut, dass ich Sie treffe. Ich möchte Sie nicht stören, aber eben ist ein Brief angekommen. Ich dachte mir, wo Sie ohnehin hinaufgehen, könnten Sie ihn Ihrer Sekretärin   …»
    Und während Tibo sich mit Peter Stavo herumschlug, sprang Agathe die grüne Marmortreppe hinauf, den Mantel über dem Arm. Beschwingt betrat sie das Büro und rief: «Guten Morgen!», aber niemand antwortete. «Herr Bürgermeister?» Sie linste um die Ecke in sein Arbeitszimmer. Es war leer. Enttäuscht hängte Agathe ihren Mantel auf, überprüfte ihre Frisur im Spiegel ihrer Puderdose, befand sie für gut und setzte den ersten Kaffee des Tages auf.
    Sandor, der Laufbursche, hatte seine Runde bereits gedreht, und die Post lag im Eingangskorb auf Agathes Schreibtisch. Während der Kaffee kochte, setzte Agathe sich an ihren Platz und fing an zu arbeiten. Aber kaum, dass sie den ersten Umschlag aufgeschlitzt hatte, musste sie sich schon wieder umdrehen und zur Tür starren wie ein Hund, der auf das Drehen des Schlüssels wartet. Agathe stand auf und holte sich eine Serviette von dem Stapel neben der Kaffeemaschine.
    Sie hastete in Tibos Arbeitszimmer, legte sich die aufgefaltete Serviette übers Haar und knickste vor dem Stadtwappen.
    Dann sagte sie an mich gerichtet: «Was ich dir früher erzählt habe   … über Stopak. Na ja, ich will dir ja nicht zu nahetreten, aber eine große Hilfe warst du nicht. Und nun habe ich folgendes Anliegen. Diese Sache mit Bürgermeister Krovic. Tibo Krovic. Immerhin bist du ja die Schutzpatronin der Frauen von Dot, und weißt du, ich bin eigentlich recht anständig, aber manchmal   … na ja, ich glaube, manchmal verlangstdu zu viel. Du weißt ja wahrscheinlich, wie die Dinge bei mir stehen. Also, ich erwarte keine Wunder, und ich möchte nicht, dass du gegen deine Prinzipien verstößt, aber wenn du bitte versuchen würdest, gütig und verständnisvoll zu sein und vielleicht sogar ein bisschen großzügig? Das wäre wirklich sehr nett.» Dann fügte sie ein höfliches «Danke schön» hinzu, knickste ein zweites Mal und zog sich beim Hinausgehen die Serviette vom Kopf.
    Als Tibo mit einem Brief in der Hand hereinkam, saß Agathe schon wieder am Schreibtisch und war dabei, die Post wie üblich in ordentliche Stapel zu sortieren. Tibo blieb in der Tür stehen und betrachtete sie mit derselben Ehrfurcht, mit der man einem Sonnenaufgang oder einem besonders schönen Gemälde begegnet. Agathe war atemberaubend schön, rundlich und von edler Blässe, sie glich in Form und Farbe dem

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