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Die Liebesluege

Titel: Die Liebesluege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sissi Flegel
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Wurst, eine Schüssel Salat und eine appetitlich duftende Lasagne auf den Tisch gestellt. Nachdem die Platten herumgereicht worden waren und sich alle bedient hatten, hob Charly den Kopf. »Wir haben von einem Pavillon gehört. Es soll eine Story geben -«
    »- in der berichtet wird, dass dort unser Hausgeist umgeht?
« Professor Mori lächelte. »Wie gut, dass ihr schon gewarnt wurdet!«
    »Ein Hausgeist?« Charly ließ die Gabel sinken und warf den Kopf zurück. »Ich glaube nicht an Geister und Gespenster.«
    »Das ist eine sehr gesunde Einstellung. Allerdings gab es in der Vergangenheit doch einige Schülerinnen und Schüler, die meinten, ihnen wäre nachts ein grauenhaftes Monster erschienen.«
    »Klar.« Charly spießte ein Salatblatt auf die Gabel. »Im Traum.«
    »So könnte man es erklären«, meinte Professor Mori gelassen. »Es gibt aber in unserem Park eine Stelle, die einen gewissen Bezug zu einem Monster haben soll. Miss Reeves ist Englischlehrerin und Spezialistin auf dem Gebiet unseres Hausmonsters. Bitte, Miss Reeves!«
    Miss Reeves hatte dunkle, schulterlange Haare und trug eine blutrote Seidenbluse; jetzt nahm sie einen Schluck aus ihrem Wasserglas und lächelte dann Elena und Charly an.
    »Ihr habt sicher schon von Frankenstein gehört. Nun, Frankenstein ist eine Erfindung von Mary Shelley. Ihr Held, Victor Frankenstein, stückelte eine menschliche Gestalt aus Leichenteilen und Resten von Tierkadavern zusammen und erschaffte so ein Monster. Ursprünglich war es durchaus gutartig, entwickelte aber aufgrund fortwährender Zurückweisung einen unbändigen Hass auf seinen Schöpfer. Folglich tötete es aus Rache, was diesem lieb und teuer war: seinen jüngeren Bruder, seine Verlobte, den besten Freund. Schließlich nahm Frankenstein den Kampf mit seinem Geschöpf auf, er verfolgte das Monster durch die ganze Welt bis hinauf zum Nordpol und starb dort, zu Tode erschöpft, im Packeis.«

    »Ich sehe aber keinen Bezug zu Villa Rosa«, warf Elena interessiert ein.
    »Bedeutende Schlüsselszenen der Geschichte spielen am Genfer See und in den umliegenden Bergen«, erklärte Miss Reeves. »Eine davon soll dort stattgefunden haben, wo sich jetzt der Pavillon hinter der Sporthalle befindet.«
    Natürlich hatte Elena schon einmal von Frankenstein gehört, hatte aber gedacht, das sei der Name des Monsters. Dass es ursprünglich gutartig war und nur durch gemeine oder unverständliche Reaktionen anderer bösartig wurde und sich darüber freute, diese auch ins Unglück stürzen zu können, war nur zu verständlich.
    Sie schrak zusammen, als Professor Mori in ihrer gelassenen und doch so präzisen Art feststellte: »Frankenstein ließ sich in leichtsinniger Selbstüberschätzung auf ein Experiment ein, dessen Folgen er nicht abschätzen konnte. Als alles aus dem Ruder lief, hat er letztlich die Verantwortung für die Taten des von ihm geschaffenen Geschöpfs nicht übernommen. Frankenstein war meiner Meinung nach ein Feigling.«
    Miss Reeves nahm eine Scheibe Brot aus dem Korb und legte sich etwas Käse auf den Teller. »Das ist sicher richtig. Ich bezweifle aber, dass es Mary Shelleys Absicht war, Frankenstein als … na ja, als Heuchler darzustellen. Ihr Mann hat nämlich dazu geschrieben: › Darin besteht die eigentliche Moral des Buches: Behandle eine Person schlecht, und sie wird verrucht werden. Vergilt Zuneigung mit Verachtung, und du bürdest dem Wesen unwiderstehliche Zwänge auf: Bosheit und Selbstsucht.‹«
    Elena verschluckte sich und hustete; das Messer rutschte ihr aus den Fingern und landete mit lautem Klirren auf dem Porzellan. »Entschuldigung, sorry«, stieß sie hervor,
schob den Teller zurück und fischte hastig ein Taschentuch aus ihrer Jeans.
    »Ist dir schlecht? Du bist ganz weiß im Gesicht. Hier, trink einen Schluck, dann geht es dir gleich besser.« Charly drückte ihr das Glas in die Hand.
    Ohne abzusetzen trank Elena es aus. »Danke.« Ihre Hand zitterte leicht, als sie es auf den Tisch stellte und ihre Brille gerade rückte.
    »Du solltest das Essen nicht zu hastig in dich hineinschaufeln; es steht genug für alle auf dem Tisch«, zischte Swetlana so leise, dass nur Elena und Charly sie hören konnten.
    »Und du«, Charly drohte ihr mit dem Messer, »du solltest nicht zu viel in dich hineinschaufeln. Oder willst du wirklich noch dicker werden, Swetty?«
    Professor Mori war der Schlagabtausch entgangen. Sie blickte in die Runde, sah, dass nun die meisten vor leer gegessenen Tellern

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