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Die Liebesluege

Titel: Die Liebesluege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sissi Flegel
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möglich … Ja. Egal … Elena, ich sag dir, das Monster kann mich mal. Mich interessiert, wer sich in unser Zimmer geschlichen hat. Wer wusste, dass ich mit Victoria lerne und du mit Max im Grünen bist?«
    »Alle, die mit uns am Tisch saßen: Jem, Mia und Sophia-Leonie.«
    »Das sind unsere Freunde!« Charly prüfte den Sitz der Schleife vorm Spiegel. »Was haben die mit dem Monster im Sinn, falls es sich tatsächlich um einen Hinweis darauf handeln sollte? Wenn es Poldy getan hätte! Aber der wusste nicht, dass wir nicht im Zimmer waren.«
    »Poldy ist ein guter Beobachter. Vielleicht hat er gesehen, wie wir nach dem Essen weggegangen sind? Das Band an die Decke zu pinnen dauert nur eine Sekunde.«
    »Möglich, dass es Poldy war. Auf jeden Fall achten wir im Speisesaal auf die Leute. Aber jetzt komm!«
    Wie immer trugen alle außer ihnen den weinroten Pulli der Rosianer. Selbstbewusst schaufelte Charly Rührei mit Speck und gebratene Pilze auf ihren Teller und ließ dabei ihre Umgebung nicht aus den Augen.
    Auch Elena passte auf, aber nur Sophia-Leonie zupfte an der Schleife. »Sieht schick aus, Darling. Gehört das in Zermatt zum Outfit der -«

    Victoria und Mia fielen ihr ins Wort. »Die Mathearbeit!«
    Die Mathearbeit war und blieb das Thema. Charlys rotes Halsband interessierte niemand.

    In der ersten Stunde hatten die Zehner Bio, die nächsten zwei Schulstunden waren für die Klassenarbeit vorgesehen.
    Im Gegensatz zu seinem Namen war Monsieur Grandjean klein, dünn, schwarzäugig, dunkelhaarig und Kettenraucher, was man roch und seiner faltigen, gelblich verfärbten Haut ansah.
    Monsieur Grandjean war Mitte Fünfzig und ein begeisterter Mathematiker und begnadeter Lehrer; alle mochten ihn, weil er auch noch dem Dümmsten auf die Sprünge half und sogar für Victorias Matheschwäche Verständnis aufbrachte. Mathe-Legasthenie nannte er es und tröstete sie damit, dass nicht alle fehlerlos schreiben konnten, weshalb also sollte sie fehlerlos rechnen können?
    Obwohl er Verständnis für seine Schüler hatte, verlangte er viel von ihnen, und seine Arbeiten waren gefürchtet. Elena hatte noch nie Schwierigkeiten in Mathe gehabt, und auch Charly liebte das Fach; beide sahen der Arbeit gelassen entgegen.
    Nachdem Monsieur Grandjean die Blätter mit den Aufgaben verteilt hatte, breitete sich Stille aus.
    Jemand hustete, danach hörte man, wie ein Bonbon ausgewickelt wurde, das Papierchen raschelte. Draußen fuhr ein Lieferwagen vor; der Kies knirschte, eine Autotüre wurde zugeschlagen, zwei Männer unterhielten sich, Mia stand auf. »Lass nur«, winkte Monsieur Grandjean ab. »Ich schließe das Fenster.«
    Er lehnte sich an die Wand und besah seine gelb verfärbten Finger. Nach einer Weile legte er die Hände auf den
Rücken und ging leise durchs Klassenzimmer. An Victorias Tisch blieb er stehen und schaute ihr über die Schultern.
    Victoria hatte zuerst aufgestöhnt, aber nachdem Charly sich geräuspert und zwei Finger hochgehalten hatte, was Aufgabe zwei bedeutete - Charly hatte mit ihr fast dieselbe durchgearbeitet -, rechnete Victoria, schrieb, radierte, zeichnete und war sehr eifrig bei der Sache.
    Monsieur Grandjean beugte sich über Victorias Heft. »Nur weiter so!«, hörte Charly ihn ermutigend flüstern. »Das wird was!«
    Sie sah zu den anderen hinüber. Elena arbeitete stetig und selbstsicher, nur Max schien nicht ganz bei der Sache zu sein.
    Plötzlich stand Monsieur Grandjean neben Swetlanas Tisch und streckte die Hand aus. »Das gibst du mir.«
    Im Klassenzimmer war es mucksmäuschenstill. Niemand schrieb. Alle Augen waren auf Swetlana und Monsieur Grandjean gerichtet.
    »Bitte.« Monsieurs Ton hatte nichts Verbindliches an sich.
    Swetlana regte sich nicht.
    »Swetlana, den Trick kannte meine Mutter, vielleicht sogar schon meine Großmutter. Er ist steinalt. Du ziehst jetzt umgehend das Papier aus deinem Strumpf und gibst es mir.«
    Swetlana reagierte nicht, aber Monsieur Grandjean war nicht aus der Ruhe zu bringen. »Swetlana, es ist dir nicht gedient, wenn ich Frau Professor Mori rufe. Du wirst mir jetzt den Zettel geben, und merk dir eines: ICH SCHAUE NICHT WEG!«
    Jemand kicherte.
    Charly stieß Elena an. Die ganze Klasse beobachtete gebannt,
wie Swetlana graziös das linke Bein ausstreckte und dann ganz langsam den langen schwarzen Rock hochzog, bis der Rand des Perlonstrumpfes freilag.
    Ein, zwei Jungs pfiffen leise durch die Zähne, denn kein Straps hielt ihn, er hatte einen handbreiten

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