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Die Lieder der Erde - Cooper, E: Lieder der Erde - Songs of the Earth 1

Die Lieder der Erde - Cooper, E: Lieder der Erde - Songs of the Earth 1

Titel: Die Lieder der Erde - Cooper, E: Lieder der Erde - Songs of the Earth 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elspeth Cooper
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ins Tal an wenigen Häusern vorbei, dann an noch einigen, schließlich gingen Seitenstraßen von ihr ab, in denen sich Tavernen, Warenhöfe und Tierpferche befanden. Bald war es nicht mehr möglich, zwischen den Häusern das umliegende Ackerland zu sehen. Der Geruch nach Rauch und Abfall wurde vorherrschend, der von Erde und frisch gemähtem Heu war kaum mehr wahrnehmbar. Die Häuser, die sich immer dichter zusammendrängten, waren nun drei oder sogar vier Stockwerke hoch. Die reicheren Einwohner konnten sich Fenster aus farbigem Glas leisten, das Gair bisher nur in Kirchen gesehen hatte. In Leah waren die Fenster schmucklos und besaßen Bleieinfassungen sowie feste Läden zum Schutz vor den Stürmen. Er hätte nie geglaubt, dass man sie so verzieren konnte.
    Alderan war von all diesen wunderbaren Seltsamkeiten unberührt und wirkte ein wenig gelangweilt, während Gair wie ein Bauernlümmel in die Gegend starrte. Er versuchte, genauso gefasst wie der alte Mann zu sein, aber es war ihm unmöglich, denn hinter jeder Straßenbiegung zeigte sich ihm etwas Neues. Gebäude mit Säulengängen davor rahmten weite Plätze mit Springbrunnen in der Mitte ein, und überall bewegten sich Unmengen von Menschen umher. Statuen hielten segnend die Hände hoch oder schauten gebieterisch zum Horizont. Am Rande der Straßen standen großblätterige Bäume, um deren Stämme Blumen in mehr Farben gepflanzt waren, als er benennen konnte. Es gelang ihm nur mit Mühe, seinen Unterkiefer nicht herunterklappen zu lassen.
    Als sie das dritte Stadttor, einen breiten Bogen aus rötlichem elethrainischen Granit, erreicht hatten, dämmerte bereits der Abend herauf, und sie kamen nur noch schleppend voran. Die Schlange vor ihnen ließ das Gedränge vor dem Anorien-Tor von Dremen wie eine bloße Wartereihe in einer Dorfbäckerei erscheinen, doch endlich hatten auch sie es geschafft und gelangten auf einen Platz von der Größe eines Dorfangers. Die Masse der Leute nahm ein wenig ab, denn einige gingen hierhin, einige dorthin, und schließlich verwandelten sich alle Rücken, die Gair während der langen Wartezeit vertraut geworden waren, in dahineilende Bürger und verschwanden wie Regentropfen in einem Bergbach.
    Alderan lenkte sein Pferd auf eine Seitenstraße zu, und Gair folgte ihm.
    »Wohin gehen wir?«
    »Es ist aussichtslos, heute Nachmittag noch eine Passage zu bekommen, also müssen wir irgendwo die Nacht verbringen.«
    »Hier? Warum nicht näher beim Hafen?«
    »Weil ich es vorziehe, mein Bett nicht mit Kreaturen zu teilen, die mehr Beine haben als ich. Da unten bei den Docks gibt es Ratten, die so groß wie Terrier sind.«
    Gair zog sich der Magen zusammen. »Ratten?«
    »Sie kommen von den Getreideschiffen. Es sind ganz große, und sie sind voller Flöhe.«
    »Ich verstehe.« Ihm wurde übel.
    Alderan drehte sich um und sah ihn an. »Sag mir nicht, dass du Angst vor Ratten hast.«
    »Keine richtige Angst, aber …« Gair schluckte. Eine Erinnerung aus seiner Vergangenheit stieg in ihm auf – eine Erinnerung an dunkle, seltsam riechende Orte und einen kleinen Jungen, der das Gleichgewicht verloren und kopfüber in eine Schar unsichtbarer pelziger Wesen gestürzt war, die herumgehuscht waren und gequiekt und ihn gebissen hatten. Er zitterte. »Ich mag sie bloß nicht.«
    »Ich verstehe.« Alderan lächelte. »Komm. Nicht weit von hier gibt es eine gute Herberge.«
    Die Straße verlief zunächst parallel zur Stadtmauer und führte dann durch zwei weitere Torbögen in deutlich ältere Bereiche der Stadt. Sie wurde immer steiler, je mehr sie sich den Berghang empor der gewaltigen rostroten Zitadelle näherten.
    Schließlich führte Alderan sein Pferd durch ein großes zweiflügeliges Tor unter einem Holzbalkon. Blaue Schatten kletterten an den Mauern des Innenhofes hoch, und abendliche Essensdüfte drangen aus der Tür der Herberge.
    Gairs Magen verkündete ihm knurrend, dass es seit der letzten Mahlzeit schon recht lange her war. Am Ende des großen, rechteckigen Gastraums verlief an der gesamten Rückwand von der Küchentür bis zur Treppe eine Theke, vor der eine Reihe gedrungener Fässer wie Schweine vor einem Trog standen.
    Alderan klopfte auf die Theke. »Wirt?«
    Ein rundlicher Mann in einer weißen Schürze kam aus dem Hinterzimmer und trocknete sich gerade die Hände an einem Tuch ab. »Was ist Euer Begehr, Herr?«, fragte er freundlich und warf sich das Handtuch über die Schulter. »Bier? Wein? Wir haben soeben sehr guten

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