Die Lieder der Erde - Cooper, E: Lieder der Erde - Songs of the Earth 1
Satteltaschen höher auf seine Schultern und fragte sich, wo Alderan blieb. Seine Stiefel fühlten sich zu klein für seine pochenden Füße an, die Augen taten ihm vom Blinzeln weh, und er hatte einen Sonnenbrand auf der Stirn. Weißhaven war der geschäftigste Hafen am Nordufer des Inneren Meeres, und Gair war bereits so oft angerempelt, beiseitegestoßen und auf die Füße getreten worden, dass er sich allmählich wie Treibgut im Strom des Verkehrs fühlte. Bei allen Heiligen, es war heiß .
Eine Hand klopfte Gair auf die Schulter. Er drehte sich um. Da war Alderan, der noch immer so aussah, als käme sein Hemd frisch aus der Wäscherei. Wie machte er das bloß?
»Wir haben Glück«, verkündete der alte Mann. »Die Kielkätzchen liegt im Hafen und wird heute Nacht auslaufen. Kapitän Dail ist ein alter Freund von mir. Er hat mir versprochen, dass wir Ende nächster Woche in Pencruik sein werden.«
»Gibt es irgendjemanden auf dieser Welt, den Ihr nicht kennt?«
»Über die Jahre habe ich viele Meilen zurückgelegt, das ist alles. Und ich vergesse meine Freunde nicht.« Alderan ging am Hafen entlang, und Gair folgte ihm. »Komm, sie liegt am nächsten Kai.«
»Heißt das, dass wir endlich aus der Sonne herauskommen? Meine Füße schmelzen schon.«
»Verträgst du die Hitze nicht?«
»Ich bin ein Nordmann und nicht an sie gewöhnt. Dort, wo ich herkomme, liegt das ganze Jahr über Schnee auf den Bergen.« Gair verzog das Gesicht. »Ich vermisse den Schnee.«
»Sobald wir vom Land weg sind, wird es kühler. Du wirst schon sehen.«
»Das hoffe ich. Allmählich bekomme ich Blasen auf meinen Blasen.«
Die Kielkätzchen stellte sich als etwas größer heraus, als ihr Name es andeutete. Sie war hübsch in Blau und Weiß gestrichen und besaß drei Masten sowie eine Reihe von Bullaugen, die darauf schließen ließen, dass sie regelmäßig neben Fracht auch Passagiere beförderte. Vom Kai aus schwenkten mit Fässern beladene Lastkräne hin und her, und Seeleute dirigierten die Fracht durch die geöffneten Deckluken. Im Bug überwachte der Bootsmann die Reparatur eines abgenutzten Segels, und auf dem kleinen Achterdeck feilschte ein stämmiger sonnengebräunter Mann mit dem Hafenmeister.
Alderan ging die Planke zum Deck hoch und hob den Arm. »Ahoi, Kapitän Dail. Bitte für zwei Mann um Erlaubnis, an Bord kommen zu dürfen.«
Der Mann auf dem Achterdeck winkte zustimmend und wandte sich wieder dem dicken Hafenmeister zu. Eine Börse wechselte den Besitzer, ein Empfangsschein wurde quittiert, und der Hafenmeister wurde zum Kai geleitet.
Als das Geschäft abgeschlossen war, schritt der Kapitän zu seinen Gästen hinüber und begrüßte sie. Er hatte den leichten, etwas rollenden Gang eines Mannes, der sein ganzes Leben auf dem Meer verbracht hatte, und ein rötliches, wettergegerbtes Gesicht, in dem zwei blassblaue Augen wie Eier in einem Nest aus feinen Runzeln lagen.
Alderan stellte Gair als einen neuen Schüler für die Bibliothek vor.
Dail betrachtete ihn von oben bis unten, so wie er eine Takelage betrachten mochte, und streckte dann die Hand aus. »Bist du schon einmal zur See gefahren, Junge?«, fragte er. Er hatte einen breiten syfrischen Akzent, und sein Händedruck erinnerte an eine zuschnappende Bärenfalle.
»Ein bisschen. Entlang der Küste von Leahaven.«
»Dann wird es nicht schlimm für dich werden. In dieser Jahreszeit ist das Meer so ruhig wie ein Mühlenteich.« Er pfiff einen der Seeleute herbei und deutete auf die Leiter, die unter Deck führte. »Verstaut euer Gepäck und nehmt euch die Kabinen, die euch gefallen. Wir segeln mit der Flut.«
Unter Deck verlief ein kurzer, holzgetäfelter Gang zum Heck, an dem zu beiden Seiten je drei Passagierkabinen lagen. Alle waren leer, und so nahm sich jeder eine eigene Kabine. Die Kojen an den Schotten waren für kleinere Männer als Gair gebaut, aber die Matratze fühlte sich recht bequem an. Nachdem er sein Gepäck in einer Schublade unter der Koje verstaut hatte, kletterte er wieder an Deck und gesellte sich zu Alderan. Er hörte gerade noch, wie Dail den Matrosen befahl, mit dem Ablegemanöver zu beginnen. Nach weniger als einer Stunde war die Kielkätzchen ausgelaufen.
Während die Küste Syfriens hinter ihnen verschwand, speisten Gair und Alderan mit dem Kapitän zu Abend. Dail kannte eine Menge Seegeschichten, die er bei schwerem rotem Portwein zum Besten gab. Gair fand keinen großen Gefallen an diesem Getränk und döste über seinem
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