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Die Lieder der Erde - Cooper, E: Lieder der Erde - Songs of the Earth 1

Die Lieder der Erde - Cooper, E: Lieder der Erde - Songs of the Earth 1

Titel: Die Lieder der Erde - Cooper, E: Lieder der Erde - Songs of the Earth 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elspeth Cooper
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Glas, während sich die anderen beiden in Erinnerungen ergingen und der Pegel in der Flasche beständig sank. Ruckartig wurde er wieder wach, als sich die Bewegungen des Schiffes änderten und es heftiger stampfte.
    Dail warf einen Blick hoch zu den Deckenplanken. »Der Wind frischt auf«, sagte er. »Es könnte später noch ziemlich blasen.« Er trank sein Glas leer und stellte es ab.
    »Ich dachte, Ihr habt gesagt, dass es zu dieser Jahreszeit so ruhig wie ein Mühlenteich ist«, murmelte Gair und versteckte ein Gähnen hinter vorgehaltener Hand.
    »Das ist es auch, keine Angst. Bitte entschuldigt mich jetzt. Ich muss noch ein Wörtchen mit dem Bootsmann wechseln, bevor ich schlafen gehe.«
    Gair wünschte Alderan eine gute Nacht und folgte dem Kapitän hinaus; dann machte er sich auf den Weg in seine Kabine. Als er in die Koje fiel, war sein letzter zusammenhängender Gedanke, dass die Seeluft immer die gleiche Wirkung auf ihn hatte.
    Später weckte ihn die Bewegung des Schiffes, und er wäre fast aus seiner Koje gefallen. Er brauchte kein Seemann zu sein, um zu erkennen, dass es nicht zum Besten stand. Er musste die Füße gegen die Schotten und die Ellbogen gegen die Seiten der Koje stemmen, damit er nicht auf den Boden geschleudert wurde. Die Kielkätzchen schnitt nicht mehr leichthin durch die Wogen. Jetzt stürzte sie in ein Wellental, taumelte kurz darauf die nächste Welle hoch, und die Spanten ächzten protestierend auf. Und da war jemand, der gegen seine Tür hämmerte.
    »Ich komme!« Er warf die Laken von sich und kämpfte sich auf die Beine. Fast sofort wurde er wieder in die Koje zurückgeschleudert. Als er endlich seine Stiefel in der Finsternis gefunden hatte, war ihm, als sei er bereits einmal von jedem Balken und jeder Ecke der Kabine abgeprallt. Irgendwo über ihm läutete eine Glocke Alarm; es waren drei schnelle Schläge, dann eine Pause, dann begann es von Neuem. Rufe gellten durch den tosenden Wind, und Stiefel stapften über das Deck.
    Alderan wartete im Gang. Er drückte seine stämmigen Arme gegen die Wände, während Meerwasser nach achtern eindrang, um seine Füße schwappte und über die hohen Türschwellen zu treten drohte. Die Kleidung des alten Mannes war dunkel vor Nässe und klebte an seiner Haut, und er hatte sich ein langes Seil um die Hüfte gebunden. Er wurde von einer einzelnen Laterne angeleuchtet, die wie verrückt an einem Ring in der Decke schwankte, und wirkte mit seinem tropfenden Bart und dem nassen Haar wie ein Meeresgott aus einer Nordmann-Saga. »Komm endlich, Junge. Ich brauche dich!«
    »Wie schlimm ist es?«
    »Schlimm genug.«
    Die Kielkätzchen raste die nächste Welle empor und zwang Gair, sich an den Handläufen den immer steiler werdenden Gang hochzuziehen. Dann kippte das Schiff wieder herunter, und er und Alderan wurden gegen die Leiter zu den Kabinen geschleudert. Bei jeder Welle war es dasselbe: ein schwankender Aufstieg, gefolgt von einem wilden, spiralförmigen Abstieg in die Tiefe. Kaltes Salzwasser ergoss sich in regelmäßigen kurzen Abständen durch die Luke, und als Gair endlich hinter Alderan auf das Deck geklettert war, war er vollkommen durchnässt.
    Hier oben sah es auch nicht besser aus. Der Wind trieb den Regen in Schleiern über das Deck, die sich mit der beißenden Gischt vom Bug vereinten, und der Sturm kreischte und rüttelte an der Takelage wie ein Wahnsinniger an seinen Ketten.
    »Dieses verdammte Wetter ist aus dem Nichts gekommen!« Kapitän Dail taumelte vom Ruder, an das sich zwei Matrosen gebunden hatten, das ansteigende Deck hinauf und kämpfte darum, die Kielkätzchen auf Kurs zu halten. »Der Wind ist so schnell aufgefrischt, dass er uns beinahe an der Breitseite erwischt hätte. Ich konnte nur noch die Segel reffen und beidrehen. Sie fällt bald auseinander!«
    Alderan schob Gair zum Hauptmast und band ihm ein Seil um die Hüfte. Die wogende See um sie herum war so dunkel wie Tinte. Wolken schluckten den letzten Rest Tageslicht. Die Takelage schlug, und mit jeder neuen Welle trieb die Gischt über das Deck.
    »So etwas hab ich noch nie gesehen«, rief Dail, »nicht in dreißig Jahren in diesen Gewässern! Der Sturm kommt aus der falschen Richtung, und dies ist die falsche Jahreszeit!«
    Das Wasser prallte gegen Gair und riss ihm die Füße weg. Alderan stellte sich breitbeinig hin, ließ sich von dem Schiff tragen wie von einem Hengst und half Gair wieder auf die Beine. Der alte Mann hielt seine Schulter mit festem Griff und

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