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Die Lieder der Erde - Cooper, E: Lieder der Erde - Songs of the Earth 1

Die Lieder der Erde - Cooper, E: Lieder der Erde - Songs of the Earth 1

Titel: Die Lieder der Erde - Cooper, E: Lieder der Erde - Songs of the Earth 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elspeth Cooper
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Himmel starke Ähnlichkeit mit Onkel Merions Haus in Schwarzfels gehabt hatte.
    Und dann war der erste Ton der Sangs in ihm erklungen. Bald darauf waren die Messen für ihn zum Schrecken geworden, und seine Gebete waren ein verzweifeltes Flehen gewesen, er möge unentdeckt bleiben. Er glaubte nicht, dass die Göttin seitdem noch einmal zu ihm gesprochen hatte. Wenn es doch der Fall gewesen sein sollte, dann hatte er sie nicht gehört. Es war ihm immer weniger wichtig erschienen, die Anstrengung zu unternehmen, mit ihr zu reden, wo es doch kaum Hoffnung auf eine Antwort gab.
    Wenn er ein wahrer Gläubiger wäre, dann würde er jetzt in der Kapelle knien und um geistige Führung sowie Lossprechung von seinen Sünden beten, anstatt in seinem Zimmer zu hocken … aber wenn er ein wahrer Gläubiger wäre, dann wäre er nie hierhergekommen. Er hätte sich der Kirche ausgeliefert und seine Buße in den Flammen in dem Wissen auf sich genommen, dass sein Platz im Himmel dadurch gesichert war. Er war sich aber nicht sicher, ob er für diese Art von Glauben genug Mut aufbringen konnte.
    Ohne es bewusst zu wollen, blätterte Gair zum Buch der Gebote weiter. Er kannte die Worte auswendig, aber las sie trotzdem noch einmal. Kapitel zwölf, Vers vierzehn: »Einen Hexer oder eine Hexe sollst du nicht leben lassen, und du sollst alle Werke des Bösen fliehen, auf dass deine Seele nicht in Gefahr gerate.«
    Hatte Alderan recht? Existierte die Sünde wirklich nur im Geist der Menschen? Wenn dem so war, war er dann ein Hexer? In den Augen der Kirche, der Stimme der Göttin auf Erden, war er das sicherlich. Und in den Augen der anderen Menschen? Vielleicht ja, vielleicht nein. Er war mit dieser Gabe geboren worden; und dadurch war sie doch sicherlich eine Gabe Eadors persönlich. War er in ihren Augen ein Hexer? Diese Frage vermochte er nicht zu beantworten.

11
    Die Küche des Kapitelhauses war an Frühaufsteher gewöhnt. Als Gair das Refektorium eine Stunde nach Sonnenaufgang betrat, waren die Diener schon an der Theke beschäftigt, und ein gutes Viertel der Tische war belegt. Gair nahm ein Frühstück aus warmem Gewürzbrot und Tee auf demselben Eckplatz zu sich, den er auch gestern Abend eingenommen hatte, und beobachtete das Kommen und Gehen der anderen, während er aß.
    Die Bewohnerinnen und Bewohner des Kapitelhauses schienen in keine besondere Kategorie zu fallen. Sie kamen aus allen Altersschichten und aus fast allen Nationen, die er kannte. Er sah einige Leahner, so langgliedrig und blond wie er selbst, sowie Tylaner mit etwas dunklerer Hautfarbe, Belisthaner und einige Wüstenbewohner, die so dunkel wie poliertes Mahagoni waren. Er bemerkte sogar eine Astolanerin mit dem typischen goldenen Teint und der katzenhaften Anmut. Sie alle sprachen die gemeinsame Sprache, aber mit einer Vielzahl von Akzenten. Die Atmosphäre entspannter Fröhlichkeit stand in vollkommenem Kontrast zu der Ernsthaftigkeit, die im Mutterhaus geherrscht hatte. Dort hatten die Novizen nur für ihre freien Stunden gelebt, wenn sie hinaus auf den Rasen gehen, rennen, rufen und sich heiser lachen durften – und das alles in dem Bewusstsein, dass es wieder für sieben Tage reichen musste.
    Er trank gerade seine zweite Tasse Tee, als Alderan in der Tür erschien. Der alte Mann trug nun einen langen blauen Mantel über seiner abgetragenen Reisekleidung, wirkte aber noch immer zerknittert.
    »Guten Morgen«, sagte er, als er bei Gairs Tisch ankam. »Hattest du eine gute Nacht?«
    »Sehr gut.« Der fremde Raum und die unbekannten nächtlichen Geräusche hatten ihn nicht lange wach gehalten, und dann hatte er wie ein Stein geschlafen.
    »Bist du bereit?«
    »Ich glaube schon. Es ist aber schwer zu sagen, weil ich nicht weiß, wozu ich bereit sein soll.« Gair trank seinen Becher leer und setzte ihn ab.
    »Für die Prüfung. Ich vermute, Darrin hat dir einiges über sie erzählt?«
    »Ja. Er war überrascht, dass Ihr sie nicht schon früher erwähnt habt.«
    Gair freute sich nicht gerade auf dieses Ereignis. Er hatte seine Gabe so lange verborgen, dass es ihm schwerfiel, nun offen mit ihr umzugehen. Einen Glimm vor Alderan in der Abgeschiedenheit einer Schiffskabine zu erschaffen war etwas völlig anderes, als seine Fähigkeiten in ganzem Umfang vor einer Reihe von Meistern zu demonstrieren, die ihm vollkommen fremd waren.
    Er sah den alten Mann an und erwartete eine Reaktion auf seine Bemerkung, aber es kam keine. »Was ist, wenn ich nicht geprüft werden

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