Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Lieder der Erde - Cooper, E: Lieder der Erde - Songs of the Earth 1

Die Lieder der Erde - Cooper, E: Lieder der Erde - Songs of the Earth 1

Titel: Die Lieder der Erde - Cooper, E: Lieder der Erde - Songs of the Earth 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elspeth Cooper
Vom Netzwerk:
langen blauen Mänteln trugen die Meister Alltagskleidung; alle hatten einen staubigen Saum und abgewetzte Schuhe. Vor ihnen war eine seltsame Ansammlung von Gegenständen aufgebaut, zu denen auch ein Holzbalken, ein Pferdetrog voller Wasser und ein Haufen großer Steine gehörten.
    »Sechs?«, flüsterte der Adept. »Du musst gut sein. Ich hatte nur zwei. Viel Glück!«
    Er verneigte sich vor den Meistern und verließ den Hof.
    Gair ging die letzten Schritte hinüber zu Alderan und stellte sich neben ihn.
    Vier Männer und zwei Frauen beobachteten ihn. Eine der Frauen hatte die kupferfarbene Haut und die habichtartigen Gesichtszüge der südlichen Wüstenbewohner. Sie trug ein Männerhemd und Stiefel, hatte die Ärmel bis zu den Ellbogen hochgerollt und schlanke, sehnige Unterarme, und ihr blauschwarzes Haar war kurz geschoren wie das eines Jungen. Als sie aufschaute, waren ihre Augen nicht schlehenschwarz, wie er erwartet hatte, sondern von einem lebhaften, verblüffenden Blau. Die andere Frau war im Gegensatz dazu weißhaarig, untersetzt und großmütterlich. Sah man von einem gewaltigen Smaragdring an der einen Hand ab, wirkte sie so hausbacken, dass es nicht weiter aufgefallen wäre, wenn sie Mehl an den Ärmelaufschlägen gehabt hätte.
    Die vier Männer waren in ihrem Erscheinungsbild genauso unterschiedlich. Zwei waren dunkel und einander so ähnlich von Statur und Aussehen her, dass sie Brüder, ja sogar Zwillinge hätten sein können. Von den anderen beiden war der eine blond und bärtig, der andere hatte eine rötliche Haut, war sauber rasiert und ein wenig untersetzt. Alle sechs beobachteten Gair mit der Aufmerksamkeit von Bietern bei einer Viehauktion. Gair bemühte sich, aufrecht zu stehen und nicht herumzuzappeln. Er fand schnell heraus, dass die Blicke der Meister nicht ganz so beunruhigend waren, wenn er geradeaus auf die leere Bank zwischen den beiden Frauen schaute.
    »Das ist Gair«, setzte Alderan an. »Er ist vom suvaeonischen Mutterhaus in der Heiligen Stadt Dremen zu uns gekommen, damit wir ihn prüfen und in der Verantwortung unterweisen, die das Privileg der Macht mit sich bringt. Er ist zu uns gekommen aus freiem Willen, aber in dem Bewusstsein, dass das, was er ist und was aus ihm werden wird, ihn für immer von allen anderen Menschen auf der Welt trennt. Er ist zu uns gekommen, weil er ein Gaeden sein will.«
    »Willkommen, Gair«, sagten die Meister förmlich. Gair verneigte sich und hoffte, dass das die angemessene Geste war. Die großmütterliche Meisterin schenkte ihm ein Lächeln, das so süß wie ein hausgemachtes Karamellbonbon war.
    Alderan trat einige Schritte zurück und wich hinter Gair zur Seite. Sofort summte die Luft vor Spannung. Die Haare auf Gairs Armen richteten sich auf, als ob ihm jemand mit dem Fingernagel über das Rückgrat gefahren wäre. Was immer er da fühlte, es war überall um ihn herum, wie ein Käfig, sogar unter seinen Füßen. Ein Zittern des Unbehagens durchfuhr ihn, und seine Nerven vibrierten. Er fühlte sich an einen anderen Käfig erinnert, einen aus Eisen, und musste hart darum kämpfen, ihn aus seinen Gedanken zu vertreiben.
    Der dünne, blonde Meister sprach zuerst. Seine Stimme war überraschend tief und rau für einen so schlanken Menschen. »Ich bin Godril«, sagte er. »Kannst du mit Feuer arbeiten?«
    »Ja.«
    »Zeige mir eine Flamme.«
    Gair tastete in seinem Innern nach dem Sang. Dieser erhob sich, begrüßte Gair überschwänglich wie ein junger Hund und erfüllte jeden Teil von ihm mit Energie. Rasch hatte Gair die wispernde Musik der Flamme gefunden und streckte die Hand aus. Eine kleine gelbe Flamme zuckte über seine Handfläche und pulsierte im Einklang mit seinem Herzschlag. Er stabilisierte sie und ließ sie durch die Luft vor ihm züngeln. Mühelos löschte Godril sie aus.
    »Das ist eine Illusion. Zeig mir richtiges Feuer.«
    Ein Strohhalm lag auf dem Boden vor Gairs Füßen. Er hob ihn auf und entzündete ihn wie eine Kerze. Während er den Blick unablässig auf Godril gerichtet hielt, ließ er den Halm bis zu seinen Fingerkuppen herunterbrennen und warf dann den Rest weg. Er verschrumpelte und löste sich auf.
    »Jetzt den.« Godril deutete auf den Stamm. Er war sechs Fuß lang, grob zu einem Block gehauen und vom Umfang wie Gairs Hüfte. Der Stamm war frisch gefällt, und an den Sägerändern klebte noch der Saft. Gair konzentrierte sich. Grünes Holz anzuzünden war immer schwierig, auch wenn man einen guten Feuerstein und viel

Weitere Kostenlose Bücher