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Die Lieder der Erde - Cooper, E: Lieder der Erde - Songs of the Earth 1

Die Lieder der Erde - Cooper, E: Lieder der Erde - Songs of the Earth 1

Titel: Die Lieder der Erde - Cooper, E: Lieder der Erde - Songs of the Earth 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elspeth Cooper
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will?«
    »Du musst. Daran kommt kein Schüler vorbei. Diese Prüfung erlaubt es uns, deine Gabe einzuschätzen und herauszufinden, was du kannst und was nicht und was du vielleicht noch lernen kannst. Und dann erhältst du von uns die passende Ausbildung. Du hast mich doch darum gebeten, dich zu unterrichten. Auch wenn du dich weigerst, werden wir dich auf die Probe stellen.« Jetzt lächelte Alderan. »Aber es macht viel mehr Spaß, wenn du mit uns zusammenarbeitest.«
    Gair stand auf. »Weißt du, du hast mir nicht annähernd so viel über diesen Ort erzählt, wie du hättest erzählen können.«
    Alderan schien durch den Vorwurf nicht beleidigt zu sein. »Ich habe dir die Wahrheit gesagt«, meinte er schlicht.
    »Nicht die ganze. ›Täuschung ist das Handwerk des Namenlosen, des Vaters der Lügen. Sei offen und aufrecht in all deinen Handlungen, und die Göttin wird auf dich herablächeln.‹«
    Der alte Mann brach in ein so lautes und schallendes Gelächter aus, dass einige Leute von ihrem Frühstück aufschauten. »Bei allen Heiligen, du zitierst vor mir die Schrift! Du hast recht, mein Junge.« Er lachte und hielt die Hände hoch. »Ich hätte dich auf all das hier vorbereiten müssen und möchte mich noch einmal dafür entschuldigen. Aber du brauchst dir keine Sorgen zu machen. Du wirst es schaffen. Nach dem, was du mir auf der Kielkätzchen gezeigt hast, hege ich nicht den leisesten Zweifel daran, dass du dieser Aufgabe gewachsen bist.«
    »Dann sollten wir es rasch hinter uns bringen.«
    Alderan eilte zusammen mit Gair durch die weißen Steinkorridore des Kapitelhauses zum südlichen Übungshof. Drei Innenhöfe lagen um einen zentralen Platz, auf dem die Waffenkammer stand. Schattige Wege verliefen um die beiden kleinsten Höfe; der eine war ganz überdacht, der andere war offen, während der dritte, der so groß wie die beiden anderen zusammengenommen war, von ansteigenden Bankreihen mit kleinen Baldachinen umgeben war. Darrin hatte Gair bereits verraten, dass in diesem Hof Ausstellungen und Prüfungen stattfanden.
    Bei der Tür zum Umkleideraum blieb Alderan stehen.
    »Was wird passieren?«, fragte Gair.
    »Das kann ich dir nicht sagen; ich bin dein Bürge. Ich weiß nur, dass eine Reihe von Meistern dich erwarten und dir einige Fragen stellen werden. Du musst sie wahrheitsgemäß beantworten und alles zu tun versuchen, was man von dir verlangt. Ich werde auch dabei sein, aber ich kann dir nicht helfen. Du musst es allein schaffen. Geh jetzt hinein und zieh dich um. In ein paar Minuten will ich dich auf dem Hof sehen. Keine Angst, Junge, ich glaube an dich.«
    Alderan klopfte ihm feierlich auf den Arm und ging dann den Korridor zurück.
    Gair betrat den Umkleideraum und schritt an den Bankreihen entlang zum hinteren Ende, wo ein dunkelhäutiger Mann, der etwas kleiner und einige Jahre älter als er war, auf ihn wartete. Er trug einen wadenlangen blauen Mantel und hielt ein grauweißes Bündel in den Händen.
    »Du musst Gair sein«, sagte er und lächelte. »Zieh das hier an. Es sollte dir passen. Die Haushälterin hat wegen deiner Größe den Saum auslassen müssen.«
    Er hielt Gair das Bündel entgegen, das sich als ein locker sitzendes Hemd und eine Hose aus steifem Stoff entpuppte, der Gair an Segeltuch erinnerte. Die Kleidung war ebenso ungebleicht und ungefärbt wie die der Novizen. Gair zog sich bis auf die Unterwäsche aus, schlüpfte in die neuen Sachen, faltete seine eigenen und legte sie auf die Bank. Der großzügige Schnitt war bequem, aber der Stoff fühlte sich rau auf der Haut an.
    »Zuerst wird es ein bisschen kratzen, doch es wird mit der Zeit weicher«, sagte ihm der Adept, als er das Gewebe betastete. »Du wirst dich bald daran gewöhnt haben. Fertig?«
    Der Adept öffnete die Tür zum Hof und führte Gair hinaus. Es war noch früh; der ganze Hof ruhte im Schatten, nur an der Westseite lag ein goldenes Band auf den höchsten Sitzen. Der gestampfte Boden fühlte sich kühl unter den Füßen an, aber die Luft war trocken und versprach einen warmen Tag. In Dremen, wo die Sommer kurz waren, würde das Gras jetzt schon silberne Frostspitzen haben, und die Gänse würden in großen, gezackten Pfeilformationen in Richtung Süden unterwegs sein. Aber hier auf den Inseln schien der Sommer bis Sankt Simeon und darüber hinaus zu dauern.
    Die Meister saßen in einem lockeren Halbkreis auf den untersten Sitzen am Südende. Gair sah Alderan, der an der Seite des Hofes stand. Abgesehen von ihren

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