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Die Lieferung - Roman

Die Lieferung - Roman

Titel: Die Lieferung - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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entsetzt. Ihre gekrümmte Gestalt auf dem Bett, das Blut in ihren Haaren. Die Gewalt wurde dadurch so greifbar, so plastisch. Man konnte die Kraft des Schlages, der sie getötet hatte, förmlich sehen. Er dachte an die kräftigen Pranken des Litauers und daran, was er ihm gesagt hatte. Not until you pay . Die Angst rumorte in seinen Eingeweiden.
    Die Polizei hatte ihn noch immer auf dem Kieker, aber er hatte weder etwas von dem Litauer erzählt, noch von Aleksander und der Niere, die er so dringend brauchte. Und er wusste auch, warum. Obwohl er sich von dem Handy, dem Bild und der Blutprobe getrennt hatte, hegte er jenseits aller Rationalität noch immer einen Funken Hoffnung.

    Möglich, dass sie die Lüge und das Unausgesprochene witterten. Vielleicht hatten sie ihn deshalb so lange dabehalten, obgleich er irgendwann zu Kreuze gekrochen war und ihnen von Ingers Besuch erzählt hatte. Sie hatten einen Mann nach Tårbæk geschickt, um sein Alibi zu überprüfen. Der Gedanke war vollkommen unerträglich. Er sah es geradezu vor sich, wie Keld die Augenbrauen hochzog und die Pfeife beiseitelegte, um dem Polizisten entgegenzugehen, der ihn über Karins Tod und ihren Verdacht gegen Jan informierte. Einen panischen Moment lang stellte er sich vor, wie Keld sich gleich darauf in seinen schwarzen Mercedes setzte und direkt zu ihnen in die Jammerlandbucht fuhr, um ihm Anne wegzunehmen.
    Das würde er natürlich nicht tun. Schließlich waren sie verheiratet und Keld respektierte die Ehe. Aber das war nicht das Gleiche, wie den Mann zu respektieren, den seine Tochter auserwählt hatte. Jan wusste, dass dieser Respekt jetzt für immer dahin war, sollte es ihn denn jemals gegeben haben. Mitten in all seinem Elend schmerzte ihn dieser Gedanke auf eine ganz eigene Weise.
    »Es wird schon werden«, meinte der Anwalt und klopfte ihm sanft auf die Schulter. »Sie haben ja so etwas wie ein Alibi, außerdem gibt es am Tatort keine konkreten Spuren von Ihnen, soweit ich es verstanden habe, im Gegenteil. Und das andere … das werden sie kaum beweisen können.«
    Jan nickte noch einmal und setzte sich schnell in seinen Wagen.
    »Wir sehen uns morgen«, sagte er und zog die Autotür zu, ehe der Mann noch mehr sagen konnte.
    Das andere …
    Der Mann in dem blauen Pullover war darauf zu sprechen gekommen. Der Typ, der wie ein Bahnbeamter aussah. »Männer wie Sie, Herr Marquart, brauchen sich ja nicht selbst die Hände schmutzig zu machen. Es gibt ja für alles Geld.«

    Dieser Verdacht klebte schlimmer an ihm als der konkrete Vorwurf, Karin getötet zu haben. Wohl auch, weil er der Wahrheit so nahekam. Schließlich hatte er dem Mann Geld geboten, damit er Karin holte. Wie sollte er beweisen, dass er Karins Tod ganz bestimmt nicht gewollt hatte?
     
    Der Weg nach Hause kam ihm endlos vor, dabei wollte er eigentlich gar nicht ankommen. Nach mehreren Wochen, in denen beinahe unablässig die Sonne geschienen hatte, zogen jetzt von Westen Wolken auf. Der Wind hatte aufgefrischt. Das Dunkel wirkte dadurch noch undurchdringlicher, und die Kiefern bogen sich im Wind, als wollten sie sich auf das Haus stürzen. Das Garagentor funktionierte mal wieder nicht, aber er war zu müde, um sich darüber zu ärgern, und ließ den Wagen einfach in der Einfahrt stehen. Er roch das Meer, obwohl er im Auto drei Zigaretten geraucht hatte. Das Meer und noch etwas anderes - ein feuchter Duft von Regen, der sie noch nicht ganz erreicht hatte.
    Er hatte kaum den Schlüssel ins Schloss gesteckt, als die Haustür aufgerissen wurde. Der Schlüsselbund rutschte ihm aus der Hand, und irgendetwas traf ihn hart im Gesicht. Er wurde die Treppe hinuntergestoßen und landete rücklings auf dem Kies, während seine Füße noch auf der untersten Treppenstufe lagen.
    In der Tür stand der Litauer. Vor dem hell erleuchteten Flur sah seine riesenhafte Silhouette, die Jans gesamtes Blickfeld füllte, monströs aus. In der einen Hand hielt er eine Pistole. Die andere umklammerte Aleksanders Hinterkopf wie eine Baggerschaufel. Ein Laut presste sich tief aus Jans Innerem über seine Lippen. Nicht Aleksander.
    »Mein Gott …«, flüsterte er und bemerkte in diesem Moment nicht, dass er Dänisch redete und der Riese ihn nicht verstand.

    »Lassen Sie ihn doch los.«
    Der Mann blickte auf ihn herab.
    »Now« , sagte er mit einer Stimme, die Jan an rostiges Eisen denken ließ. » Now you pay.«

     
    Anton war müde und schlecht gelaunt. Nöckelig, wie Mortens Mutter diesen Zustand nannte

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